Kapitel 61 - Unter Freunden

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Es war ein heisser Tag, Falrey war klatschnass vor Schweiss unter der Weste – er hatte nach den ersten paar Arbeitstagen festgestellt, dass die Tunika an den Schultern beinahe durchgescheuert wurde, das Leder war da wesentlich robuster – und seine Haare klebten ihm an der Stirn. Den anderen erging es nicht viel besser. In der Mittagspause, die sie diesmal erst um Al hatten – die Gruppen machten gestaffelt Pause, denn der Ofen musste schliesslich immer versorgt werden – sassen sie alle nur erschlagen in den Fleckchen Schatten, die sie finden konnten, und mampften ihren Proviant.

Als er am Abend seinen Lohn im Empfang nahm, fühlte sich Falrey trotzdem besser, als er befürchtet hatte. Er ass unterwegs etwas und ging zu Nemi, schrubbte sich in einem schon ziemlich abgekühlten Badezuber den Staub von den Gliedmassen und las ihr ein Kapitel aus dem neuen Buch vor. Es war das letzte, das er noch im Regal hatte und relativ dünn, er würde zusehen müssen, dass er bald ein neues auftrieb.

Danach kehrte er nach Hause zurück. Emila war nicht da, deshalb suchte er sich selbst etwas zu essen, bevor er nach oben stieg, um sich umzuziehen. Zu seiner Überraschung traf er dort auf Jaz. Er lag wach in seinem Bett, doch sein Blick wanderte nur kurz zu Falrey, als er eintrat, bevor er sich wieder an die Decke heftete.

Falrey löste den Gürtel und zog sich die Weste über den Kopf. „Ich gehe heute in den Hopfentopf. Kommst du mit?"

Jaz gab keine Antwort, was Falrey dazu veranlasste nachzuhaken. „Hm?"

„Nein", sagte Jaz heiser.

Falrey streifte sich die Tunika über. „Wieso nicht? Hast du zu tun?"

Wieder schwieg Jaz und Falrey interpretierte es als ein Nein. „Verkatert?", fragte er grinsend.

„Halt die Klappe", knurrte Jaz.

Falrey blickte zu ihm hinüber. „Und was soll ich ihnen sagen, wenn sie wieder fragen, wo du bleibst?"

Jaz gab keine Antwort.

„Komm schon. Ich habe keine Lust, mir irgendwelche Geschichten auszudenken. Wenn du keinen Bock mehr auf sie hast, sag es ihnen wenigstens selber."

Nun wandte Jaz ihm den Blick zu. „Lass mich einfach in Ruhe, verdammt!"

Falrey zog die Weste an und schnallte den Gürtel wieder darüber fest. Dann trat er zu Jaz ans Bett. „Jaz, ich meine es ernst. Du warst seit über einem Monat nicht mehr da. Die Jungs vermissen dich. Was ist los?"

Jaz starrte ihn an. „Verpiss dich", zischte er rauh.

Falrey war klar, dass er mit dem Feuer spielte, aber er wollte nicht einfach klein bei geben. Jaz verhielt sich wie ein Geist. Er zog sich von allem zurück, was nicht mit seiner Arbeit zu tun hatte, und ganz offensichtlich tat es ihm nicht gut, so wenig, wie er noch nüchtern, so dünn, wie er geworden war. Es wurde Zeit, dass er wenigstens wieder einmal in Gesellschaft von Leuten kam, die ihn nicht umbringen wollten. „Was willst du denn stattdessen tun?", fragte er. „Die ganze Nacht hier liegen und die Decke anstarren? Oder abhauen und dich irgendwo alleine betrinken?"

Jaz sagte nichts.

Falrey starrte ihn wütend an. „Du hast einmal zu mir gesagt, dass ich etwas tun soll, weil es mir scheisse geht, wenn ich zu viel Zeit zum Nachdenken habe. Halt dich wenigstens an deine eigenen Ratschläge, wenn du schon sonst auf niemanden hörst!"

Jaz Blick fuhr zu ihm, er fixierte ihn, die Zähne zusammengebissen. Dann wälzte er sich kommentarlos aus dem Bett und stand auf. Einen Moment lang schwankte er und Falrey fiel auf, wie blass er war, aber keiner von ihnen sagte etwas dazu.

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt