14 Menschenjahre zuvor ~ 14.06.
"Wer ist gekommen? ", fragte ich interessiert.
"Niemand Sanwe. Geht spielen und lass uns kurz alleine." Meine Mutter schob mich sanft Richtung Tür.
"Das ist gelogen. Ich hab Vaters Worte voll verstanden. Bitte, lass mich nicht im unwissen!" Seufzend kniete sich meine Mutter vor mir nieder und nahm mein Gesicht in ihre Hände. So vorsichtig, als hätte sie Angst mich zu zerbrechen.
"Wir bekommen Besuch. Ein Mädchen wird ab heute bei uns wohnen. Sie heißt Mialoa und glaub mir; sie ist ganz lieb. Drum bitte ich dich genauso lieb zu sein. Ja?"
"Aber wieso wohnt sie bei uns!? Hat sie kein eigenes zu Hause?" Natürlich würde ich dem Mädchen freundlich gestimmt sein, doch ich verstand die Gründe nicht.
"Nein, jetzt nicht mehr. Aber frag sie doch selbst, ich muss mich jetzt um sie kümmern. Hab Geduld." Nun war meine Neugierde endgültig geweckt. Doch ich musste noch warten. Bis des Morgens-Graue erwachte ...
14 Menschenjahre zuvor ~ am Morgen des 15.06.
Ich schlich die kalten Holzstufen unseres Hauses hinab. Die Vögel begannen bereits ihr morgendliches Lied zu singen, doch Sonne und Himmel schliefen noch. Ob das Mädchen wohl schon wach war? Knarrend öffnete sich die Tür zu ihrem Zimmer. Ihre orangenen Haare standen ihr zerzaust vom Kopf ab, wodurch man die spitzen Ohren noch besser erkennen konnte. Sie erinnerte mich an die ihr gegenüberstehende, aufgehende Sonne. Ab jetzt würde es ganz schnell gehen. Schon oft hatte ich den Sonnenaufgang betrachtet, doch heute galt meine Aufmerksamkeit nur diesem kleinen Geschöpf auf dem riesigen Bett. Sie schien mir verglichen so zart wie eine Blume zu sein, die verzweifelt nach Helligkeit Ausschau hielt. Noch immer bemerkte sie mich nicht.
"Bist du Mialoa?" Mit einem kleinen Schreckensschrei drehte sie sich zu mir um was ihre kleinen Locken tanzen ließ.
"Ja ... und wer bist du?" Ihre Stimme klang weinerlich, als hätte sie die ganze Nacht Tränen vergossen.
"Sanwe."
"Hallo Sanwe. Wie kann ich dir helfen? " Schnell wischte sie sich über das Gesicht und strich ihr zerknittertes Kleid glatt. Als sie sich erhob fiel mir erst der Größenunterschied auf. Ich war mindestens einen Kopf größer als sie, trotz der hohen Haare. Kurz überlegte ich. Vielleicht war sie 2 Menschenjahre alt. Oder auch schon 3? Auf jeden Fall war sie klein.
"Warum weinst du?" Mit schief gelegten Kopf betrachtete ich sie von oben bis unten.
"Ich weine nicht!" Ihre trotzige Stimme verlieh mir das Gefühl sie beschützen zu müssen, weshalb ich sie in den Arm nahm und sie erneut bittere Tränen vergoss.
"Sie haben sie getötet! Einfach so... Einfach so... Ich hab dabei zugesehen und sie haben nicht auf meine Bitten gehört. Ich wurde in den Wald geschickt! Sie sind tot!" Ihr kleiner Oberkörper hob und senkte sich abgehackt und erneut entfuhr ihr ein lautes Schluchzen.
"Wer hat wen getötet?" Vergebens versuchte ich meine Stimme so beruhigend wie die Mutters klingen zu lassen, doch es gelang mir nicht ansatzweise so gut.
"Der König. Der König der Waldelben! Mein Bruder schlich ins Schloss und wurde erwischt bei dem Versuch die Schatzkammer auszurauben! Er war noch zu klein um zu begreifen das dies nicht erlaubt war! Wir hatten kein Geld und er wollte uns helfen! Auf dieses Vergehen folgte die Todesstrafe. Meine Eltern waren entzürnt vor Zorn und wollten sich rechen. Dann wurden sie getötet. Ist das nicht scheußlich? Oder? Oh glaub mir Sanwe, irgendwann werde ich mich an ihm rechen und ihm das gleiche Leid zuführen wie mir." Als ihre Stimme bei den letzten Worten immer tiefer und bedrohender wurde erhöhte sich mein Puls, gleichzeitig verspürte ich jedoch auch Mitleid. Mein Vater musste sie gerettet haben und nun war es an mir sie zu beschützen. Hoffentlich legte sich ihr Zorn wieder, denn ich hatte den König lieb gewonnen. Man sollte ihm nichts tun.
Ohne noch ein weiteres Wort zu wechseln kuschelten wir unter ihre Decke und schliefen so ein. Ich wollte einfach nur für sie da sein. Für immer.
DU LIEST GERADE
Le Melin - Legolas
FanfictionMeleth ist normal. Ein gewöhnliches Mädchen, und das soll sich auch nicht ändern. Noch nicht. Sie fühlt sich nicht wohl in ihrer Haut, weiß dass sie anders ist, weiß dass sie hier nicht hingehört. Legolas ist ihre Rettung. Unsterblich verliebte sie...