-8- Von Glaube und Flucht I

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Wir wurden in eines der beiden Hinterzimmer geführt. Es war zwar um einiges kleiner als der vorherige Raum, aber immer noch ungefähr so groß wie mein Zimmer zuhause. Hier stand ein großer, massiver Stuhl aus Holz, der hübsch verziert und ebenfalls mit Fellen belegt war. Auf diesem Thron saß eine Frau. Sie hatte lange dunkelblonde Haare, die zu einer aufwendigen Frisur geflochten waren und ein freundliches Gesicht. Auch sie trug die obligatorische Feder, sie war gemeinsam mit einzelnen funkelnden Steinen in ihr Haar verwoben. Links und rechts von ihr befanden sich zwei kleinere Stühle, auf denen Asir und Arokin saßen und warteten.

„Jetzt darfst du auch feiern gehen. Ich setze mich jetzt." Er warf der Frau einen sanften Blick zu, die den Blick erwiderte und aufstand. Schweigend ging sie hinaus.

Durijan setzte sich auf den frei gewordenen Platz. „Meine Frau hat es sich auch verdient, einmal etwas anderes zu tun. Aber einer muss immer hier sitzen. Falls es etwas Dringendes gibt."

Sophie und ich mussten stehen. Ich stellte mich so hin, dass sich das Feuer, welches in der Mitte des Raumes brannte, zwischen Sophie und mir befand. Der Rauch zog nach oben durch ein Loch im Dach ab.

„Jetzt werdet ihr eure Antworten bekommen", begann der Fürst. „Und da ihr nicht von hier seid, müsst ihr euch auch nicht vor mir verbeugen. Ihr kennt unsere Gebräuche schließlich nicht." Die Ironie in seiner Stimme war nicht zu überhören und so tat ich widerwillig, was er insgeheim verlangte. Sophie folgte meinem Beispiel. Meiner Meinung nach war Durijan eindeutig zu sehr von sich überzeugt. Vielleicht war dieses Verhalten einfach seiner Stellung zuzuschreiben.

„Was hat Lys euch erzählt? Die Frau, die mit euch gesprochen hat." Asir begann mit einer Frage. Er saß zurückgelehnt in seinem Stuhl und hatte genauso eine ruhige, erhabene Ausstrahlung wie Durijan neben ihm. Arokin konnte da nicht ganz mithalten.

In einer anderen Situation hätte ich darum kämpfen müssen, nicht die Augen zu verdrehen. Hier schien es mir klüger, das nicht zu tun.

„Sie hat gesagt, wir wären in..." Vergeblich versuchte ich, mich an den Namen zu erinnern.

„Drosk", half Arokin.

Es stellte sich eine Stille ein, denn jeder wartete darauf, dass ein anderer etwas sagte. Ich wartete, auch wenn ich innerlich darauf brannte, lauthals nach Antworten zu verlangen.

„...und wo genau sind wir hier? Der Name sagt mir gar nichts." Sophie schaute die drei uns gegenüber hilfesuchend an.

Durijan nickte. „In Nuria, aber das wird euch ebenso wenig sagen." Er sah dem Rauch zu, der durch das Dach aufstieg.

„Nein. Das sagt uns rein gar nichts und deswegen wollen wir jetzt Antworten!", donnerte ich ihnen schließlich entgegen. Die Worte kamen schärfer aus meinem Mund als beabsichtigt, ich wollte sie zurücknehmen, aber gesagt war gesagt. Mir entging nicht, dass Durijan zusammenzuckte. Nur kurz, aber es war nicht zu übersehen.

„Die habt ihr auch verdient. Der Tag war anstrengend", sagte Arokin.

„Vor zwei ... Jahren hat es angefangen", begann der Fürst. Er hatte sich wieder gefangen. „Damals hat Birinjir, unser Seher, das erste Zeichen empfangen. Rauchschwaden am Himmel. Sie verdeckten ihn fast vollständig. Damals wusste er noch nicht, was es bedeutete. Ab da gab es in regelmäßigen Abständen merkwürdige Ereignisse."

Zwei Jahre. Ein Zufall?

Er sah einmal in die Runde, bevor er mit seiner Geschichte fortfuhr. „Die Welt wurde heimgesucht von Überschwemmungen, Stürmen, Gewittern mit den grellsten Blitzen und lautesten Donnern, die ihr euch vorstellen könnt. Und Birinjir wusste, was es bedeutete - dass die Welt untergehen würde, wegen der Macht, die sie zerstört. Nachdem mit Sojani und Miron die letzten Götter verschwunden sind."

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt