Trauer der Toten - 64

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Mein Messer traf. Jedoch nicht gezielt genug. die Spitze streifte Legolas Wange und schleuderte dabei den Pfeil weg. Erschrocken sah ich zu, wie das Blut aus seinem Gesicht floss. Er fasste sich verdattert an die Wunde, und sah zu dem bleichen Ork.

"Lass uns gehen." Ohne den Schnitt noch weiter zu beachten, griff er nach meiner Hand und zog mich in den sicheren Schatten des Schlosses. Ich spürte das warme Blut was nun auch an meiner Hand klebte. Legolas Blut, tropfte meinetwegen auf den kalten Marmorboden. Ich hatte ihn verletzt. Ich, die es doch am wenigsten wollte. Wegen mir musste er nun Schmerzen erdulden.

"Ich weiß was du denkst. Ohne dich wäre ich nun tot." Man konnte es auch so sehen, doch das tat ich nicht. Hätte ich besser gezielt ...

"Nun aber komm." Schmerzhaft erinnerte ich mich wieder an Lenuia. Sir starb auch wegen mir. Noch immer vermisste ich sie so schrecklich. Gab es denn niemanden, der sie mir wieder zurück geben konnte? Wahrscheinlich nicht.

"Wo willst du hin?"

"Ich sah Sanwe und Mialoa weiter abseits kämpfen. Sie brauchen Hilfe." Sofort wurden meine Gedanken wieder auf jene Freunde gelenkt, die noch am Leben waren. Des Prinzen Blutes hinterließ eine Spur hinter uns, die er genervt zu stoppen versuchte. Doch egal wie fest er seine zierliche Hand auch auf die Wunde drückte, die Elbenhaut im Gesicht ist dünn.  

Als wir die Treppen hinunter, und den Platz überquert hatten, sah auch ich die Beiden in der untergehenden Sonne kämpfen. Noch ehe die Nacht hereinbrechen würde, wäre der Krieg vorbei. Nur noch wenige Orks tummelten sich auf dem elbischen Boden und selbst jene würden den Weg in die Hölle baldig finden.

"Sanwe! Mialoa! Ve alya!" In den letzten Monden hatte ich so viel über die elbische Sprache gelernt, dass ich wusste was er sagte. Er gab ihnen Bescheid, dass wir helfen würden. Ja, dass hatte ich vor. Ich stand seelisch so tief in ihrer Schuld. Ich konnte mich nicht schon wieder drücken.

"Was wollen wir tun?", schrei ich ihm zu, als wir nur noch wenige Meter von ihnen entfernt waren.

"Es sind zwanzig Orks. Versuche einfach nicht getötet werden." Ich wusste nicht ob er einfach  nur konzentriert war, oder aber ihm die Verletzung zusetzte, denn seine Stimme klang gepresst und eine steile Falte hatte sich zwischen seinen Augen gebildet. Ich murmelte also nur eine knappe Antwort und ignorierte das mulmiege Gefühl in meiner Magengegend.

"Oh wie gut das ihr da seid!" Glücklich japste Mialoa nach Luft als Legolas das erste Ungetüm abstach.

"Natürlich! Doch dankt Faen, ohne sie wäre ich nicht hier!" So erstaunt wie ich war, riss ich die Arme nach oben und rammte einem Ork dabei mein Messer ins Genick, der sich über mich beugen wollte.

"Igitt.", schnaufte ich als ich unter ihm auf dem Boden lag. Diese Viecher stinken aber auch!

"Komm hoch!" Sanwe reichte mir seine Hand und war somit für diesen Moment schier unmöglich zu verzielen. Dies begriff auch der weiße Ork und wollte sich auf ihn stürzen. Es wäre also um ihn zu spät gewesen, wenn nicht Sema dem Widerling ins Genick gesprungen wäre und nun versuchen würde ihn einen Dolch in den Nacken zu rammen. Er war zurückgekehrt.  Schnell zog mich sein Bruder hervor und griff ebenfalls an. Doch dieser Ork war weder dumm, noch einfälltig, er verstand es zu kämpfen und riss Sanwe zu Boden, während er Sema an der Gurgel riff und von seinem Rücken zerrte.

"Euer Land wird brennen! Der Kreig hat noch nicht begonnen! Seht dies als Vorbote des Todes!" Ich sah wie er auch die zweite Hand an Semas Hals legte und zu drehen begann.

"Faen!" Ich stand als Einzige so nahe dran um ihn retten zu können, doch ich hatte Angst. So viel Angst. Ich war keine Elbin, ich war nicht furchtlos! Ich war nicht muig. So stand ich also unbeweglich da und sah zu, wie er Sema das Genick brach. Es knackte so widerwertig das ich die Augen schließen musste, und ich wünschte an seiner Stelle sterben zu können. Ich hatte sie alle enttäuscht. Ich hätte ihn RETTEN können! Doch mir war mein Leben wichtiger gewesen. Wie arrogant ich nicht war. Es war Sanwes Bruder gewesen! Nicht nur irgendwer, nein ein Familienteil von jenem der sein Leben für mich gelassen hätte. In diesem Moment hasste ich mich und in den darauffolgenden auch. Die Orks verschwanden, denn er sollte an diesem Tag ihr letztes Opfer sein, doch ich konnte den Anblick nicht ertragen. Sanwe weinte. Sanwe! Niemals hätte ich gedacht das dies möglich wäre! Er war doch immer so stark gewesen. Auch Mialoa saß am Boden und wimmerte ein Gebet. Keiner der beiden sah mich an. Nur Legolas wand sich zu mir. Seine Miene unberechenbar.

"Nur das du es weißt: Ich bin dir nicht böse. Aber ich glaube soebend hast du zwei deiner Freunde verloren. Komm mit mir, wir sammeln die Toten auf. Lass sie alleine. Wahrscheinlich wirst du die Letzte sein die sie sehen wollen." Er hatte recht. Es tat zwar weh das er so ehrlich war, aber was sollte er schon anderes sagen? Was sagte man zu einem Mörder? Einem grauenvollen Wesen? Ich hatte heute so viel schreckliches getan. Dafür würde ich büßen müssen.


Le Melin - LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt