Er erwachte mit der Gewissheit, dass er aufspringen musste, rennen, weg, sofort, egal wohin, egal, wie stechend der Schmerz in seinem Schädel war.
Als er sich auf den Bauch drehen wollte, stellte er fest, dass er seine Arme nicht bewegen konnte. Einen Augenblick lang schoss blanke Panik sein Rückgrat hoch, die Angst vor beschädigten Nerven, davor, nie wieder etwas greifen zu können, dann kippte die Welt und er begriff, dass er nicht mehr am Boden lag. Die Reorientierung liess ihm übel wurde und als er die Augen öffnete, wurde es nicht besser, denn alles drehte sich.
Er sass auf einem Stuhl, in einem kleinen, kahlen Raum, erhellt von einer einzelnen Öllampe neben der Tür. Sass deshalb, weil sein Oberkörper an der Stuhllehne festgebunden war, die Arme fest an die Seite gepresst, die Fussgelenke an die Stuhlbeine gefesselt. Ihm tat alles weh, aber die Angst, die in ihm aufstieg, war stärker als der Schmerz. Er wusste nicht, wo er war, doch eigentlich brauchte er nur eins und eins zusammenzuzählen. Diejenigen, die ihm aufgelauert hatten, hatten ihn eingesperrt und festgebunden. Er konnte nicht mehr weglaufen, konnte gar nichts tun, war ihnen ausgeliefert. Das, wovor Jaz ihn von Anfang an gewarnt hatte, ihm eingebläut, dass es nie passieren durfte, war eingetreten. Er hatte versagt. Hatte nicht bis zum Ende gekämpft, sondern war bewusstlos geworden. Deshalb hatten sie ihn jetzt in ihrer Gewalt.
Deshalb und weil Poss ihn verraten hatte. Sein Gesicht flackerte vor Falreys innerem Auge auf, mit seinem heuchlerischen Es tut mir leid auf den Lippen, und Wut schoss seine Kehle hoch, doch sie versickerte, verblasste angesichts der Angst, die ihn umklammert hielt. Sie hatten ihn. Er brauchte nicht nachzudenken, um zu wissen, dass sie ihn nicht laufen lassen würden, dass sie ihn nicht hergebracht hatten, nur um ihn einzuschüchtern. Dazu war ihr Krieg gegen Jaz bereits zu weit gegangen.
Sie würden ihn umbringen. Reflexartig riss er an den Fesseln, aber er konnte seine Hände keinen Fingerbreit bewegen, dazu sassen die Stricke zu satt. Selbst wenn er es gekonnt hätte, hätte er sich nicht befreien können, geschweige denn aus diesem Raum, diesem Haus entkommen. Wahrscheinlich gehörte es Wirjad, ziemlich sicher waren da Wachen. Er hatte keine Chance. Er würde sterben, hier in diesem fensterlosen Zimmer, ohne jemals wieder den Himmel zu sehen, frische Luft zu atmen, Wind zu spüren.
Die Erkenntnis gab seinem Magen den Rest, würgend krümmte er sich zusammen und übergab sich. Er rang nach Luft, die Augen zusammengekniffen gegen den stechenden Schmerz hinter seiner Stirn, der mit der Bewegung wieder aufgeflammt war und quälend langsam verebbte. Toll, bemerkte eine spöttische Stimme durch den pulsierenden Schleier in seinem Kopf. Jetzt krepierst du einfach mit Erbrochenem auf den Knien.
Vielleicht hätte er aufgelacht, hätte es nicht so wehgetan. Als würde es eine Rolle spielen. Also würde irgendetwas jetzt noch eine Rolle spielen.
Mit geschlossenen Augen kämpfte er gegen die Übelkeit an und allmählich schwand der Druck auf seiner Brust, sein Atem wurde ruhiger, seine Gedanken klarer. Du wirst sterben. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich etwas anderes vorzumachen. Er kam hier nicht lebend raus. Das wars. Das Ende. Die Gewissheit sickerte mit jedem Herzschlag tiefer in seine Gliedmassen, seine Knochen, wie Herbstregen, der irgendwann auch den dichtesten Mantel durchdrang. Kalt, aber auch ruhig. Und leise, mit einem traurigen Lächeln auf den namenlosen Lippen, fragte eine Stimme: Aber ist das wirklich so schlimm?
Er wusste, dass es Dinge gab, die er vermissen würde, von denen er bereute, sie nicht noch einmal gesehen zu haben. Den Himmel. Wolken. Fliessendes Wasser. Das Gefühl von Wind in den Haaren und Regen auf der Haut. Das Licht unter dem Blätterdach des Waldes. Marvels Lachen. Mit einem bitteren Stich wurde ihm bewusst, dass er das meiste davon ohnehin längst verloren hatte. Dass alles, was wirklich gut war, so lange zurücklag, dass es bereits verschwamm, nur noch eine blasse, traurige Erinnerung war. Aber so etwas wie fröhliche Erinnerungen gab es ohnehin nicht. Entweder waren sie schmerzhaft, weil sie zeigten, dass es schon damals nicht gut gewesen war, dass nie Hoffnung bestanden hatte, oder sie taten weh, weil es gut gewesen war und nie wieder so sein würde.
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Niramun II - Mörder und Bastard
FantasyFalrey hat das Vertrauen in Jaz verloren. Mit dem Job als Aufpasser im Liliths kann er sich über Wasser halten und auch wenn er keine Freunde mehr hat in Niramun, so zumindest auch keine Feinde. Aber am Ende sind weder unruhestiftende Freier noch di...