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,,Lia, es ist nur Bleigießen, das stimmt doch so gar nicht! Flo wird sicherlich keine Freundin finden, ich werde meinen Weg auch so gehen, Steve wird Scarlett sicherlich nächstes Jahr keinen Heiratsantrag machen, OK, das von Steve ist noch am logischsten. Und jetzt flenn nicht rum, in, ach du scheiße, in zwei Minuten ist Mitternacht!", schrie Theresa auf einmal. Ich bin kurz mit ihr vor die Türe gegangen, damit sie mich beruhigen konnte. Wir rannten beide schnell zurück. Theresa holte den Sekt, Lukas und ich schnappten und die Gläser. Fabi und Steve holten die Böller, Scarlett öffnete eine Uhrenapp auf ihrem Smartphone und dann gingen wir nach draußen.

In Rekordtempo erledigten wir alles und von zehn zählten wir dann runter. Die zwei Jungs bereiteten das Feuerwerk vor, sodass sie es um 0 Uhr zünden konnten.

,,Zehn...neun...acht...sieben...sechs...fünf...vier...drei...zwei...eins...Happy New Year!", riefen wir gemeinsam. Danach umarmten wir uns alle, die Pärchen küssten sich und Lukas wollte es auch. ,,Einmal nur Lia, bitte", flehte er mich an. ,,Dann küss mich halt, aber nicht auf die Lippen", fauchte ich und er freute sich wie ein kleines Kind. Er suchte sich dann meinen Kopf und danach noch meine Wange und meine Hand aus. ,,Ist gut", meinte ich irgendwann.

Dennoch bekam ich bei seinen Küssen immer so ein Kribbeln in meiner Haut. Es war so ein besonderes Gefühl, was mich an früher erinnern lies. ,,Erde an Lia, willst du auch mit anstoßen?", fragte mich auf einmal Steve. ,,Äh, ja klar", meinte ich ein wenig verwirrt und gesellte mich wieder zu den Anderen. ,,Auf uns!", riefen wir fast gleichzeitig und tranken dann unseren Sekt.

Dann zogen wir noch ein paar Stunden um die Straßen und gegen halb vier waren wir alle wieder bei Theresa und fielen totmüde, in Theresas Wohnzimmer verteilt, ,,ins Bett".

Am nächsten Morgen wurden wir durch jemanden geweckt, der an der Tür Sturm klingelte. ,,Och ne", nörgelte Theresa verschlafen und stand auf. Sie schlich zur Tür und öffnete sie. Kurz drauf stand sie mit meiner Mutter im Wohnzimmer. Wie peinlich war das denn bitteschön? Und was wollte sie überhaupt hier? ,,Lia, wir fahren", meinte sie kalt und forderte, dass ich mitkomme. Klar, erst jetzt fiel mir ein, dass wir ja heute zurück fliegen wollten, beziehungsweise meine Mutter wollte es, ich nicht. ,,Hä? Wohin musst du?", fragte Fabi enttäuscht. Wir Beide verstanden uns eigentlich ziemlich gut. ,,Zurück nach Kiel", meinte ich niedergeschlagen. Meine Mutter wartete schon ungeduldig im Türrahmen.

Nach kurzer Zeit flossen bei uns Mädels die ersten Tränen und auch die Augen der Jungs wurden leicht feucht. Ich umarmte alle eine Ewigkeit und kurz bevor wir gehen wollten, drückte mir Jacky eine Tüte in die Hand. Dazu meinte sie: ,,Schau es dir im Flugzeug in aller Ruhe an. Da hast du Zeit, wenn du es jetzt siehst, brichst du eh nur in Tränen aus. Ist von uns allen hier". Ich drückte Jacky nochmal ganz lange und bedankte mich bei allen dafür, ich wusste zwar nicht was drin war, doch die hatten immer gute Ideen. ,,Lia, kommst du jetzt bitte", drängte meine Mutter. Ein letztes Mal umarmte ich alle. ,,Wir werden dich besuchen kommen, versprochen Süße", rief Scarlett mir hinterher und dann war ich draußen. Auf der Fahrt zum Flughafen heulte ich die ganze Zeit nur. Es waren einfach so geile Tage und dabei wollte ich anfangs gar nicht kommen. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, wie sehr ich doch meine Heimat liebe.

Nach einer Stunde waren wir am Flughafen und gaben auch gleich unser Gepäck ab. Das Geschenk war natürlich mein Handgepäck. Dann erfolgte der Abschied von Oma und Opa. Als ich meine Oma umarmte flüsterte ich ihr zu: ,,Danke, ohne dich hätte ich nicht so viel Spaß haben dürfen. Wirklich, danke für alles". Sie nickte und reichte mir dann ebenfalls ein kleines Päckchen rüber. ,,Für dich", meinte sie. ,,Danke".

Dann gingen wir zum Gate. Wir winkten den Beiden hinterher und stiegen dann auch ziemlich schnell in unser Flugzeug ein. ,,Ach Lia, bevor ich es vergesse, hier hast du dein Handy und dein Laptop wieder". Ich staunte nicht schlecht, als sie mir beides wieder übergab. ,,Wie komme ich dazu?", fragte ich. Sie zuckte mit den Schultern, fügte am Ende aber noch hinzu: ,,Aber nächstes Mal bitte in einem anderen Ton, OK". Ich nickte und umarmte sie dann ebenfalls. Dann zog ich meine Kopfhörer aus meiner Tasche und hörte Musik. Als das Lied „Lieblingsmensch" lief, erinnerte ich mich an das Geschenk von meinen Freunden und kramte die Tasche unter dem Sitz hervor. Vorsichtig holte ich den Inhalt heraus und sah ein Fotobuch. OMG, sie waren einfach so süß. Schon wieder kamen mir die Tränen und mit jeder neuen Seite wurden sie heftiger. Vorne stand drauf: Lia back in Oberstdorf. One week like 16 years! Drauf zu sehen war ein Bild von uns vor zehn Jahren und ein aktuelles Foto von der letzten Woche.

Ich öffnete die Seite und dort stand fett drauf: Först däy hir. Das war bei Theresa daheim als wir uns alle trafen. Alle Selfies von diesem Tag waren auf einer Seite verteilt.

Auf der nächsten Seite waren immer Jacky und ich zu sehen. Drauf stand: Wenn es einer schlecht geht, hilft die Andere. Das war als ich mich wegen meiner Familie bei ihr ausgeheult habe und die Tage danach. Mit Selfies hat sie mich immer wieder aufgemuntert.

Dann folgte der Satz: Viva Colonia, Freunde sind stärker als das Bauchgefühl! An den Tag erinnerte ich mich nicht so gerne, doch es waren doch auch einige Bilder von der Zugfahrt dabei. Flo immer mit seinen Snacks und die Bilder vom Kölner Dom. Dann ein Bild, wo ich Rune küsste, es musste bei der Ankunft gewesen sein. Dann noch Bilder aus der Halle. Irgendjemand hatte mich fotografiert, als ich den Jungs immer die Bälle holte. Es folgten noch witzige Bilder von der Heimfahrt.

Auf der nächsten Seite stand: ,,Party harder than it's possible. Party until you're happy!" Es folgten einige Bilder mit unserem Wodka, Bilder wie Jacky an Fabi hing und Selfies, die ich mit Steve gemacht habe. Auf der anderen Seite sah man dann wie Scarlett und Steve rumknutschten und ein Bild in Unterwäsche von Jacky und Fabi und dann noch ein Bild wie ich bei Flo auf der Couch schlafe. Der hat echt nicht besseres zu tun wie mich beim Schlafen zu fotografieren.

Auf der letzten Doppelseite waren dann die Bilder von Silvester zu sehen. Wann haben sie das denn bitteschön gemacht? Drauf stand: ...und die Party geht weiter! Man sah mich beim Bleigießen und Teile unseres Feuerwerks und unser Sekt um Mitternacht. Dann noch schreckliche Bilder von der Straße und verrückte Dinge, die wir in der Nacht noch getan haben.

Auf der Rückseite stand noch ein längerer Text drauf. Ich las ihn mir durch:

Hallo Lia, meine Süße, oder soll ich eher Moin sagen? Du sitzt jetzt im Flugzeug und wir hocken daheim bei Theresa. Wir vermissen dich jetzt schon schrecklich. Diese Woche mit dir war einfach wunderschön und wir sind uns alle einig, dass eine Wiederholung erforderlich ist. Hoffentlich verträgst du dich bald wieder mit Rune, das wäre richtig schön Wir wünschen dir ne geile Zeit und hoffentlich sehen wir uns ganz bald wieder♥ Dein/e Jacky, Flo, Steve, Scarlett + Theresa

OMG, sie waren einfach so niedlich. Ich vermisste sie jetzt schon so arg. ,,Lia, komm, wir sind da", riss mich meine Mutter auf einmal aus meinen Gedanken. Ich packte das Fotobuch wieder zurück in die Tasche und packte auch das restliche Sach wieder ein. Dann stellten wir uns in die Schlange und schließlich warteten wir auf unser Gepäck. Nach zehn Minuten konnten wir das Flughafengebäude schon verlassen und wir gingen zu unserem Auto.

Hier in Hamburg war es arschkalt und in Kiel würde es sicherlich nicht wärmer sein. Ich schaltete erstmal meine Sitzheizung an und kramte dann das Geschenk von meiner Oma hervor. Es war eine kleine Schachtel und darin befand sich, wow, eine Smartwatch. Wie geil ist das denn? Darin lag ein kleiner Zettel:

Damit du mir nächstes Mal nicht wieder mein Tablet „klauen" musst;)

Uuups, war wohl doch etwas zu offensichtlich. Trotzdem freute ich mich sehr darüber und legte es sofort zu dem Fotobuch von meinen Freunden. Einerseits war ich traurig wieder hier zu sein, andererseits freute ich mich aber auch irgendwie wieder auf meine Jenny. Ich hoffte, dass Rune sich wegen dem Bild wieder beruhigt hat. Ich wusste, dass er und Disse gerade in Stuttgart waren, oder mussten sie erst morgen da sein? Gleich auf der Fahrt schrieb ich noch Rune...

...Hä? Wieso hat er mich blockiert? War er etwa so sauer wegen Flos Bild, eigentlich konnte ich mir das gar nicht vorstellen. So war er nämlich nicht, aber warum sollte er mich dann blockieren. Ich grübelte noch eine ganze Weile, schließlich kamen wir daheim an und ich packte erstmal meine Sachen aus. Dann ging ich rüber zu Jenny und klingelte. Marco öffnete mir die Türe. ,,Hallo Lia, schön dich wieder zu sehen", begrüßte er mich. ,,Hallo, Gutes Neues übrigens. Ist Jenny da?", fragte ich höflich. ,,Ja, warte kurz", meinte er und verschwand.

Kurz drauf kam er wieder alleine zurück. ,,Tut mir Leid, aber sie will dich nicht sehen. Ist deine Mutter da?"



Schlimmer kann es eh nicht mehr werden!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt