-32- Von Geschichten und Augen IV

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„Ich habe selbst viel zu lange gebraucht, um es zu verstehen. Aber bevor ich damit anfange, ist es mir wichtig, dass du weißt, dass ich dich niemals entführen wollte. Nachdem du alles vergessen hattest, als du wieder in deiner alten Welt warst, war der perfekte Zeitpunkt, um dich zu uns zu holen. Aber immer hat er dazwischengefunkt. Bei unserem Versuch mit dem Hausmeister, später, als deine Freunde da waren."

„Ach nein? Das hat auf mich ganz anders gewirkt. Der Hausmeister hat mich gefesselt und mir einen Sack über den Kopf gezogen! Wie nennst du das? Was ist aus all denen geworden, die du vor mir mitgenommen hast?" Wären die Machtverhältnisse nur annähernd so, wie sich unsere Stimmen anhörten, wäre ich ihm haushoch überlegen.

„Wärst du freiwillig mitgekommen? Ich glaube nicht. Ich wollte kein Risiko eingehen, sondern dich hier haben." Arokin holte Luft. „Ich habe niemanden entführt. Die einzige Person, die ich mit mir genommen habe, war Sophie! Und sie hat die Reise nur überstanden, weil ihr beide gleichzeitig gereist seid. Weil nur Götter und wir die Welten wechseln können. Es mit Sophie zu versuchen war riskant, aber ich musste es tun. Mit dem Verschwinden der anderen habe ich nichts zu tun!"

„Du willst nur nicht zugeben, dass du sie alle mit deinem Handeln umgebracht hast! Aber egal, was du sagst, nichts wird dich retten!" Langsam bewegte ich meinen Arm in Richtung des Dolches. Fast war ich erstaunt, als es klappte. Zur Sicherheit sollte ich ihn noch ein wenig ablenken. Der Gedanke war kaum mehr als ein kurzes Aufzucken, das ich sofort wieder unterdrückte. War das schon zu viel? Wusste er, was ich vorhatte? „Du wolltest Asir umbringen, nachdem es dir nicht gelungen ist, mich zu entführen, hast du das vergessen? Und du sagst, du wärst nicht der Böse hier!"

„Das war ich nicht. Wirklich nicht. Ich war nur in deiner Welt, um Sophie zu holen, weil sie in dieser Prophezeiung vorkam. Danach nie wieder, weder körperlich noch geistig." Er hob die Hände, als wollte er mir zeigen, dass er unbewaffnet war. Sie zitterten sichtlich.

„Was stimmt mit dir nicht? Du zerstörst alles! Aus Eifersucht?" Ich war nicht besser, ich wollte die Raben noch immer dafür bezahlen lassen, dass sie mir meine Welt genommen hatten. Doch für den Moment gab es Wichtigeres. Ich wollte ihn bezahlen lassen für das, was er getan, für das, was er gesagt hatte. Außerdem war es nicht meine Absicht, alles zu zerstören. Ich würde nicht tatenlos beim Untergang zusehen.

„Nichts verstehst du!" Es war Birinjir, der dazwischenfuhr. „Wir wollen nur verhindern, dass Asir deine Macht bekommt!"

Meine Gedanken rasten, ohne voranzukommen. Stoppten, als Arokin weitersprach.

„Ich wollte es dir schon lange sagen, direkt nachdem ich es erkannt hatte. Nachdem du deine Schuppe in dem Tümpel gefunden hattest. Asir hat es verhindert. Er war in meinem Kopf, die ganze Zeit, nachdem die Oika mir die Wahrheit gezeigt haben. Es hat ein wenig gedauert, bis ich den Sinn der Botschaft erkannt habe, aber dann, bei meiner Wache in der Höhle, als du geschlafen hast, habe ich sie genommen. Nur ganz kurz ... aber es reichte, um seinen Einfluss auf mich zu lösen und klar zu sehen. Kurz. Bevor mich die Macht überfiel. Von da an wusste ich, was mit ihm war. Ich kannte die Macht, die mir die Schuppe geben konnte. Ich wollte beides. Und Sicherheit. Und wenn er mich ab da auch nicht mehr täuschen konnte, so hatte er mich noch immer in der Hand. Er webte ein Versprechen in meinen Kopf: Er würde mich sofort töten, hätte ich dir gesagt, wer er ist. Ich brauchte die Macht, um gegen seinen Einfluss anzukämpfen." Er sah mich nicht an. Er war gut daran beraten, es nicht zu tun.

„Gib mir einen Grund zu glauben, was du sagst! Ich falle nicht auf deine Lügen rein. Ich weiß, dass die Welten untergehen. Du musst mich nur lange genug hier festhalten. Bis es zu spät ist. Damit ich mir nicht die letzten Teile meiner Seele hole." Ich hielt inne. „Wenn es wahr wäre, warum erzählst du mir jetzt davon?"

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt