26.

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,,Was willst du da groß machen?", fragte ich verzweifelt. Mini meinte daraufhin: ,,Reden. Streitereien kann man nur beendet, indem beide Seiten sich aussprechen!". ,,Das sehe ich genau so", warf Rune ein. Die Beiden versuchten mich lange von ihrer Idee zu überzeugen. Irgendwann hatten sie es geschafft. ,,Ja, ist ja gut. Ich rede mit ihnen, aber ihr müsst mitkommen!". Die Beiden waren jetzt zufrieden und Mini meinte sogar: ,,Wenn du willst, können Rune und ich auch das Gespräch führen, vielleicht ist das ja sogar besser". Ich nickte verständnisvoll und war auch ein wenig erleichtert. Rune versprach mir auch noch, dass er nicht abhauen würde, so wie letztes Mal im Krankenhaus. Und Mini war eh ein harter Hund. Wir verabredeten uns für morgen Nachmittag nach der Schule bei Mini. Dann gingen Rune und ich "nach Hause".

,,Rune, ich glaub ich schaffe das nicht", gab ich zu. Den ganzen Morgen belästigte ich ihn schon mit meinen Aussagen. ,,Ich glaube du musst jetzt in die Schule", meinte er kalt und schickte mich nach draußen. Wie nett er doch war! Ich atmete noch einmal tief durch und machte mich dann auf den Weg.

Nach einem weiteren schrecklichen Tag ging ich mal wieder zu Mini. Ich war schon extrem aufgeregt und habe die ganze Zeit im Unterricht damit verbracht, wie sie wohl reagieren würden. Angelo war heute eher wieder zurückhaltend, aber vielleicht kam es mir auch nur so vor, da ich heute mit meinen Gedanken woanders war. Ich klingelte, vor der Tür stand schon Runes Auto, das heißt, ich war die Letzte. ,,Na, da bist du ja endlich", wurde ich von den Zwei empfangen. Ja, ich war die Letzte. ,,Wir haben doch schon halb zwei ausgemacht, oder?", wollte ich mich versichern. Die Jungs nickten, doch um das auszudiskutieren, war jetzt keine Zeit. Per Fuß liefen wir zu meinem eigentlichen Zuhause. Ich drückte ganz fest Runes Hand und Mini klingelte. Man hätte meinen Herzschlag noch am anderen Ende von der Straße hören können, so nervös und aufgeregt war ich. ,,Sind deine Eltern überhaupt daheim?", wollte Rune nach einiger Zeit wissen, da die Türe noch immer nicht geöffnet wurde und man auch keine Schritte wahrnehmen konnte. ,,Soweit ich weiß schon", meinte ich leise. Mini klingelte erneut. Es näherten sich Schritte. Ich war kurz vor einem Zusammenbruch, konnte mich aber noch beherrschen. ,,Hey, bleib ruhig, wir sind doch da", sagte Rune mit einem beruhigenden Ton in seiner Stimme. ,,Ich hab Angst!", gab ich zu. In diesem Moment wurde die Türe aufgerissen und meine Mutter stand vor uns.

,,Guten Tag Frau...", fing Mini an. Da er meinen Nachnamen allerdings nicht wusste, schaute er schnell noch am Klingelschild nach. ,,Frau Dias", fuhr er fort. Ich versuchte mich so gut wie es ging hinter Rune zu verstecken, doch meine Mutter hatte mich natürlich schon bemerkt und Rune kannte sie ja auch. ,,Hallo", meinte sie knapp. ,,Dürfen wir kurz reinkommen?", fragte Dominik höflich, doch meine Mutter verneinte. ,,Egal. Ich habe das Recht in mein eigenes Zuhause zu gehen und ich erlaube den beiden Jungs, mitzukommen.", sagte ich selbstbewusst und ging einfach rein, Rune und Mini folgten mir. Ich lief Richtung Wohnzimmer. ,,Wir haben ausgemacht, du hälst deine Klappe", zischte Rune mir auf dem Weg zu. ,,Ohne mich wäre es hier nicht mal zu einem Gespräch gekommen", rechtfertigte ich mich. ,,Bin jetzt ruhig!", raunte ich. Mini schob mich ein Stückchen weiter. Meine Mutter folgte uns. ,,Wollt ihr was trinken", fragte ich die Jungs, Rune warf mir nur einen warnenden Blick zu, also setzte ich mich wieder.

,,Ich will keine fremden Leute, die auch noch unerwünscht sind, hier in meinem Haus haben, also Abmarsch!", fuhr meine Mutter die beiden Linksaußen an. ,,Wir werden sobald das hier geklärt ist verschwinden! Versprochen! Aber wir würden gerne fünf Minuten hier mit ihnen sprechen!". Es herrschte Stille. ,,Fünf Minuten und dann seid ihr weg! Ich schaue auf die Uhr!", meinte meine Mutter in einem unfreundlichen Ton. Ich stupste Mini mit meinem Finger an, damit der anfing zu reden. Fünf Minuten waren nämlich nicht viel und wir hatten doch einiges zu bereden. ,,Ihre Tochter leidet gerade unter ihnen...", begann er. ,,Ich und mein Mann leiden auch unter ihr, das geht so nicht weiter!", redete meine Mutter dazwischen. ,,Könnten Sie uns bitte zuhören", bat Rune höflich. ,,Danke". ,,Jedenfalls durchlebt sie gerade die vielleicht schwierigste Zeit in ihrem Leben. Sie ist eine junge Teenagerin, die versucht, ihre eigene Identität zu finden. Sie weiß manchmal selber nicht genau, was sie macht und was sie will. In dieser Phase sind Bezugspersonen und damit meine ich Personen, denen man vertrauen kann, richtig wichtig. Meistens sollten die Eltern in dieser Phase hinter ihrem Kind stehen und nicht nur jedes Verhalten und jede kleine Tätigkeit negativ darstellen. Sie wissen genau, wie schwer Ihrer Tochter der Umzug hierher nach Kiel gefallen ist und wie sehr sie darunter gelitten hat. Neue Freundinnen hat sie nicht gefunden, aber neue Freunde! Und zwar uns! Uns alle hier. Es ist normal, dass sich Jugendliche in Lias Alter irgendwann einmal verlieben. Es ist auch ebenfalls human, dass die Eltern den Auserwählten auch nicht immer so toll finden. Aber eins möchte ich Ihnen noch sagen. Rune und Lia sind Hals über Kopf ineinander verliebt. Sie vertrauen sich gegenseitig alles an und passen vom Charakter her perfekt zusammen. Beide sind ein wenig verrückt aber noch immer fair, freundlich und einfach sympathisch. Es sollte Lias eigene Entscheidung sein, mit wem sie befreundet sein will und das sollte man als Eltern akzeptieren. Ich bin selber Vater, mein Sohn ist zwar erst zwei, aber man sieht es jetzt schon alles. Das wäre jetzt alles von meiner Seite aus. Rune?" ,,Ja, also ich sehe das genau so. Lia ist mein Ein und Alles. Ich habe mich schon beim ersten Anblick in sie verliebt und ich wurde bisher noch nicht enttäuscht. Und ich würde nochmal kurz auf den Unfall zurückblicken. Ich bin mit Lia unten in den Kabinen gewesen. Wir haben uns noch ein wenig unterhalten und dann bin ich, wie jeder aus meiner Mannschaft, duschen gegangen. Dann wurden wir von einem Mitspieler aus Spaß eingeschlossen und wir konnten uns nicht mehr wehren. Wir waren gefangen. Als ich von Lia erfahren habe, bin ich verzweifelt. Ich wollte sofort mit ins Krankenhaus, doch ich durfte nicht. Dieser Moment in der Kabine war der Schrecklichste in meinem Leben und... und". Er stoppte. Ich blickte ihm in die Augen und sah Tränen. ,,...und ich hätte mich am liebsten... umgebracht. Doch ich habe für Lia gekämpft. Ich bin wieder aufgestanden und war bereit. Ich war bereit alles für Ihre Tochter zu geben. Alles! Alles...". Er stoppte erneut. ,,Lia ist für mich der wichtigste Mensch in meinem Leben geworden. Das ich von Ihrem Mann weggeschickt wurde, dachte ich das wäre das Ende. Ich habe nicht mehr an eine Wende gedacht. Wollte einen Selbstmordversuch starten, doch dann sah ich Lia, eine zusammengekauerte, tief unglückliche und unzufriedene Lia wieder. Auf einmal war ihr Strahlen zurück, sie hat mich wieder zum Lächeln gebracht, sie hat mir gezeigt, wie ich wirklich bin."


Schlimmer kann es eh nicht mehr werden!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt