Kapitel 7 - Brennender Zorn

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Sein Krug kippte um und das Bier ergoss sich über den Tresen, als er herumfuhr und auf Valeg losging. Der erste Schlag traf so mitten ins Gesicht, dass der Blonde taumelte, und nur deshalb verfehlte der zweite. Falrey rammte ihm die Faust in den Magen und Valeg stolperte weiter rückwärts, aber Falrey setzte mit dem Fuss nach, brachte die Distanz hinter sich und schlug ihm erneut ins Gesicht, bevor er sein Bein hinter ihn brachte und ihn zu Boden warf.

Valeg fiel hart, er stürzte sich auf ihn und schlug zu. Alles in ihm war erfüllt von einem einzigen, brennenden Wunsch. Diesem Arschloch wehzutun! Sehr weh. Nie! Wieder! Du nennst mich nie! wieder! Bastard! Er spürte wie das Nasenbein nachgab unter seinen Knöcheln, aber es entsetzte ihn nicht. Er packte die blonden Haare mit der linken, krallte seine Finger darin fest, holte mit der rechten aus und schlug zu, nochmal, nochmal, und nochmal, den Blick fixiert auf das Ziel, alles andere dunkel und still, bis auf das Singen in seinen Ohren.

Dann wurde ihm bewusst, dass Valeg sich nicht wehrte, und in der winzigen Pause, die dieser Gedanke schuf, schlich sich ein Abstand zwischen ihn und den Zorn. Hör auf. Er schlug ein weiteres Mal zu, aber schwächer diesmal. Die Zähne zusammengebissen kniete er da, der Atem ging zischend durch seine Nasenflügel. Er war so wütend, so verdammt wütend. Warum konnte einen ein einzelnes Wort so verdammt wütend machen? Er ist nicht schuld daran. Sie sind es. Er ist nur ein Idiot, sagte er sich. Zu sehr Idiot als dass er es nicht verdient hätte. Aber es reicht. Lass ihn los.

Langsam zog er seine Finger aus Valegs Haaren und stand auf. Erst jetzt bemerkte er die Leute, die um sie herumstanden und ihn anstarrten und in seine Wut mischte sich das Gefühl, in die Defensive gedrängt zu sein. Wieso sahen sie ihn so an? Er hatte ihm doch nur eine reingehauen, und der Kerl war ein Idiot, was war daran so falsch? Das machten andere doch auch so. Wieso war es bei ihm falsch und bei den anderen nicht?

Falrey, du hast ihm bedeutend mehr als nur eine reingehauen. Sein Blick flackerte zurück zu Valeg, der sich am Boden krümmte und er unterdrückte den Drang zuzutreten. Ein Teil von ihm erwartete, dass er aufstand und sich auf ihn stürzte, um es ihm heimzuzahlen, doch Valeg wälzte sich nur zur Seite, würgte und spuckte klumpiges Blut, sein Schultern zuckten und ein Wimmern drang aus dem dunklen Spalt zwischen seinen aufgeplatzten Lippen. Seine Haare und sein Kragen waren voller Blut, er hatte die Hände vors Gesicht gehoben, aber irgendetwas an dem, was man zwischen den Fingern hindurch sah, wirkte schief. Falrey erinnerte sich an das Gefühl brechender Knochen und ihm wurde klar, dass da mehr kaputt war, als nur die Nase. Übelkeit stieg in ihm auf. Er dachte an den Maikäfer, irreparabel kaputt auf eine Weise, dass er den Gedanken daran nicht ertrug, und noch bevor das Schuldgefühl ihn wirklich erreichte, löste sein Instinkt denselben Reflex aus wie damals. Bring es zu Ende. Dann brauchst du nicht mehr darüber nachzudenken. Bring ihn einfach um.

Er brauchte einen Moment, bis er begriff, was er da dachte, und als er es tat, wischte die Erkenntnis auf einen Schlag alles weg, was von seinem Zorn noch geblieben war. Entsetzt trat er einen Schritt zurück. Er spürte die Blicke der anderen, schockiert, anklagend, und diese Anklage frass sich in seinen Kopf, durch den Hals in die Brust und nahm ihm die Luft zum Atmen. Er drehte sich um und rannte.

Auf dem Weg nach draussen rempelte er ein Dutzend Leute an und leerte bestimmt halb so viele Bierkrüge um, aber er hielt nicht inne, dann stolperte er aus der Tür und lief einfach weiter, lief und lief, bis er irgendwo an eine Wand kippte und würgte. Er liess sich zu Boden rutschen und schlug sich die Knöchel gegen die Stirn. Scheisse. Scheisse, was hast du getan?!

Er wusste, was er getan hatte. Blut klebte an seinen Fäusten, und es war nicht sein eigenes, auch wenn ihm sämtliche Knöchel schmerzten. Scheisse, er war doch nur ein Idiot. Du schlägst jemanden nicht, nur weil er ein Idiot ist. Und selbst wenn. Du wolltest ihn umbringen.

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt