Langsam trat der Maskierte auf sie zu, näherte sich so behutsam, wie man sich wohl einem verschreckten Tier nähern würde und zog die Sonnenbrille von den Augen, ehe er sich vor sie hockte.
„Das erkläre ich Dir später in Ruhe Prinzessin. Ich bin sehr froh, dass Du mein Geschenk gefunden und genutzt hast. Um ehrlich zu sein, hatte ich die Befürchtung, dass ihr Plan geglückt wäre. Aber nun komm Kleines, ich bring Dich hier weg, bevor sie sich selbst davon überzeugen kommt, ob Du entsorgt werden kannst."
Deutlich hörte sie seine Worte, erkannte auch was er sagte, doch der Sinn darin erschloss sich ihr einfach nicht. Widerstandslos ließ sie sich auf die Füße ziehen, folgte dem Mann, der vollkommen uniformiert und mit einem seltsamen Helm auf dem Kopf, eine Hand um ihre Schulter legte, sie an sich drückte und sie aus der Halle in einen langen, dunklen Flur führte, an dessen Ende sie gleißendes Sonnenlicht erwartete.
Fest kniff sie die Augen zusammen, ließ zu das er sie hielt, denn so sehr sie es sich vielleicht wünschte, ihr fehlte schlicht die Kraft, sich seiner zu erwehren. Ein undefinierbares Geräusch empfing sie in der Ferne und ließ sie zurückblicken. Vor der Tür erkannte sie die Ursache des seltsamen Knisterns endlich, als ihr der Schneidbrenner und der Vorschlaghammer ins Auge fielen. Er holte sie also gegen den Willen von jemandem hier heraus. Aber was meinte er mit seinem Geschenk? Nachdenklich ruhte ihr Blick auf dem Maskierten, während sie weiter auf das seltsam gleichmäßige Rattern zu liefen. Erst nach einigen Schritten wurde ihr klar, dass es sich um das Geräusch von Rotoren handelte, was auch seinen seltsamen Helm erklären würde.
Den Kopf eingezogen, drückte sie sich an den Fremden, den sie stattdessen viel lieber gefürchtet hätte, als er sie zum Copilotensitz führte und ihr beim Einsteigen half. Erst nachdem auch er eingestiegen war, beugte er sich zu ihr, schloss ihre Gurte und musterte sie noch einmal eingehend, ehe er das Mikro am Helm oder den Kopfhörern herunterklappte und etwas unverständliches sprach.
Am ganzen Körper zitternd versuchte sie zu verstehen, was hier gerade geschah. Warum ließ sie zu, dass er sie erneut einfach mitnahm und mehr noch, warum fühlte sich die Nähe eines Mannes, der sie entführt, mehr oder weniger missbraucht und zurückgelassen hatte, so seltsam vertraut an?
Wieso kam es ihr nun so vor, als würde er sie wirklich befreien? „Bitte, bring mich zu Zayn." flüsterte sie in den immer lauter werdenden Krach der Maschine, doch irgendwie schien er sie verstanden zu haben, denn noch bevor der Helikopter abhob umgriff er ihr Kinn mit Daumen und Zeigefinger und zwang ihren Blick in die unbekannten, braunen Augen, während er wortlos den Kopf schüttelte. Nur Sekunden darauf hob das Gefährt vom Boden ab und Kira schloss resignierend die Augen, achtete nicht darauf wo sie sich befand, ob sie Orte oder Landschaften sah, die sie vielleicht erkannte, die ihr einen Hinweis geben würden, wo sie sich befand.
In dem Moment, als er nach den Tagen der Ungewissheit, Verzweiflung und Panik den Kopf darüber schüttelte, dass sie Zayn wiedersah, brach ihr letzter Damm, den sie sich in all dem Hunger und der Isolation hatte bewahren können. Der einzige Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss war: reichten lächerliche acht Tage, um einen Menschen jede Hoffnung verlieren zu lassen?
Lange flogen sie über schemenhaft wahrgenommenes Grün und Braun, nur durch die hellen Flecken einzelne Dörfer unterbrochen. Teilnahmslos starrte Kira durch die Umgebung auf einen Punkt, den es nicht gab, während der Flug des Helis sich langsam der Erde annäherte. Sie brauchte einen Moment, ehe sie verstand, dass sie landeten und versuchte zum ersten Mal, sich aus ihrer Starre zu reißen. Doch auch ihr Versuch, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren, brachte ihr wenig, denn die Landschaft, die sie umgab, hätte in vielen Teilen Europas, wenn nicht sogar der Welt liegen können und so gut kannte sie sich in England nicht aus, dass sie irgendein Dorf hier benennen können.

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Mistress?
General FictionEs gibt Menschen, die gleichen einem Geschenk. Sie tragen Dich auf Händen, lesen Dir jeden Wunsch von den Augen und sind dankbar für Deine Aufmerksamkeit. Kira hat das große Glück diese Geschenke ihre Kunden nennen zu dürfen. Auch wenn sie oft Straf...