Kapitel 14 - Masochisten und andere Verrückte

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Jaz hielt sein Versprechen und der Tritt war diesmal so gut gezielt, dass Falrey beinahe würgte. Ohne nachzudenken packte er Jaz Stiefel und riss daran, aber er spürte sofort, dass es nicht reichte, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Jaz begann heftig den Fuss zu schütteln, um ihn loszuwerden, und trat ihn damit erneut, diesmal in die Brust und nur haarscharf am Kinn vorbei, aber Falrey liess nicht locker, sondern versuchte den oberen Rand des Stiefelschaftes zu fassen, um besseren Griff zu haben. Seine Finger schlossen sich um etwas anderes und ohne zu zögern packte er zu und zog es in einer ausholenden Bewegung.

Binnen eines Augenblickes hatte Jaz sich losgerissen und war zurückgesprungen, ausserhalb seiner Reichweite, den Dolch gezogen und die Zähne gebleckt wie ein Raubtier. Falrey kauerte auf seiner Matratze, Jaz Stiefelmesser in der Hand, und konnte nicht anders als Grinsen. Überrascht!

Einige Herzschläge lang starrten sie sich gegenseitig an, beide gespannt wie Federblätter, dann richtete Falrey sich auf und hielt Jaz das Messer hin.

Jaz Narbe zuckte. „Nicht schlecht", meinte er. „Etwas langsam."

Er steckte den Dolch weg und trat auf ihn zu, um das Messer entgegen zu nehmen, und Falrey widerstand der Versuchung, die Hand zurückzuziehen, um ihn ins Leere greifen lassen. Das Ding war scharf und er wollte es nicht plötzlich im Unterarm stecken haben.

Jaz nahm es und betrachtete es einen Moment lang, bevor er, ohne Falrey anzusehen, meinte: „Ich wart oben. Mach vorwärts", und den Raum verliess.

Falrey schnürte die Stiefel und warf sich die Tunika über, dann lief er in die Küche hinunter und hielt Ausschau nach etwas Essbarem. Er fand den üblichen kalten Eintopf und einige Scheiben Brot, die seinen Magen einigermassen zufrieden stellen, trank einige Schlucke Wasser und kletterte dann Jaz hinterher auf das Dach. Es war heller dort oben, als er sich erinnert hatte, und bedeutend wärmer als im Haus. Jaz wartete bereits auf ihn und Falrey fing den Holzdolch auf, den er ihm zuwarf, bevor er ihm gegenüber Aufstellung einnahm.

„Mal sehen, was du schon alles vergessen hast", meinte Jaz spöttisch und ohne Vorwarnung griff er an. Er war schnell und Falrey blieb kaum Zeit auszuweichen, als die Klinge an seinem Hals vorbeizischte. Er versuchte nach Jaz Handgelenk zu greifen, aber noch bevor er die Hände hoch genug brachte, hatte Jaz die Richtung gewechselt und die Spitze der Waffe bohrte sich in Falreys Halsansatz.

„Autsch!" Er stolperte und drückte eine Hand auf die Stelle, denn es tat wirklich weh.

Jaz wartete zwei Atemzüge lang, bevor er erneut angriff und ihn genauso unvorbereitet erwischte. Verdammt. Hatte er es tatsächlich dermassen verlernt in den zwei Monaten? Das konnte doch nicht sein.

Er steckte noch einige Male ein, bis ihm klar wurde, dass es nicht nur daran lag – auch, vermutlich, aber nicht nur. Er war nicht bei der Sache, zu gelassen, zu sehr darauf eingestellt, einfach Schläge einzustecken und es hinter sich zu bringen, weil es nicht ernst galt. Du benimmst dich wie ein Sandsack. Damit kommst du überhaupt nirgends hin. Das hier war ein Kampf. Wenn er Jaz treffen wollte, musste er es auch versuchen, nicht nur darauf warten, getroffen zu werden.

Er wich einem Schnitt aus und stach zu. Jaz schien darauf gewartete zu haben, drehte sich aus der Linie und bekam sein Handgelenk zu fassen, verdrehte es mit einem Ruck und drückte Falrey seine Klinge an die Kehle. Einen Moment lang verharrten sie so, dann liess er ihn los und diesmal griff Falrey an. Er stach nach Jaz gehobenen Unterarmen, entging seinem Griff und zielte mit einem Tritt nach seinen Knien, Jaz zog sein Bein mit einer Drehung aus der Linie und zielte auf sein Schlüsselbein, Falrey duckte sich zur Seite weg und streckte sich vor, um mit der klinge Jaz Rippen zu erreichen, aber er verfehlte knapp, Jaz machte einen Schritt rückwärts auf ihn zu und stiess ihm den Ellbogen ins Gesicht. Falrey taumelte und versuchte von Jaz weg zu kommen und nach ihm zu stechen, aber Jaz bekam sein Handgelenk zu fassen, drehte ihm mit einem Heben den Dolch aus den Fingern und rammte ihm seinen eigenen samt Faust in den Magen.

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt