Kapitel 30 - Suratis

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Das Wasser schlug über ihm zusammen und im ersten Moment wirkte es eiskalt. Dann öffnete er die Augen und fand sich in einer anderen Welt wieder. Alles um ihn herum war blau. Er sah die Wasseroberfläche weit über sich und die Luftblasen, die zu ihr aufstiegen. Vom Grund tief unten konnte er bestenfalls Schemen ausmachen. Licht und Schatten flackerten in Mustern über seine Hände, gebrochen von den Wellen, die sein Eintauchen ausgelöst hatte.

Wasser strich durch seine Haare, als er sich drehte und um sich blickte. Einige Armlängen entfernt sah er eine Gruppe von Fischen. Dann ging ihm die Luft aus und er schwamm mit kräftigen Zügen in Richtung Oberfläche. Sein Kopf tauchte auf und er schüttelte sich die nassen Haare aus dem Gesicht, bevor er lachend zu Jaz hinauf sah.

Der krallte sich förmlich an das Geländer und schien es überhaupt nicht lustig zu finden. Er starrte ihn an, dann bückte er sich und lief zum nächsten Abgang. Falrey schwamm in Richtung der entsprechenden Kiesbank. Die Strömung war nicht wirklich stark, trotzdem musste er etwas dagegen anhalten, um nicht abgetrieben zu werden. Das Wasser fühlte sich wunderbar an. Kühl, aber nicht so kalt, dass es wehgetan hätte, sauber, leicht. Er tauchte den Kopf unter Wasser und fuhr sich durch die Haare, lachte blubbernd vor Freude und drehte sich einmal um die eigene Achse, bevor er weiter auf das Ufer zuhielt.

Erst als er den Kies mit den Händen fassen konnte, stand er auf und watete die letzten Schritte bis hinauf auf trockenen Grund. Jaz wartete auf ihn. Er trug seine Sachen, die er oben liegen gelassen hatte, schmiss sie jedoch achtlos auf den Boden und verpasste Falrey eine Ohrfeige, dass er taumelte. „Bist du wahnsinnig?!", brüllte er ihn an.

Falrey fing sich wieder und fasste sich verständnislos an die Wange. „Musst ausgerechnet du sagen."

„Ich springe nicht von einer verdammten Brücke!!", schrie Jaz und stiess ihn vor die Brust, dass er beinahe rückwärts ins Wasser gestolpert wäre. „Verdammt, du hättest absaufen können!"

Falrey hob abwehrend die Hände. „Ganz ruhig, Jaz. Ich kann schwimmen."

„Woher soll ich denn das wissen, verdammte scheisse!", brüllte Jaz ihn an. Er hatte die Fäuste geballt und schien kurz davor, auf ihn einzuschlagen. Es dauerte einige Atemzüge, bis er seine Zähne wieder auseinanderbekam. „Woher zur Hölle soll ich wissen, dass du nicht einfach mal springst im absolut bescheuerten Vertrauen, ich würde dich da schon rausfischen?"

Falrey brauchte einige Augenblicke, um darauf eine Antwort zu finden, denn ganz Unrecht hatte Jaz ja nicht. Es gab viele Situationen, in denen er sich völlig darauf verliess, dass Jaz sie schon irgendwie aus der Misere bringen würde, weil er immer aufpasste, immer gewann. Aber das hier war definitiv keine davon gewesen. „Jaz, keine Sorge. Ich würde nie in einen Fluss springen, wenn ich nicht sicher wäre, dass ich auch wieder herauskomme."

Jaz schnaubte, drehte sich um und stapfte davon.

Falrey blickte ihm einen Moment lang hinterher, dann bückte er sich kopfschüttelnd, um sich die Stiefelmesser umzuschnallen und in die Schuhe zu schlüpfen. Klar, jemanden fast vom Dach stossen konnte man alle Tage mal, aber wenn der betreffende ins Wasser sprang, war das ein Weltuntergang. Völlig logisch. Er hob das Hemd auf und drehte es richtig herum. Was hatte Jaz denn gedacht? Dass er sich umbringen wollte?

Naja, ganz so abwegig war der Gedanke nicht, nach deinem Geheule vorhin. Er zog sich das Kleidungsstück über den Kopf. Trotzdem. Er war nicht jemand, der ohne Vorwarnung einfach in den Tod sprang und das wusste Jaz. Also wieso zur Hölle hatte er sich so aufgeregt? Hatte er wirklich geglaubt, er würde einfach so einen Blödsinn machen und darauf hoffen, dass Jaz ihn rettete? Wie bescheuert musste man denn dafür sein?! Als hätte er sich darauf verlassen können, dass Jaz es wirklich tat und nicht gerade keine Lust hatte, nass zu werden, oder ihn lieber beim Ertrinken auslachte.

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt