„Komm gut nach Hause, Falrey!"
Nasilia lächelte und Ezali blickte von ihrem Keks auf. „Ja, paff auf dich auf!"
„Werd ich", versprach Falrey und blickte hinüber zu der Runde Mädchen, die Tee trinkend und Kekse knabbernd am Küchentisch sassen, während er sich die Stiefel schnürte. Er hatte sich selbst noch dazu gesetzt, nachdem er die Vordertüre abgeschlossen und die Lampen gelöscht hatte, und festgestellt, dass Muymas Kekse tatsächlich so göttlich waren, wie alle behaupteten. Während er möglichst unauffällig einen nach dem anderen davon verdrückt hatte, hatte er dem Getratsche der Mädchen zugehört, wie sie absolut schamlos über ihre Freier, ehemalige Kolleginnen und andere Bordelle herzogen, allgemein über jeden, der nicht gerade anwesend war.
In den vergangenen Wochen hatte er sie besser kennengelernt, nicht nur ihre Allianzen und Rivalitäten bei der Arbeit, sondern vor allem die Personen, die sie eigentlich waren, wenn sie nicht alles darauf ausrichteten zu gefallen, und festgestellt, dass sie nichts zu tun hatten mit den oberflächlichen, nur aufs Geld fixierten Wesen, für die er sie anfangs gehalten hatte. Die Seite, die sie den Männern präsentierten, wenn sie um ihre Gunst warben, diese Mischung aus Selbstbewusstsein und Unterwürfigkeit, die ihren Berufsstand charakterisierte und so anziehend machte, mochte ein Teil von ihnen sein, schon immer gewesen, oder mit den Jahren der Arbeit geworden, aber sie waren viel mehr als das. Sie hatten Gedanken, Interessen, Träume, Facetten von denen nichts zu ahnen war, wenn man sie nur sah, wie sie herausgeputzt und mit lasziven roten Lippen die Freier umwarben, zwar jede ihre Besonderheit herausstreichend, aber doch alle reduziert auf ihre Funktion, einem Mann zu gefallen.
Falrey vermutete, dass sie sich bewusst verbargen, hinter der Farbe und dem in sämtlichen Bewegungen auf Verführung ausgelegten Verhalten, das bei längerer Betrachtung nichts anderes war, als ein einstudierter, berechnender, immer wieder neu choreographierter Tanz. Weil sie Huren sein mochten, aber nicht nur. Weil diese anderen Teile, das, was sie wirklich ausmachte, die Männer, die nur für Sex bezahlten, nichts anging, weil es ihnen gehörte und sie es niemandem darboten. Sie mochten ihre Körper verkaufen. Aber nicht ihre Identität.
Und die Freier auf der anderen Seite wollten keinen Charakter, sondern einen Körper, um ihre Bedürfnisse daran zu stillen, und genau das war es, was sie bekamen, nicht mehr, nicht weniger. Es war ein Geschäft zwischen zwei Menschen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben wollten, aber beide einen Nutzen aus der Begegnung zogen, und Prostituierte zu sein war nur ein Beruf, kein Merkmal oder Wesenszug. Sie waren Frauen wie jede anständige Handwerkersgattin, jede Bäuerin, jede Heilerin auch.
Sie wiederum hatten sich an ihn gewöhnt, die meisten konnten sich mittlerweile sogar seinen Namen merken und begrüssten ihn damit, wenn er Abends zur Arbeit erschien, oder verabschiedeten ihn wie jetzt mit einem Winken. Es war nicht Freundschaft, aber sie mochten ihn, und wenn er sich nach Feierabend zu ihnen setzte, war er unausgesprochen Teil der Runde, ohne dass irgendjemand Anstoss genommen hätte, dass er männlich war, oder deswegen befangen gewesen wäre, sein Geschlecht schien für sie überhaupt keine Rolle zu spielen. Zuerst hatte er einfach angenommen, dass sie ihn als Kind betrachteten, wie eine Menge anderer Leute auch, aber nach einigen Wochen war ihm aufgegangen, dass sie vermutlich davon ausgingen, er wäre schwul. Schliesslich war das Jaz Worten zufolge praktisch eine Voraussetzung für den Job. Er hatte beinahe gelacht, als es ihm klar geworden war, und sich dann unwillkürlich gefragt, ob Jaz nicht genau das womöglich Jelerik erzählt hatte. Die Lüge sähe ihm ähnlich. So oder so hatte er nicht vor, irgendjemanden über den Irrtum aufzuklären, schliesslich spielte es keine Rolle, ausser dass sie sonst noch anfingen, sich ihm gegenüber merkwürdig zu verhalten, und er hatte auch ohne das genügend Probleme.
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Niramun II - Mörder und Bastard
FantasyFalrey hat das Vertrauen in Jaz verloren. Mit dem Job als Aufpasser im Liliths kann er sich über Wasser halten und auch wenn er keine Freunde mehr hat in Niramun, so zumindest auch keine Feinde. Aber am Ende sind weder unruhestiftende Freier noch di...