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„Nein! Nein, auf keinen Fall. Ich werde euch so oft wie es geht besuchen und bringe dann einfach meine Band mit. Ich halte es ohne euch echt nicht aus!!", brachte ich gleich zum Ausdruck. „Mach das aber auch, Lia", bat Scarlett mich immer noch etwas unsicher. „Das kriegen wir schon hin, ich bin ja schließlich auch noch da", warf Jenny ein und brachte Scarlett endlich wieder zum Lächeln.

„So, und was machen wir heute noch?", fragte Theresa erwartungsvoll in die Runde. „Also ich würde ja sagen, wir packen uns die Jungs und unternehmen irgendwas hier in Kiel", schlug Jenny vor. „Und was?", wollte Jacky sofort wissen. „Wie wäre es mit Laboe. Wir können ein bisschen am Strand spazieren gehen und danach können wir ja in irgendein Café gehen. Was haltet ihr davon?", fragte erneut Jenny. „Das ist gut", stimmte ich zu und auch die anderen nickten überzeugt.

„Jungs, kommen!", schrie Jacky in das andere Zimmer. Wir bekamen erstmal alle einen Lachflash. „Hä was?", fragte Fabi träge nach. „Herkommen!", wiederholte sie. Langsam quälten die fünf Jungs sich in mein Zimmer rüber. „Was?", kam es genervt von Angelo. Wir erzählten ihnen von unserem Vorschlag. Nach langer Zeit konnten wir sie dann überreden. Wir machten uns alle nur noch etwas frisch und nach einer halben Stunde fuhren wir dann mit dem Bus los, da nicht alle in Jennys Auto Platz hatten.

Als erstes liefen wir eine Weile am Strand entlang, machten Selfies, erzählten uns Geschichten und schauten zu, wie Flo sich eine Tafel Schokolade nach der anderen reinzog. „Hier ist es so schön!", schwärmte Scarlett und klammerte sich an Steve. Jacky und Fabi liefen ebenfalls händchenhaltend. Ich raunte zu Jenny: „Jetzt würde ich mir wünschen, dass Rune noch da wäre". „Oh ja, und Disse auch, aber es ist schön, die vier so glücklich zu sehen", antwortete sie mir. „Allerdings".

Als es uns zu kalt wurde, suchten wir ein Café in der Nähe des Strandes auf. Von dort aus hatten wir einen schönen Blick aufs Meer hinaus. Wir bestellten uns alle eine heiße Schokolade, da es draußen echt kühl und windig war. „Ich liebe Kiel", platzte es aus Theresa schließlich heraus. „Ich inzwischen glaub auch", gab ich zu, hing aber noch an: „Aber nur wenn Rune da ist und die Sonne scheint und vor allem nur dann, wenn ihr alle da seid". „Awww", meinte Flo und alle begannen zu lachen. „Ey, das habe ich gerade ernst gemeint", beschwerte ich mich. Wir hatten viel zu lachen und immer wieder fiel jemandem eine neue Geschichte ein. Langsam wurde es jedoch dunkel und wir beschlossen zurückzufahren, da die ganzen Sachen von ihnen noch daheim bei Jenny und mir im Zimmer lagen. Gegen dreiviertel sechs fuhren wir dort dann wieder los in Richtung Bahnhof. Was folgte war ein harter Abschied, viele Tränen und viele Versprechen. Jenny und ich begleiteten sie noch bis zur Zugtüre, jeder bekam nochmal eine Umarmung, ich bedankte mich noch tausend Mal für die gelungene Überraschung gestern und schließlich fuhr dann der Zug los. Als er nicht mehr in Reichweite war, lehnte ich mich an Jennys Schulter und heulte mich erstmal eine Runde aus. „Alles wird gut", munterte sie mich auf, doch auch sie war den Tränen nahe. Theresa und sie haben sich nämlich richtig gut angefreundet und das nahm sie jetzt schon mir, dass sie nicht mehr da war. Nach einer Weile fuhren wir dann wieder zurück und gingen auch gleich ins Bett, da wir immer noch sehr müde waren.

---Ein paar Wochen später---

„Mama, wo hast du denn die Tüte von mir hin? Die habe ich in die Küche gelegt!", rief ich durchs Haus. „Die von der Apotheke?", fragte meine Mutter. „Ja!". „Ich habe gedacht, die ist von Marco, ich habe sie in sein Arbeitszimmer getan", teilte sie mir mit. Oje. Ich hoffte, dass er noch nicht reingeschaut hat, das nicht so toll wäre. Ich rannte also hoch und – zum Glück – die Tüte lag noch da. Ein kurzer Blick rein. Alles noch drin. Gut so. „Mama, kommst du mal bitte", bat ich sie. Unsere ganzen Mitbewohner, sprich Jenny, Marco und Angelo + Mutter, die immer noch bei uns wohnten, waren weg. „Was gibt es denn?", wollte meine Mutter wissen. Ich zögerte kurz mit meiner Mutter, dann platzte es aber aus mir heraus. „Ich war gestern in der Apotheke und habe einen Schwangerschaftstest gekauft". „Bist du schwanger?", fragte meine Mutter sogleich und ihre Augen öffneten sich immer weiter. „OMG, meine Tochter wird Mutter", kreischte meine Mutter, ohne mal auf die Idee zu kommen mir zuzuhören. „Nein, eigentlich ist der für dich. Rune und ich verhüten!". Auf einmal schaute sie mich wieder ernst an und wurde ganz still. „Du bist in letzter Zeit so eigenartig, halt voll die Anzeichen für Schwangerschaft und jetzt würde ich mich gerne vergewissern. Ich will nämlich nicht, dass meine Mama nochmal ein Kind bekommt", äußerte ich meine Zweifel. „Das verstehe ich, Lia. Das hatte ich auch nie vor, aber ich wüsste gar nicht wieso ich schwanger sein sollte, also...". „Mama. Was hast du an dem Tag gemacht, an dem Deutschland Europameister geworden ist?". „Was weiß ich. Das ist doch schon ewig her!", meinte sie. „Können wir jetzt bitte einfach mal diesen scheiß verfickten Test machen?", drängte ich. „Von mir aus".

„So, jetzt heißt es warten", sagte ich. Meine Mutter nickte zuversichtlich. Ich hatte in letzter Zeit einfach so Angst, ich wollte mir jetzt einfach Klarheit verschaffen. Solange es dauerte, bis das Teil ein Ergebnis anzeigte, kochten wir gemeinsam Spagetti Bolognese und bereiteten einen Salat vor. „Sollen wir mal nachschauen, müsste jetzt eigentlich soweit sein", überlegte ich. „Ja", meinte meine Mutter überzeugt.

„Mach du", forderte sie mich auf. Ich merkte, dass sie immer nervöser wurde und auch nicht mehr ganz so überzeugt wie am Anfang klang. „Bitte ein Strich, bitte ein Strich...", hoffte ich. Meine Hände zitterten und langsam drehte ich den Test um. Ich öffnete meine Augen wieder und...

„Zwei Striche"

Bitte nicht. „Du bist schwanger!", wiederholte ich das Ergebnis. „Ich. Bin. Schwanger.", meinte nun auch meine Mutter ohne jegliche Emotionen. „Ach du scheiße", platzte es aus mir heraus. „Lia, das Ergebnis ist sicherlich falsch, warum sollte ich denn schwanger sein?". „Mama, ich bitte dich. Geh morgen einfach zum Arzt und lass des den mal anschauen, bitte".

Irgendwann schaffte ich es dann schließlich meine Mutter zu überreden, aber Appetit hatte nun keiner mehr von uns. Ich brauchte jetzt einfach Ablenkung.

Runes Sicht

Ich hatte gerade Training aus und wollte eigentlich noch was mit Alex unternehmen. Doch dann meldete sich Lia bei mir.

L: Hast du Zeit?

R: Ja klar, was ist denn passiert?

L: Will ich dir jetzt nicht am Telefon sagen

Sie klang nicht besonders glücklich, eher so verzweifelt...

R: Ich hole dich in zehn Minuten

„Alex, ich kann leider doch nicht. Lia braucht mich. Sorry". „Ok, kein Problem. Kümmer dich erst mal um sie". Ich war froh, dass er nicht sauer war. Ich fuhr also gleich auf dem Parkplatz los und ab zu Lia. Vor ihrer Haustüre brachte ich meinen Wagen zum Stehen, stieg aus und klingelte. Keine zwei Sekunden später wurde die Tür geöffnet und Lia stand mit knallroten Augen vor mir. Sie hat definitiv geweint. „Hey, was ist denn los?". Sie legte ihren Kopf auf meine Brust und klammerte sich fest an mich. „Willst du mit zu mir kommen, oder sollen wir irgendwas unternehmen?", fragte ich. Sie nickte stumm. Irgendwie war sie voll durch den Wind, lief erst zum falschen Auto und bekam dann die Türe nicht auf und vergaß völlig, sich anzuschnallen. „Willst du reden?", fragte ich erneut. Ich wusste überhaupt nicht, was sie belastete, aber es musste was Ernstes sein. Erst druckste sie nur herum, schließlich platzte es aus ihr heraus und nun war ich der, der in eine Schockstarre verfiel. „Meine Mutter ist schwanger!". Ich musste aufpassen, dass ich jetzt nicht noch ein Unfall baute. Daher fuhr ich ein Stück zur Seite und brachte mein Auto zum Stehen. „Bitte was?", hakte ich ungläubig nach. „Ich bekomme ein Geschwisterkind!! Ich bin siebzehn!! Und meine Mutter ist 45!!", schrie sie verzweifelt. Im Moment fiel mir einfach nichts Besseres ein, als sie in den Arm zu nehmen. Ich musste ihre Worte auch erst verdauen. „In den letzten Wochen habe ich wieder so ein gutes Verhältnis zu ihr aufgebaut und jetzt das. Ich will es einfach nicht wahr haben", äußerte sie sich. „Halbgeschwisterkind dann, oder?", warf ich nun auch mal ein. „Natürlich! Was wird Jenny nur sagen?", überlegte sie. Stimmt, Jenny war genauso betroffen wie Lia es war. „Scheiße", fluchte sie.

Die nächsten zehn Minuten redete niemand mehr. Jeder dachte irgendwie nach. Ich setzte das Auto wieder in Bewegung und überlegte, was ich jetzt mit Lia machen könnte. Sie brauchte definitiv eine Ablenkung. Aber was nur? „Wohin fahren wir?", fragte sie. „Irgendwohin wo du dich ablenken kannst. Ich weiß selber noch nicht genau wohin", meinte ich.

Auf einmal kam mir eine gute Idee. Ich suchte den nächsten Parkplatz auf, stieg aus, ging zu Lias Tür, öffnete diese und meinte: „Komm! Aussteigen, wir sind da!". Ohne Worte nahm sie meine Hand, drückte diese fester als sonst und lief auch enger an mir als sonst. „Was wird das jetzt?", fragte sie, als wir nach einiger Zeit noch immer in der Gegend herumliefen. „Du brauchst jetzt Alkohol, Lia. Wir gehen in diese Cocktail-Bar da drüben!"


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