-25- Vom Finden und Verlieren III

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Die Sonne war merklich weitergewandert, seit wir uns auf meinen Balkon gesetzt hatte. Wie lange wir dort bereits saßen, wusste ich nicht. Von mir aus hätte es bis zum Ende der Welt so weitergehen können.

Asir erzählte mir mehr von seinen Eltern und von Birinjir. Von der Weltordnung. Ich ihm von Dingen aus meinem Leben.

Aktuell drehte sich unser Gespräch um Pilkos. „Es wäre das einfachste, wenn er weitermachen könnte. Ich hätte mehr Zeit, mich vorzubereiten, oder müsste die Verantwortung erst gar nicht übernehmen. Aber das ist nicht seine Bestimmung."

Das Geräusch eines Rollandens, der herabgelassen wurde, erinnerte mich daran, dass es hier nicht nur uns gab. Ein seltsamer Gedanke, denn mehr als ihn brauchte ich nicht.

Mein Bruder war nach Hause gekommen.

„Komm, wir gehen rein. Bevor wir noch belauscht werden." Wir standen auf, als ein schwarzer Vogel über das Haus flog. Frieden erfüllte mich.

Nachdem wir uns auf mein Bett gesetzt hatten, sprach ich eine Frage aus, die mir schon seit einiger Zeit auf der Seele brannte. „Wie kann ich hier am selben Tag aufgewacht sein? Als wäre keine Zeit vergangen."

„Die Raben verbinden die Welten durch ihre Flüge miteinander, wie du weißt. Wenn sie das nicht mehr tun, driften sie aus dem Gefüge. Vermutlich hat irgendetwas sie davon abgehalten. Es war sehr schwer, hierher zurückzufinden. Es war ein Hauch, ein Trampelpfad, über den ich zurückgekommen bin, keine breite Straße wie bei unserem Aufbruch. Ein wenig länger und ich hätte es nicht mehr geschafft. Die Erde ist noch da, aber die Zeit hier blieb stehen. Hat sich sogar ein wenig rückwärts bewegt."

„Jetzt ist aber alles wieder gut. Die Raben fliegen wieder, oder? Die Zeit vergeht wieder normal hier."

„Ich glaube schon, ja."

„Also, ist es wieder sicher? Lass uns gehen! Also, bald. Vorher muss ich noch etwas klären." Eigentlich waren es zwei Dinge.

Asir sah durch die Balkontür nach draußen. „Was .." Er wurde von dem Klingeln der Tür unterbrochen. Wer das sein mochte?

Ich wollte das hier nicht unterbrechen. Blieb sitzen. Ließ mich gegen ihn sinken. Immerhin war Bob noch da. Aber das Geräusch verstummte nicht; es wurde noch lauter und wurde zu einem Sturmklingeln. Der Postbote war es wohl nicht. Bob reagierte nicht, entweder er hörte es tatsächlich nicht oder er wollte es nicht hören.

Mikey bellte.

„Ich glaube, du solltest gucken, wer das ist." Er sprach in meine Haare. „So lange können wir warten."

Kurz blieb ich, wo ich war. Erst nachdem er einen Kuss auf meinen Scheitel hauchte, stand ich widerwillig auf.

Die Entfernung, die sich mit jedem Schritt zwischen uns auftat, war spürbar. Quälend. Als wollte ich zwei Magneten voneinander trennen, die sich anzogen.

Als ich wusste, wer die einzige Person war, die dort stehen konnte, ging es ein wenig leichter.

Ich hatte ihr nichts gesagt, mich nicht bei ihr gemeldet. Das brachte mich dazu, die Stufen förmlich nach unten zu rennen, die mit einem Knarzen dagegen protestierten.

Schnell zog ich die Tür auf. Sie war schwer. Mikey lief nach draußen, auf Lina zu, die in diesem Moment aufhörte, die Klingel zu betätigen. „Wo warst du denn? Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert!" Sie sah mich verstört an, gab mir aber keine Gelegenheit, mich jetzt schon zu erklären. Sie fuhr unverwandt fort. „Du hast gesagt, wir sollen vorgehen und dann bist du einfach nicht mehr gekommen! Ich wusste, dass etwas nicht stimmt, seitdem ich dich das erste Mal heute gesehen habe. Und dann dein Sinneswandel, als wir in der Schule waren ..."

Lihambra - Geheimnis der RabenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt