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Lias Sicht

Es war wirklich so. Ich hatte langsam echt keinen Bock mehr auf Runes Ängste. Das nervt mich einfach und inzwischen wurde es mir echt zu viel. Ich habe ihm nicht geantwortet und ihm auch nicht zurückgeschrieben. Disse wusste nun ja Bescheid. Auf Whatsapp blockte ich Rune vorerst, ich glaubte nämlich nicht, dass er aufhören würde mit schreiben.

Heute wollte ich mit meiner Mutter eine mögliche neue Wohnung anschauen. Um zwölf Uhr war der Termin. Nachdem wir ausführlich gefrühstückt haben, habe ich mich noch fertig gemacht und dann sind wir auch schon losgefahren. Der Makler wartete bereits auf uns und wir folgten ihm in die Wohnung. Dort angekommen erst einmal der Schock. Im Internet hieß es modern, große Zimmer und viel Tageslicht. Innendrin erwartete uns genau das Gegenteil. Es war einfach schrecklich. Die Wände waren verschimmelt und in einem Zimmer konnte man sich gerade so um die eigene Achse drehen. ,,Also, Sie melden sich wenn sie Interesse haben und dann sehen wir weiter, OK", meinte der Makler am Ende zu uns. Ich schaute meine Mutter nur mit einem Schon-klar-Blick an und sie zwinkerte mir nur zu. Das tat gut!

,,Also ich will ja da unbedingt einziehen, Mama. Ich weiß echt nicht was du hast", ironierte ich auf der Rückfahrt herum. Meine Mutter stieg in mein Lachen ein. Doch kurz darauf wurde sie wieder ernst. ,,Jetzt müssen wir uns aber noch schnell nach einer neuen Wohnung umsehen. In zwei Wochen wird das Haus verkauft", machte sie mir klar. Ich nickte nur verständnisvoll. Daheim schauten wir gleich mal im Internet nach und fanden eine Doppelhaushälfte im Stadtteil Russee. ,,Guck mal, die sieht doch gar nicht so schlecht aus", meinte meine Mutter und ich konnte ihr nur zustimmen. ,,Ja, nicht schlecht". Sie ging kurz in die Küche um zu telefonieren und kam dann mit einem strahlenden Gesicht zurück. ,,Wir können in einer Stunde die Wohnung anschauen", berichtete sie mir. Nun fing auch ich an zu grinsen und wir schrieben noch schnell die Adresse auf. Nachdem wir noch was Kleines gegessen haben, machten wir uns auf den Weg nach Kiel-Russee.

,,Wo genau ist Papa jetzt eigentlich?", fragte ich meine Mutter. Seit ihrer Scheidung habe ich ihn nicht mehr gesehen und auch nichts mehr von ihm gehört. Erst zögerte meine Mutter, doch dann meinte sie: ,,Also, er wohnt jetzt in Hamburg und er... er... er will uns nie wieder sehen". Danach war es ruhig.

,,Sie haben Ihr Ziel erreicht. Es befindet sich auf der rechten Seite", wurden wir von unserem Navi wieder in die Realität zurückgeholt. Wir waren da. Ich hob meinen Kopf wieder und schaute aus dem Fenster. Es war wunderschön. Weiß gestrichen und es sah noch viel schöner aus, als auf dem Bild. Es gab einen großen, gepflegten Garten, einfach perfekt. ,,Wow", staunte ich. ,,Die rechte Hälfte ist es", erklärte mir meine Mutter, die ebenfalls große Augen machte.

Wir stiegen aus und trafen kurz drauf auf den Verkäufer und den Makler. Wir begrüßten uns und wurden dann durchs Haus geführt. Schon nach einem Zimmer war mir klar: Hier will ich wohnen! Auch meine Mutter war positiv überrascht und so fiel uns die Entscheidung am Ende nicht schwer. ,,Wir kaufen die Doppelhaushälfte", meinte Mutter überzeugt. Sie unterhielt sich noch mit den beiden Typen, während ich mir die Gegend ein wenig genauer anschaute. Ich lief einmal die komplette Straße hoch und wieder runter. Es war echt schön hier, hätte ich gar nicht gedacht. Als ich zurückkam, wurde ich erstmal von meiner Mutter in den Arm genommen. ,,Lia, wir ziehen hier ein! Morgen beginnen wir mit dem Umzug", erzählte sie mir freudestrahlend. ,,OMG, Oh my fucking God, wie geil ist das denn! Ich freue mich sooooo", schrie ich los.

Runes Sicht

,,Rune, können wir reden", fragte Disse mich, als wir uns auf dem Weg zum Spiel machten. ,,Von mir aus", nörgelte ich. Den ganzen Tag verbrachte ich allein und dachte nach. ,,Was gibt's denn?", fragte ich ihn nochmal, als wir alle im Bus saßen. ,,Es geht um Lia", begann er. ,,Dachte ich mir, hast du was von ihr gehört?". ,,Ihr geht es gut und es ist auch nichts zwischen ihr und Niclas vorgefallen. Die Beiden werden heute zusammen unser Spiel anschauen", erzählte er. ,,Aber ein Aber ist bei der Sache doch auch noch dabei, oder?", überlegte ich, er nickte. Erwartungsvoll schaute ich ihn an, und die folgenden Worte trafen mich hart. ,,Lia kotzt das an, sie hat keinen Bock mehr auf deine Vorsichtigkeit und will vielleicht wegziehen und mit dir Schluss machen". Danach war es still. Ein paar weitere aus der Mannschaft, die ebenfalls unser Gespräch verfolgten, waren sprachlos. ,,Lia will... Schluss... machen?", wiederholte ich. ,,Vielleicht, es kommt auf dich an". Ich war perplex, das hätte ich nicht gedacht. Ich wollte doch nur das Beste für sie. ,,Rune, du musst was unternehmen, wenn du jetzt nichts tust, hast du höchstwahrscheinlich bei ihr verkackt", machte Steffen mir klar. Das sah ich ein, doch was sollte ich nur tun?

Viel Zeit zum Überlegen hatte ich nicht, da wir kurz darauf an der Halle ankamen. Wir gingen rein und zogen uns um, danach begann das Aufwärmen. Am Anfang waren meine Gedanken nur bei Lia, doch nach und nach konzentrierte ich mich wieder voll und ganz auf den Handball.

Lias Sicht

Es war jetzt kurz nach halb fünf. Um fünf sollte ich bei Niclas sein. ,,Mama, könntest du mich vielleicht zu Niclas bringen, wir wollten das Champions League Spiel gemeinsam anschauen", bat ich meine Mutter mit einer Höflichkeit, das glaubst du gar nicht. Eigentlich konnte sie nicht nein sagen. ,,Na schön, aber nur diesmal". ,,Daaaaaaaaaanke", freute ich mich. Ich war heute eh glücklich. Der Stress vom Morgen war vergessen. Ich gab die Adresse ins Navi ein und um kurz vor fünf war ich dann da.

,,Hej Niclas, hur mår du?", fragte ich, als er die Tür öffnete. Er brachte mir gestern ein paar schwedische Basicsätze bei, sodass ich heute schon den ersten anwenden konnte. ,,Jag mår bra, och du?". So, und was bedeutete jetzt seine Antwort? ,,Äh, äh, was willst du von mir wissen?", fragte ich noch einmal nach. ,,Ich habe gesagt, dass es mir gut geht und dich gefragt, wie es dir geht", erklärte er mir. ,,Oh". ,,Das üben wir noch ein bisschen und dann klappt das schon. Und, wie geht es dir, jetzt mal auf Deutsch, das verstehst du hoffentlich". Ich musste lachen und meinte dann: ,,Ja machen wirs so und ja, mir geht es auch gut". ,,Bra!". ,,Was?"



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