Kapitel 77

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Wie lange sie in dem schlichten Hotelzimmer verbracht hatte, konnte sie letztendlich nicht mehr benennen, doch nahm sie das seltsame Gefühl ein, dass eine andere Frau dieses Hotel betreten hatte, als nun die, die die Hand eines beinahe Fremden haltend das Gebäude verließ.

Nein, nichts war vergessen oder vergeben, denn auch die Erkenntnis darüber, aus welchen Gründen Maurice gehandelt hatte, machte die Tatsache nicht wett, dass er jeden Schritt ihres Lebens kannte, mehr noch, ihm auf perfide Weise beiwohnte. Die Bilder und Berichte, die er ihr zeigte, waren es, die ihr nun helfen würden, ihr wundervolles Geschenk zu rächen, indem sie die Menschen zur Rede stellte, die für seine Verletzungen verantwortlich waren. Sicherlich entsprach es nicht ihrem moralischen Kompass, andere Menschen, ohne ihren expliziten Wunsch danach leiden zu lassen, doch die Verletzung des für sie wichtigsten Menschen, hatte augenscheinlich etwas in ihr geweckt, von dem sie selbst nicht wusste, dass es in ihr schlummern könnte.

So war es nur Maxims beruhigenden Worten zu verdanken, dass sie die beiden Schuldigen nicht eigenhändig erwürgen wollte, sondern eine sanftere Form der Konfrontation suchen würde. Zumindest war dies das Versprechen, dass sie dem Mann gegeben hatte, den sie kaum mit dem weizenblonden Jungen oder dem Bundeswehrsoldaten übereinbrachte, dem sie vor mehr als einem Leben begegnet war. Es war das Ansehen der Strafe Belforts, an ihren Liebling, die sie hatte näher an die Seite des Mannes rutschen lassen, der selbst Schwierigkeiten zu haben schien, ihr seine Wut über das Gesehene, das Schuldbewusstsein darüber, dass er sie niemals hatte wissen lassen, dass er ihr Leben kannte, als wäre es sein eigenes und seine Gefühle ihr gegenüber, zu verbergen.

Doch Kira wäre nicht fähig gewesen, ihren Beruf auf die viel gesuchte Weise auszuüben, wenn sie nicht eine wahre Meisterin darin wäre, jede Geste oder Mimik zu deuten, um Beweggründe und Wünsche der Menschen zu erkennen.

Vielleicht war es dieses Wissen, welches es ihr beinahe unmöglich machte, dem Mann, der sie nun erneut sicher durch den Londoner Verkehr brachte, einen einzigen Namen zuzusprechen.

Mal sah sie in seinem Gesicht eindeutig den kleinen Jungen Maurice, der ihr wichtigster Freund und ihre erste Liebe war und dann wieder den entschlossenen Soldaten und Organisator von Machenschaften, von denen sie gar nichts wissen wollte, Maxim. Lange ruhte der Blick ihrer hellen Iriden auf ihm, bevor sie den Gurt löste und sie sah das sachte Zittern seiner Hände, von der sich die Rechte ein Stück hob, nur um sich in einer Faust wieder zu senken, als unterdrückte er den Wunsch sie zu berühren mit aller Kraft.

Denk daran Kätzchen..." schluckend schloss er für einen kurzen Moment die Augen, sammelte sich, eh er fest sprach. „Kira, bitte versuch Dich an die Absprache zu halten. Wiederhole sie bitte noch einmal, damit ich ganz sicher gehen kann, dass wir beide den selben Plan verfolgen."

Mit erhobener Braue betrachtete sie ihn für einen weiteren Moment, bevor sie die Augen schloss und den Kopf schüttelte. Mit leiser Stimme wiederholte sie: „Du besorgst die Informationen die wir benötigen, ich nehme Zayn und wir nehmen den nächsten Flieger nach Hause. Wenn alles vorbereitet ist, wirst Du mir den Ort nennen, bis dahin werden weder ich, noch Zayn, oder Liz Kontakt zu Belfort oder Penny suchen. Es ist wichtig, dass wir ihn vollkommen ignorieren, damit niemand auch nur auf die Idee kommen könnte, wir hättest etwas mit ihnen zu tun, außer auf kollegialer Basis. Liz wird die Veranstaltung beenden und alle werden in ihre Heimat zurückkehren. Erst wenn sie sich in Sicherheit wiegen wirst Du Dich bei mir melden und wir werden..." Nun war es an ihr, die Hände zu Fäusten zu ballen und sie sah beinahe überrascht auf die große Hand, die ihre Faust zärtlich umschloss und sacht mit dem Daumen ihren Handrücken streichelte, ganz so wie bei ihrer ersten Begegnung im Flugzeug, vor schier unendlicher Zeit. „zuschlagen." sprach sie den Satz sehr viel beruhigter zu ende. Langsam hob sie den Blick in die vertrauen und doch so fremden Augen und rang sich ein Lächeln ab. „Danke Maxim." wählte sie den Namen, den er für sich selbst als Rufnamen gewählt hatte und er lächelte sein jungenhaftes, halbes Lächeln, als er ihr zu nickte. „Ich habe zu danken, dass Du meine Hilfe erbeten hast. Das bedeutet mir viel Ko... Kira."

Mistress?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt