Tot am Leben - 87

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Wie ein Tier lief ich hin und her. Auf und ab. Auf und ab. Schreie, Krachen, und das Geräusch von Waffen drang selbst in mein Menschenohr und spielte mir ein Todeslied.  Auf und ab. Tauriel war tot, die einzige Person aus meiner Familie, welche auch hier verweilte, war tot. Auf und ab. Und wer wusste schon, wie es meiner Mutter ging. Vielleicht war sie ja auch  tot. Ich hatte das starke Bedürfnis etwas zu zerstören und griff nach der teuren Vase. Auf und ab.  Mit zitternden Gliedern wog ich es in der Hand ab und besann mich eines besseren. Ganz ruhig. Jetzt bloß nicht ausrasten.  Man hatte mich in diesem Raum eingeschlossen, damit ich nicht erneut in die Seestadt rannte. Wenn er jetzt auch noch nicht zurückkommen würde ... Auf und ab.

Legolas
Verwirrt sah ich mich um. Ich war mir sicher, dass sie hier gelegen hatte.
"Tauriel?!", rief ich. Doch anstatt ihren Widerhall zu hören, vernahm ich die wutentbrannte Stimme meines Vaters, der jemanden anzuschreien schien. Die arme Seele tat mir jetzt schon leid, doch je näher ich dem Geschehen kam, desto schneller wurde mir klar, dass der Waldlandkönig nicht irgendwen anschrie, sondern eine schlanke, rothaarige Gestalt mit Bogen in der Hand, den sie auf ... ihn richtete. Erneut in dieser Stunde traute ich meinen Augen nicht. Wieso erhob Tauriel ihren Bogen gegen ihn?
"Was ist hier los?", wollte ich erschöpft wissen. Mir saß der Tag schon jetzt tief in den Knochen.
"Legolas Tauriel wird gehen. Weit weg. Geleitest du sie bitte aus meinem Reich? Ich kann Rebellen nicht dulden."
Erschrocken glitt mein Blick von meinem Vater zu ihr, doch sie erwiderte ihn nicht. Sie blieb verbissen.
"Tauriel, was ist passiert?" Eindringlich sah ich sie an, doch wie ein kleines Kind verweigerte sie meine Worte. "Wenn Tauriel gehen muss, werde auch ich gehen." Ich schweifte zu meinem Vater und kämpfte mit ihm. Seelisch. Er brauchte mich und ich ihn, doch die Waldelbin bedeutete mir ebenfalls die Welt. Ich wollte ohne keinen der beiden mehr sein.
Unerwartet fauchte mich nun auch Tauriel an. "Du hasst die Zwerge doch genauso wie er. Du würdest nichts zu ihrem Wohl unternehmen. Dich interessiert nur dieses Reich und seit neustem meine Schwester, was ist dir schon der Schicksalsberg wert?" Und mit diesen Worte verschwand sie in den kalten Trümmern, mit einem Bogen, der genauso gespalten wie ihre Seele war.

"Komm mit mir Sohn, wir müssen zurück. Wir haben unsere Aufgabe hier erledigt."
"Vater, die Menschen sind am Ende. Wir müssen ihnen helfen!", versuchte ich ihn von seiner Wut weg zu bringen, doch sein Blick blieb hart.
"Nein. Ihr Bürgermeister ist tot und insbesondere wir sollten und wappnen. Die Zwerge werden diese Gelegenheit nutzen und angreifen."
Ich hatte Mühe mit ihm Schritt zu halten. "Wieso sollten sie? Sie haben ihren Berg zurück und der Drache ist tot!"
"Das verstehst du nicht. Tu was ich dir sage, dann machst du das Richtige."
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. "Ist das dein Ernst? Was ist nur mit dir los?!" Meine Stimme war angeschwollen, sodass einige Menschen begannen interessiert die Hälse zu recken.
Doch Thranduil ignorierte sie alle und verschwand mit wehendem Mantel mit seinen goldenen Beschützern den Platz.
Wenn er sich jetzt schon so aufregt, was würde bloß passieren, wenn wirklich ein Krieg ausbrechen würde?
Daran wollte Ich gar nicht denken, zum Wohl von Tauriel doch besonders Faen zuliebe. Sie hatte es nicht verdient zuerst das Grauen kennenzulernen. Sie hatte so viel mehr verdient. Viel mehr Gutes.
Doch just in diesem Moment konnte ich ihr dies nicht geben, denn ich musste Tauriel finden und zur Besinnung bringen. Bei meinem Vater versuchte ich es gar nicht erst. Er verschloss sich bereits wieder hinter seinen Mauern und ignorierte die Fenster, die ihm hinter seiner Traumwelt die Wahrheit zeigten.

Faen
Wieso kam er nicht zurück? Was machte Leolas so lange. Ich hatte Wachen die Tore aufschließen, und Thranduil nach Wein schreien hören, aber von Legolas fehlte akustisch jede Spur.
"Faen!" Jemand hatte krachend meine Tür aufgestoßen und stand nun atemlos vor mir.
"Lenuia! Was machst du hier?" Ich war ehrlich erstaunt sie zu sehen, denn in den letzten Tagen hatte ich trauriger weise nie an sie gedacht.
"Der Bürgermeister ist geflohen." Sie japste nach Luft,  was für eine Elbin selten war.
Doch nun wurden meine Augen mindestens so groß wie ihre, und ich suchte mit den Augen den Horizont hinter meinem Fenster ab. "Was wird jetzt passieren? Was ist mit den Zwergen?" Kili kam mir in den Sinn, deren Freundschaft und Leben mir sehr wichtig geworden war, in den wenigen Tagen, in denen wir uns kennenlernten.
"Sie haben den Berg angenommen, kaum dass der Drache fiel. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen." Das glaubte ich ihr sofort.
"Und was ist nun mit der Stadt? Sie haben keinen Anführer, der ihnen jetzt den Weg weist!"
"Oh doch, der Seemann den wir neulich trafen, hat sich den Menschen angenommen." In ihren Augen spiegelte sich eine Mischung aus Misstrauen und Erleichterung, welche ich nicht ganz nachvollziehen konnte.

"Wieso erzählst du mir das, Lenuia?" Sie konnte nicht die ganzen Treppen hochgerannt sein, nur um mir zu sagen, dass der fette, unfreundliche Bürgermeister sich wie ein Feigling aus dem staub gemacht hatte, und Bard nun die Stadt am leben hielt.

"Da gibt es so ein kleines Problem ... Man kann Legolas nirgendwo finden und das gibt dem Heer zudenken. Thranduil hat vor den Berg anzugreifen, wenn die Zwerge ihm von dem Schatz nicht geben, was er will, und manche munkeln, dass die Zwerge Legolas totgeschlagen haben."

"Was?!" Ich konnte dem nicht glauben. "Erstens, würden sie so etwas niemals tun und zweitens, wie sollten sie das bewerkstelligen? Legolas ist der beste Kämpfer, den ich kenne." Ich dachte an Kili und war mir sicher, er würde ihm niemals etwas tun. Schon mir zuliebe nicht. Zumindest glaubte ich das und fragte mich damit zum ersten Mal, wie gut ich den Zwerg eigentlich kannte und ob ich ihm ein Leben anvertrauen konnte.

Lenuia jedoch riss mich aus meinen Gedanken. "Thranduil wird angreifen. Faen, er ist blind vor Wut! Legolas hat sich seinem Befehl widersetzt, und das kann er nicht akzeptieren!"

"Was heißt das?", wollte ich mit zitternder Stimme wissen.

"Entweder wird Legolas sterben, oder es muss ins Exil."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 18, 2017 ⏰

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Le Melin - LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt