Kapitel 40 - Nicht fair

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Am nächsten Abend arbeitete Falrey im Liliths. Ein Teil von ihm befürchtete, dass Sadriel ihn doch erkannt hatte – obwohl das kaum der Fall sein konnte, so kurz wie er ihn überhaupt gesehen hatte, bevor ihm das Licht ausging – und als Jelerik kurz nach dem er die Haupttüre geöffnet hatte, hereingeplatzt kam und ihn nach hinten rief, rechnete er mit dem schlimmsten, stellte aber schnell fest, dass es um etwas anderes ging. Im Korridor stand ein junger Mann mit halblangen, dunklen Haaren und hellem Hemd, die Daumen am Gürtel eingehakt. Er war grösser als Falrey und vermutlich ein, zwei Jahre älter, aber noch ziemlich schmal in den Schultern.

„Das ist Djora, mein Neffe", stellte Jelerik ihn vor, worauf der Junge Falrey knapp zunickte.

Falrey nickte zurück und wandte seinen Blick wieder Jelerik zu in Erwarung einer Erklärung.

Jelerik lieferte sie. „Ihr arbeitet heute zu zweit. Die Verantwortung liegt bei dir, er wird deinen Anweisungen folge leisten."

Falrey entging der Seitenblick nicht, den er dabei Djora zuwarf, um ihm klarzumachen, dass er besser gar nicht erst versuchen sollte, etwas anderes zu tun. Er nickte knapp und Jelerik zog seinen Geldbeutel hervor, um ihm die letzten paar Charchen Lohn auszuzahlen, bevor er sich wieder verabschiedete.

Als er gegangen war, standen sich Falrey und Djora einige Augenblicke lang schweigend gegenüber. Falrey war bewusst, dass der Junge der einzige Grund war, warum er bald arbeitslos sein würde, und er zog in Erwägung, ihn dafür kategorisch nicht zu mögen, aber obwohl Djora ihn überrage, konnte er ihn irgendwie... gar nicht ernst genug nehmen, um wütend auf ihn zu sein. Djora war schlacksig und seine Haare hingen ihm ins Gesicht, aber vor allem seine Haltung und sein leicht flackerndes Lächeln zeigten, dass er eigentlich keine Ahnung hatte, was er hier tat, und schwankte zwischen Wieso hat mir der Kleine irgendetwas zu sagen? Und Hilfe, was jetzt?

Zum ersten Mal wurde Falrey wirklich bewusst, dass Jelerik ihm den Typen nicht vorzog, weil er irgendetwas besser konnte, sondern einfach und nur, weil er sein Neffe war. Dafür konnte weder Jelerik etwas noch Djora selbst. Falrey seufzte innerlich und streckte ihm die Hand hin. „Falrey."

„Djora", stellte sich Djora unnötigerweise noch einmal vor und schüttelte sie leicht.

Falrey verkniff sich jegliche sinnlose Bemerkung wie Jelerik hat mir von dir erzählt und auch die bissigen Kommentare, die ihm auf der Zunge gelegen hätten, und nickte in Richtung Empfangsraum. „Dann machen wir uns mal an die Arbeit."

Djora folgte ihm ohne Widerspruch einzulegen.

Samalja blickte auf, als sie eintraten, und legte fragend den Kopf schief, bevor sie mit dem Fuss Ezali anstiess, die am anderen Ende des Sofas auf der Armlehne sass. Falrey ging nicht auf ihre Blicke ein, sondern lehnte sich an seinen üblichen Platz an der Wand und verschwand. Djora stellte sich mit verschränkten Armen neben ihn und Falrey nutzte die Zeit, in der er den Blick durch den Raum schweifen liess, um ihn zu beobachten. Er wirkte unsicher, aber nicht weil er Angst hatte zu versagen – ein Gefühl, das Falrey aus seinen ersten Arbeitstagen nur zu gut gekannt hätte – sondern weil er nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte. Mit den Huren zu reden traute er sich nicht, vermutlich aus Angst vor Jelerik, sich mit Falrey unterhalten wollte er nicht – er schien nicht wirklich darauf klarzukommen, dass er zwar älter aber ihm unterstellt war, und war deshalb völlig überfordert mit der Frage, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte – und ansonsten gab es schlicht nichts zu tun. Falrey hatte sich längst daran gewöhnt, dass der grösste Teil seiner Arbeitszeit darin bestand herumzustehen, sich zu langweilen und trotzdem aufmerksam zu bleiben. Djora offenbar nicht. Obwohl Falrey ihm attestieren musste, dass er sich Mühe gab, seriös zu wirken, war er ständig am herumhampeln und nervös von einem Fuss auf den anderen tippeln. Schliesslich beschloss Falrey ihn zu ignorieren und blendete ihn einfach aus.

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt