85.

600 16 0
                                    

Ich verschwand so schnell wie möglich aus Lias Blickfeld. Im Moment war mir egal, was sie über mich dachte. Sie war ja immerhin nicht alleine. Ich lief wieder ein Stück zurück, damit ich unauffällig Lias Vater und diese Tusse beobachten konnte. An einer guten Stelle hielt ich an und wählte erstmal Igors Nummer. Er konnte mir jetzt wahrscheinlich am besten helfen.
I: Hey Rune, was gibt’s?
R: Kannst du mir helfen?
I: Klar. Um was geht es denn?
R: Ich will Lias Vater ausspionieren und dabei bräuchte ich deine Hilfe
I: Hört sich spannend an. Ich bin dabei!
R: Super. Dann fahr jetzt los und komm hoch an die dänische Grenze an den Strand. Ruf mich dann einfach nochmal an wenn du da bist.
I: Alles klar, bis gleich. Tschau
R: Jo, tschau
Ich dachte kurz nach. Würden zwei Personen reichen? Wohl eher nicht. Ich brauchte noch ein schlaues Köpfchen. Da kam mir Sprengi in den Kopf. Aber würde das gutgehen? Ich meine, die Frau seiner Alpträume spielt auch eine enorm große Rolle. Aus diesem Grund entschied ich mich für Niclas. Ich erzählte ihm genau das Gleiche und auch er willigte sofort ein.
Ich vermutete, dass sich meine beiden Spione zusammentun würden und so war es letztendlich auch.
I: Wir sind jetzt da
R: OK, super
In dem Moment sah ich die Beiden am Parkplatz stehen. Zwar waren es noch knapp 100 Meter, doch ich kannte meine Nebenleute nur zu gut. Ich winkte ihnen zu und dann kamen sie auch schon herübergelaufen. „Hey Bro“, meinte Igor und checkte mit mir ein. „Um wen geht es jetzt genau?“, fragte Niclas und studierte schon mal die ganzen Leute am Strand. Mit dem Finger deutete ich auf die Betroffenen. „Das ist Lias Vater!“, platzte es aus Niclas heraus. Er war sichtlich schockiert. „Dann stammt Lia wohl eher von ihrer Mutter ab“, vermutete Igor, doch dazu äußerte ich mich mal nicht weiter. „Was wollen wir jetzt eigentlich machen?“, fragte Niclas weiter. „Die zwei ausspionieren. Wir dürfen aber nicht auffallen. Beide könnten uns kennen“, warnte ich, woraufhin Igors Augen leuchteten: „Kommt mit“.
Lias Sicht
„Was war das bitteschön für eine Aktion von Rune? Vorher hat er doch noch gesagt, dass er erst heute Abend wieder Training hat“, ärgerte ich mich irgendwie über sein Verhalten. „War schon irgendwie merkwürdig“, bestätigte auch Angelo. Irgendwie fühlte ich mich gerade von Rune angelogen und ausgenutzt. „Aber vielleicht hat er es ja auch wirklich vergessen“, durchbrach Angelo meine Gedanken. Ach, irgendwie war ich unschlüssig. „Können wir vielleicht zurück nach Kiel?“, fragte ich mit gesenktem Blick. „Ja, ich bin auch dafür“, sagte Angelo und wir machten uns auf die Suche nach dem nächsten Bahnhof. Wir liefen den Strand zurück und trafen dabei teilweise echt auf sehr merkwürdige Gestalten. Da waren zum Beispiel so drei Männer. Alle gleich angezogen. Mit jeweils einer schwarzen Cap und so komischen Umhängen und Sonnenbrillen und schwarzen Klamotten. Die waren irgendwie schon ein wenig gruselig.
Runes Sicht
Wir brachen in schallendes Gelächter aus. „Igor, du bist so geil“, lobten Niclas und ich ihn. „So fett, die haben uns einfach nicht erkannt“, lachte Igor und Niclas war sich jetzt sicher, dass wenn nicht mal Lia und Angelo uns erkennen, Lias Vater auch nicht auf unsere Spur kommen würde.
„ACHTUNG!“, schrie ich „die gehen!“. Jetzt mussten wir aufpassen. Wir durften sie nicht aus den Augen verlieren. Unauffällig schlichen wir uns näher heran und liefen hinterher. Sie stiegen nicht in irgendein Auto ein, sondern gingen zum Bahnhof. Auf einmal überkam mich ein schreckliches Gefühl. Wenn ich Lias Richtung vorhin richtig gedeutet habe, waren sie ebenfalls auf dem Weg zum Bahnhof. Ich musste sie warnen, aber wie?
„Rune? Alles OK bei dir?“, fragte Igor und musterte mich genau. „Jaja, alles gut“, redete ich mich heraus und setzte mich wieder in Bewegung.
Wir folgten der Tusse und Herrn Dias und versuchten ihr Gespräch nachzuvollziehen. Leise nahmen wir wahr: „Heute Abend schon was vor, Süßer?“. „Naja… nicht das ich wüsste“. „Dann hast du ab jetzt was vor. So einen hübschen Mann kann man doch nicht einfach so frei laufen lassen“.
„Rutsch nicht auf deiner Schleimspur aus“, kommentierte Niclas das Gespräch der Beiden. „Ach, soll sie doch. Dann hätten wir wenigestens was zum Lachen“, meinte ich mit einem Grinsen, da ich mir die Situation gerade bildlich vorstellte. „Aber Jungs, wenn die sich heute Abend treffen, sind wir dabei“, versicherte uns Igor und wir stimmten ihm zu. „Ich sage Alfred noch, dass wir heute nicht ins Training kommen. Können ja morgen oder so ne Sonderschicht einlegen“, schlug Niclas diesmal vor und natürlich waren Igor und ich auch von dieser Idee begeistert.
Der Zug rollte daher und wir mussten uns beeilen, damit wir ihn noch bekamen. „Moment mal, wäre es nicht sinnvoller, wenn nur Niclas hinterhergeht. Das wäre nicht so auffällig. Und Rune und ich stellen die Autos wieder in Kiel ab und kommen dann hinterher. Du haltest uns einfach auf dem Laufenden, Niclas“, schlug Igor vor. Ich dachte kurz nach und meinte dann: „Ist sinnvoll“. Auch Niclas war einverstanden und so konnten wir dann unseren Plan weiter umsetzten.
Niclas Sicht
Rune und Igor zogen ab. Ich war alleine. Vielleicht konnte ich dir beiden ja filmen. Doch eine Sache war mir noch immer nicht so ganz klar, wieso wollte Rune Lias Vater ausspionieren? Ich meine, was will er damit bezwecken?
Ich setzte mich auf den Viererplatz hinter den Zwei. Lia saß ein paar Reihen weiter vorne mit dem Jungen. Sie bekamen davon überhaupt nichts mit – zum Glück, denn ich musste Rune versprechen, dass Lia den Kontakt mit ihrem Vater vermeidet.
„Hast du eine Frau?“, kam es auf einmal von der anderen Seite. Jetzt musste ich aufpassen und mich auf die Zwei konzentrieren. „Nein. Nicht mehr“. Sie fummelte an seinem T-Shirt ausschnitt herum und sagte: „Hat das Mistweib dich verlassen? So eine Schlampe. Das tut man doch nicht“. *Das sagt die Richtige*, dachte ich mir. „Oh ja, das hat sie“, behauptete Lias Vater. „Sie ist mir jetzt schon unsympathisch“, gab dir Tusse von sich. „Weißt du, ich habe sie nie wirklich geliebt. Meine Tochter kam nach ihr. Genau so verbissen und hinterlistig. Immer nur Jungs im Kopf. Kein Anstand und dumm wie Stroh“.
Mir klappte dir Kinnlade nach unten. Das hat er doch gerade nicht wirklich gesagt?! Ich war vollkommen perplex. Was denkt Lia bloß, wenn sie das hört. Sie würde sich wahrscheinlich vor seinen Augen umbringen. Oh Gott. Warum waren Rune und Igor nur nicht hier? Ich war kaum noch in der Lage zuzuhören, aber irgendwie schaffte ich es trotzdem.
„Wie oft hattet ihr Sex?“. *Meint sie nicht auch, dass das Ganze jetzt zu intim wird? Wohl nicht*. „Kaum, vielleicht einmal im Monat, wenn es hoch kam. Früher in unseren Anfangszeiten vielleicht auch zwei mal, aber sie war einfach so schlecht im Bett. Das kannst du dir gar nicht vorstellen“, machte Herr Dias kenntlich. Ihm schien das Ganze hier auch nicht peinlich zu sein. Aber jetzt kam der Höhepunkt: „Das glaube ich jetzt echt nicht. So oft habe ich mindestens täglich Sex. Ich werde dich so verwöhnen. Das kannst du mir glauben. Wir werden stöhnen und uns anschreien und danach werden wir sagen: Wann geht’s weiter?“ „Das gefällt mir Baby. Wenn hier jetzt nicht so viele Leute wären, würde ich doch glatt sagen: Fangen wir an“.
Langsam wurde es mir zu viel. Die Beiden begannen wieder an sich herumzufummeln und Lias Vater drückte ständig an ihren Brüsten herum. Ekelhaft. Er 50, sie 20. So ungefähr.
„Fahrkarten bitte“, ertönte auf einmal eine strenge, männliche Stimme hinter mir. Immer noch unter Schock zog ich irgendeine Karte aus meinem Geldbeutel und reichte sie diesem bärtigen Typ. „Wollen sie mich veräppeln?“, fragte er mit einem leicht säuerlichen Tonfall. Unschuldig schaute ich ihn an, grimmig betrachtete er mich. „Sie glauben wohl, man kann mich einfach so ausspielen. Da haben Sie sich aber gewaltig geirrt, Herr Ekberg“. Woher wusste er meinen Namen? „Sie kommen mit!“, befahl er mir und zog mich mit sich. Davor drückte er mir allerdings noch die Karte in die Hand zurück, die ich ihm zuvor gegeben habe. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass es meine Kundenkarte von Galeria Kaufhof war, die ich schon seit mehr als drei Jahren nicht mehr benutzt habe. *Da muss man sich nicht wundern*. Hinten stand mein Name drauf, was erklärte, warum der bullige Typ ihn wusste.
Wir liefen an den ganzen Fahrgästen vorbei. Tuss und Herr Dias waren die einzigen, die davon nichts mitbekamen, da sie schon wieder nur mit sich begrabschen beschäftigt waren. Lia hingegen raunte zu Angelo: „Das ist der Typ von vorher. Ich habe doch gesagt, das ist ein Krimineller“.
Lias Sicht
„An der nächsten Haltestelle müssen wir raus“, meinte Angelo kurze Zeit später zu mir und wir standen langsam auf, um zur Türe vorzulaufen. „LIA?“, ertönte auf einmal eine laute Stimme hinter mir. Sie kam mir sehr bekannt vor – zu bekannt um ehrlich zu sein. „Pa…Papa?“, fragte ich erschrocken und drehte mich um. Er erhob sich und kam auf mich zu. „Meine Tochter. So groß, so hübsch“, meinte er zu mir. Wieso war er so freundlich? Danach wandte er sich an Angelo: „Und du bist?“. „Angelo“, gab er selbstbewusst zurück und reichte ihm dir Hand. „Dein Freund?“, fragte er wieder mich, doch Angelo antwortete: „Ja, Lia ist meine Freundin“. Ich drehte mich schlagartig zu ihm um. „Was soll das?“, zischte ich ihn an. „Spiel einfach mit“, gab er zurück und wir Beide lächelten wieder meinen Vater an. Bei mir war das Lächeln allerdings eher aufgezwungen. „Schön, dass du jetzt einen gleichaltrigen Freund hast. Das ist doch viel schöner wie einer, der fast doppelt so alt ist“. *Das sagt der Richtige*. Angelo lächelte weiterhin und als mein Vater noch hinzufügte, dass wir super zusammenpassen würden, nahm Angelo mein Gesicht in dir Hand und küsste mich auf den Mund. Jetzt hat er wirklich übertrieben. Mir fiel es sehr schwer mitzuspielen, doch Angelo störte dies nicht… und das schlimmste: Er küsste mit zuenen Augen!

Schlimmer kann es eh nicht mehr werden!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt