22.

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,,Auf so eine Idee würden wir doch niemals kommen, Schatz. Der Moment war eben einfach unpassend. Wir waren gerade dabei 'Wer wird Millionär' anzuschauen und Tante Elisabeth war doch der Kandidat, sie hat es geschafft und gerade mit den Fragen begonnen und dann hat das Krankenhaus angerufen. Wir haben gedacht, wenn du eh noch nicht wach bist, müssen wir ja nicht unnötig vor deinem Bett stehen und warten bis du aufwachst. Wir haben die Sendung dann noch zu Ende geschaut und sind dann sofort losgefahren. Wir würden dich doch niemals vergessen", erzählte meine Mutter. Was wollte sie jetzt damit sagen? ,,Ihr wollt also sagen, Tante Elisabeth Superschlau ist euch wichtiger wie eure eigene Tochter. Nur weil sie ihm Fernsehen ausgestrahlt wurde. Nein. Also ich kann das echt nicht mehr. Geht, geht einfach heim und kommt morgen ja nicht auf die Idee mich abzuholen. Ich hasse euch. Ich habe echt nicht gedacht, dass ich euch so unwichtig bin. Ich kann einfach nicht mehr", platzte es aus mir heraus. ,,Aber Lia..." ,,Geh, geh einfach... Und schick Disse rein!", waren die letzten Worte, sie drehte sich nicht einmal mehr um, ging wutentbrannt aus dem Krankenzimmer und knallte die Türe zu.

Was habe ich falsch gemacht? Ich brach in Tränen aus. Ich setzte mich auf und vergrub mein Gesicht in meine Knie. So saß ich dort ewig. Ich merkte wie sich jemand neben mich aufs Bett setzte. Es konnte nur Disse sein. Er legte einen Arm um mich, doch beruhigen konnte es mich nicht wirklich. Ich hätte mir gewünscht, dass Rune neben mir sitzt, aber er war weg. Ich würde ihn wahrscheinlich auch nie wieder sehen. Irgendwann zuckte ich auf und drückte Disse so fest wie ich konnte. Doch meine Tränen wollten einfach nicht aufhören. Meine Augen taten schon mega weh und rot waren sie hundertprozentig auch. Es fiel kein einziges Wort zwischen uns, doch das tat auch irgendwie gut. Ich brauchte jetzt einfach nur die Nähe.

Ein wenig später klopfte es an der Tür und eine Krankenschwester kam herein. Sie bat Disse jetzt zu gehen, da die Besucherzeiten jetzt vorbei seien. Schweren Herzens ließ ich ihn los, er verabschiedete sich und versprach mich morgen abzuholen. Dann war er weg und ich war wieder alleine. An Schlafen war in dieser Nacht nicht mehr gedacht. Immer wieder musste ich an den Abend denken. Erst war alles so schön, das Spiel, die Begegnung mit Mini und dann kamen wir wieder Niclas, meine Eltern, Rune und all diese Sachen in den Kopf. Erneut flossen meine Tränen stumm über mein Gesicht. Ich betrachtete meine Schrammen an meinem Körper und in diesem Moment hätte ich mich am liebsten selber umgebracht. Welchen Sinn hatte mein Leben eigentlich noch? Nach dem Umzug änderte sich einfach alles. Außer die Jungs hatte ich einfach niemanden. Ich war alleine. Jetzt wurde mir mein Freund auch noch verboten. Für was war ich eigentlich noch am Leben. Gab es überhaupt noch jemanden, mit dem ich einfach über alles reden konnte? Mit diesen Gedanken schlief ich letztendlich doch noch ein, doch es war eine unruhige Nacht mit mehreren Albträumen. Ich schreckte mehrmals auf, da vor meinen Augen wieder Niclas auftauchte. Als ich ungefähr zum siebten Mal meine Augen öffnete, war es draußen bereits hell und ich beschloss wach zu bleiben.

Eine Krankenschwester, ich glaube es war die von gestern Abend, brachte mir mein Frühstück. Es schmeckte wie Katzenfutter. Ich gab es also fast so wieder zurück, wie ich es bekommen habe. Dann kam später nochmal der Arzt, welcher mir nochmal bestätigte, dass sich mein Zustand verbessert habe und ich ohne Probleme heute raus könnte. Na immerhin eine gute Nachricht für heute. Gegen halb zehn kam Disse dann um mich abzuholen. Ich freute mich wie ein kleines Kind ihn wieder zu sehen. ,,Geht's dir besser?", war natürlich meinte erste Frage, welche mir bedauerlicherweise nur mit einem ,,Naja" beantwortet wurde. Gemeinsam liefen wir zu seinem Auto und er fuhr los. ,,Du kommst übrigens vorerst mal mit zu mir. Zu deinen Eltern will ich dich jetzt nicht lassen und von Rune habe ich seither nichts mehr gehört, ich hoffe das ist OK!", berichtete er mir. ,,Ja, super, gute Idee", bestätigte ich. Ich hatte jetzt wirklich keine Lust auf meine Eltern. ,,Heute Abend treten wir als Mannschaft übrigens in der Oper auf. Willst du mitkommen? Nachher haben wir auch noch eine Probe!", erzählte Disse mir. Allein der Gedanke daran brachte mich zum lachen. ,,Handballer und Oper?! Also ihr trefft ja nicht mal bei Alle meine Entchen den Ton und dann wollte ihr in einer Oper auftreten?" ,,Wir singen ja normale Lieder und Mini zum Beispiel kann singen" ,,Na dann" ,,Kommst du dann mit", fragte er erneut. ,,Achso, ja klar, aber Niclas ist auch dabei, oder?" ,,Ja, um den kommst du da leider nicht herum und Rune müsstest du eigentlich auch wieder sehen!", meinte Disse und brachte mich dann automatisch zu einem Dauergrinsen.

Die Probe war ganz witzig. Davor kaufte mir Disse allerdings noch ein paar Klamotten, da ja alles von mir daheim war. Jedenfalls bin ich bei der Probe erstmal fast in Niclas reingerannt, doch er ignorierte mich zum Glück die ganze Zeit. Warum auch immer? Er war allgemein heute sehr ruhig. Alle waren schon da und standen auf der Bühne, nur einer fehlte. ,,Sorry Jungs, stand im Stau". Rune Dahmke. Vor lauter Stress hat er mich scheinbar gar nicht bemerkt und stellte sich einfach zu den Anderen dazu. Ich starrte ihn die ganze Zeit an. Irgendwann stupste Disse ihn an und deutete mit dem Finger in meine Richtung. Unsere Augen trafen sich. Er machte keine einzige Bewegung mehr mit und an singen war auch nicht mehr gedacht. Das Lied war aus und eigentlich sollte noch das Verbeugen folgen, doch das störte Rune nicht. Er verließ die Bühne und kam auf mich zu. Er stand genau vor mir.

,,Lia, ich liebe dich, ich liebe dich über alles! Mir tut alles nochmal so Leid, ich dachte schon ich werde dich nie wieder sehen. Mein Herz ist zusammengebrochen und ich war nur am Heulen. Lia, glaub mir, du bist für mich der wichtigste Mensch und ich will dich niemals verlieren. Ich werde nicht zulassen, dass dir nochmal so etwas zustößt. Ich liebe dich"

Schlimmer kann es eh nicht mehr werden!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt