Kapitel 20 - Träume und Hoffnungen

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Sie musterte ihn kurz, schien aber in Eile und ging nicht auf die blauen Flecken ein. „Ich kann heute doch nicht. Wir haben Besuch und naja... Tut mir leid."

„Schon in Ordnung", meinte er kopfschüttelnd. „Morgen?"

„Eher übermorgen", meinte sie.

Falrey nickte und einem plötzlichen Geistesblitz folgend sagte er: „Ich freue mich darauf."

„Ich auch", meinte sie lächelnd, dann drehte sie sich um und eilte wieder zurück in Richtung Brunnen.

Er blickte ihr kurz nach, dann drehte er sich um und kehrte zu Misty zurück. Der hatte die Kinder mittlerweile davongescheucht und grinste spitzbübisch. „Sieh einer an. Das wird ja doch noch was."

„Vielleicht", sagte Falrey verlegen und merkte, wie er rot wurde, als er an der Wand entlang hinunterrutschte. „Ich hoffe es. Also, ich meine, es wäre toll."

Mittlerweile glich er farblich wohl einer Surati. Mistys Stimme war das Lachen anzuhören. „Ist da jemand verliebt?"

„Keine Ahnung", platzte Falrey heraus. „Ich mag sie. Sie ist nett und schön und... wie definiert man verliebt?"

„Ist vermutlich für jeden etwas anders", antwortete Misty. „Wenn ich dich so ansehe..." Er musterte ihn von Kopf bis Fuss. „Du bist kein ganz hoffnungslos verblendeter Fall, aber gewisse Anzeichen sind vorhanden."

„Aha", meinte Falrey mangels einer besseren Erwiderung. Ihm lagen Fragen auf der Zunge. Ob Misty dachte, dass es funktionieren konnte. Ob er wusste, was Nemi wirklich von ihm hielt. Ob er irgendetwas falsch machte. Oder irgendetwas richtig. Aber er traute sich keine davon zu stellen, denn entweder würde Misty darauf einen Scherz machen, oder ihm eine Predigt halten, er solle sich nicht so viele Gedanken machen, aber er konnte sich nicht keine Gedanken machen, ob er wollte oder nicht. Sie waren einfach da.

Stattdessen knüpfte er an das Thema von vorhin an. „Denkst du, dass sich verschiedene Völker ähnliche Geschichten erzählen, ist mehr, weil sich die Erzählungen mit der Zeit verbreitet haben, oder ist es ein Hinweis auf eine gemeinsame Vergangenheit?"

„Über welche Geschichte denkst du nach?", fragte Misty.

„Verschiedenes", meinte Falrey. „Dieses Muster, von einem Volk auf Wanderschaft, im Krieg, das sich schliesslich niederlässt, irgendwo am Rand der Welt, und dort Frieden findet. Bei den Waldleuten ist es ähnlich."

Er sah zu Misty auf und fasste zusammen, was er Nemi am Vortag erzählt hatte. „Als hätte es irgendwann eine Zeit gegeben, in der alles durcheinander war, alle Völker heimatlos umherzogen, bevor sie ihr Land fanden."

Misty erwiderte nichts darauf, stattdessen fragte er: „Wie bist du überhaupt auf das Thema Kinder des Mondes gekommen?"

„Nemi hat etwas erwähnt gestern, und... ich hatte einen echt merkwürdigen Traum letzte Nacht."

„Was für einen Traum?", fragte Misty.

Falrey versuchte sich zu erinnern. „Da war ein Esel. Es war Nacht und wir haben auf etwas gewartet. Der Mond wurde rot und Blut tropfte herunter... aber dann waren die Tränen silbern, wie Splitter, und Menschen kamen heraus... dann noch eine Reihe ganz komisches Zeug, irgendein Magier oder so etwas und etwas mit Niramun und der Sonne und einem extrem hellen Licht... aber das war echt wirr."

Misty musterte ihn mit einem merkwürdigen Blick. „Hast du öfters solche Träume?"

„Wirre? Ja. Ständig. Wieso?"

„Manchmal sind Träume mehr als wir denken und wissen."

Als Misty nicht weiter ausführte, runzelte Falrey die Stirn. „Wie meinst du das?"

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt