-7- Von einem Schiff und einer Feier I

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Um zu dem Hügel zu gelangen, mussten wir noch einmal durch das Dorf laufen. Sophie und ich wechselten kein einziges Wort miteinander. Ich wollte nur weg von hier, wieder nach Hause, trotz der Atmosphäre, die dort herrschte. Aber ich wollte meine Prüfung schreiben und wieder zu meinen Freunden. Das war besser, als hier ganz allein zu sein. Auf der anderen Seite war das hier meine Chance, Antworten zu finden. Aber wie, wenn wir noch nicht mal die Bewohner hier fanden?

In der Zwischenzeit waren Wolken am Himmel erschienen, die die Sonne verdeckten.

„Jetzt müssen wir auf die andere Seite, also nach rechts, zu den Hügeln. Siehst du die Hütte da?“, kam die Frage von Sophie.

„Ja“, antwortete ich knapp. Nach einer Weile fuhr ich fort. „Wie gesagt, ich würde einfach wieder zurück zu der Lichtung. Asir kommt bestimmt jeden Augenblick wieder und sucht mich.“ Ich wollte ihr gegenüber nicht zugeben, dass es mich brennend interessierte, was Sophie auf dem Hügel gesehen hatte. Außerdem hatte ich das leise Gefühl, dass Asir nicht mehr zur Lichtung kommen würde. Stattdessen war ich mehr Recht sicher, dass er damit rechnete, dass ich mich umsah.

Wir stiegen den Hügel hinauf. Auf halber Höhe war ein kleines Plateau, auf dem die erwähnte Hütte stand. Sie war klein und schief. Einfache Holzbretter bildeten die Wände, das Dach bestand auch hier aus Stroh. Niemals hätte ich gedacht, dass dieser Bretterverschlag bewohnt sein würde.

„Und hier hast du also jemanden gesehen?“, fragte ich skeptisch. Nirgends fand sich eine Spur, dass hier ein Mensch gewesen war.

„Wenn ich´s doch sage“, kam die schnippische Antwort. Da war sie wieder, die Sophie, die ich kannte. „Denkst du, ich bilde mir Dinge ein?“

„Na, wenn du meinst.“ Mit diesen Worten setzte ich mich in Bewegung und ging auf die Tür zu, die einen morschen Eindruck machte. Langsam streckte ich meine Hand aus, um sie aufzustoßen. Sie knarzte, als sie aufschwang.

Im Inneren sah es ebenfalls sehr schlicht aus. Aber hier stellte sich mein erster Eindruck, die Hütte sei unbewohnt, als falsch heraus. Sie war nicht besonders groß, vielleicht halb so groß wie mein Zimmer. In der Mitte befand sich eine Feuerstelle. Als ich nähertrat, konnte ich Asche sehen, die frisch war. In der Ecke stand ein Gestell, mit Stroh und einem Tuch befüllt, das wie ein Bett aussah. Außerdem lehnten auch hier verschiede Gegenstände an der Wand. Darunter Töpfe, Schüsseln, Kräuterbündel, die einen süßlichen Duft verströmten, aber auch ein Schwert. Es wirkte trotz der Einfachheit wie ein guter Platz zum Leben, das musste ich mir eingestehen.

„Scheinbar wohnt hier doch jemand“, rief ich aus der Hütte.

„Du solltest mal herkommen“, hörte ich Sophies Stimme schrill von draußen.

Ich blickte mich noch einmal in der Hütte um und trat hinaus.

„Hallo Sarah, schön dich zu sehen." Einen Moment starrte ich ihn einfach nur perplex an. Den Menschen, der so etwas Merkwürdiges an sich hatte. Den ich seit langer Zeit nicht gesehen hatte. Und der trotzdem irgendetwas an sich hatte ... Was waren das für Leute? Die ganze Zeit über hatte Arokin mich behandelt, als sei ich Luft und jetzt stand er da, sah mich aus blauen Augen an, als würden wir uns schon Ewigkeiten kennen. Seine Kleidung glich nun der von seinem Bruder: eine Leinenhose und ein einfaches Hemd. Wie anders er jetzt wirkte.

Ein Herzschlag verging.

Und dann noch einer, bevor ich Luft holte. „Wo sind wir? Was genau ist hier passiert und wo ist Asir?"

„Das habe ich ihn auch schon gefragt. Aber er gibt mir keine richtige Antwort! Er wollte auf dich warten, hat er gesagt!" Sophie musterte ihr Gegenüber. In ihrem Blick lag etwas, dass ich nur als blanke Wut interpretieren konnte. Immerhin hat er sie hier allein gelassen.

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt