Blau eröffnete sich ihr der Himmel, als man Kira, anderes als gewohnt, nicht durch eine Gangway in den Kurzstreckenflieger geleitete.
Zum ersten mal an diesem Morgen hatte der Regen nachgelassen und gewährte ihr einen tiefen Atemzug, in welchem der Geruch der Nässe, auf sich erwärmendem Asphalt mitschwang. Beinah enttäuscht stellte sie fest, dass es nicht Mr. Braunauge war, der sie die Stufen hinauf in den Flieger geleitete, sondern der Mann, den er im Raucherbereich hatte stehen lassen, um ihr Feuer anzubieten.
Nachdenklich darüber, warum es sie störte, dass nicht er es war, betrat sie das Linienflugzeug und wurde vom unschuldigen Lächeln des Innenministers empfangen, der in einer der beiden vorderen Reihen Platz genommen hatte.
Mit strenger Miene musterte sie ihn, doch trat sie wortlos an dem eigentlich recht ansehnlichen Mann mittleren Alters vorbei, der im maßgeschneiderten, dunklen Dreiteiler, aus tiefblauen Augen, ergeben zu ihr aufsah, um in einer der hinteren Reihen Platz zu nehmen.
Sie störte sich weniger daran, dass er sie in eine unangemessene Umgebung brachte, um ihre Dienste für sich zu beanspruchen zu wollen, sondern daran, dass er es ungefragt und über ihren Kopf hinweg entschieden hatte. Er war es, der ihre Dienste anzufragen hatte und sie sah sich keineswegs als Escortdame, die man sich nach Belieben aufs Zimmer oder eben in ein Flugzeug bestellte. Sie war seine Mistress und er ihr Sklave, der höflich um einen Termin zu bitten hatte.
So griff sie zum Mittel vieler, meist toxischer Mütter und ignorierte ihn schlichtweg für sein ungebetenes Verhalten.
Die Augen schließend versuchte sie seine Präsenz in der kleinen Kabine zu verdrängen, als sie sich auf dem schmalen Außensitz der Zweierreihe sinken ließ und sich einen Moment der Entspannung zu gönnen, eh sich der Flieger in Bewegung setzte und damit eine ihrer tiefsitzenden Ängste auslösen würde.
Sie litt nicht unter Flugangst im klassischen Sinne, konnte ein Flugzeug ohne Beruhigungsmittel betreten und in Teilen den Flug sogar genießen, doch der Start und die Landung erzeugten in ihr eine solch tiefe Panik, dass es der Vielfliegerin trotz Therapie noch immer unglaublich schwer fiel, ihre Atmung zu kontrollieren oder ihren Körper davon zu überzeugen sich nicht zu verkrampfen. Angespannt schluckend hörte sie nicht nur die startenden Motoren, sondern spürte viel intensiver die Vibrationen, die die noch stehende Maschine durchliefen.
Fest schlossen sich ihre Finger um die Armlehnen und beinah hatte sie Müllers Anwesenheit schon verdrängt, als eine bekannte Stimme ihren Körper mit einer ungekannten Vielzahl an Emotionen flutete.
„Herr Müller lässt sie..." Den Blick in die dunklen Augen richtend stellte sie fest, dass es ihm schwer zu fallen schien, Müllers vermeintliche Bitte an sie weiter zu tragen. „... untertänigst?" Es klang aus seinem schön geformten Mund eher nach einer spöttischen Frage, als nach einem demütigen Wort. „fragen, ob sie es in Erwägung ziehen könnten, ihn nach dem Start zu empfangen."
Kira schöpfte einen weiteren, tiefen Atemzug und es mag der Angst zuzuschreiben sein, dass sie diesem Fremden die Worte zukommen ließ, die sie im Nachhinein sehr unprofessionell einstufte:
„Richten sie Herrn Müller bitte aus, dass ich nicht seine Hure bin, die er sich aufs Zimmer bestellen kann. Wenn er einen Termin bei mir wünscht, so hat auch ein Herr Minister sich an den üblichen Weg zu halten." Die Verwunderung in den tiefgründigen Augen des umwerfenden Mannes... Maxim, wie sie dem angekletteten Schild an seiner uniformierten Brust nun teilweise entnehmen konnte, da der Rest des Namensschildes von ihrer Rückenlehne, über die er sich halb zu ihr gebeugt hatte, verdeckt wurde, ließ sie ihre Unprofessionalität, trotz Angst, schnell selber bemerken. Beinah missbilligend musterte der Unbekannte sie und entfernte sich aus ihrem Blickfeld.

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Mistress?
Fiksi UmumEs gibt Menschen, die gleichen einem Geschenk. Sie tragen Dich auf Händen, lesen Dir jeden Wunsch von den Augen und sind dankbar für Deine Aufmerksamkeit. Kira hat das große Glück diese Geschenke ihre Kunden nennen zu dürfen. Auch wenn sie oft Straf...