Kapitel 50 - Familie

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Er kehrte am frühen Nachmittag zurück zu Emilas Haus, obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte. Emila war gerade fertig mit dem Mittagessen und blickte auf, als er eintrat. Sie sah müde aus, wenn auch nicht halb so müde, wie Falrey sich fühlte. Mit fragendem Blick deutete sie auf den Topf mit Essen.

Falrey zögerte und versuchte eine Antwort zu finden. Er war hungrig und der Geruch nach Eintopf liess seinen Magen knurren, gleichzeitig wollte er keinen Atemzug länger hier bleiben als nötig. Eigentlich hatte er nur schnell seine Bücher für Nemi holen wollen – das, was er in der Nacht eingesteckt hatte, war zu seiner Enttäuschung nur ein Lehrbuch über Handelskunde und alles andere als interessant – und wieder verschwinden. Aber er hatte auch panische Angst davor, überhaupt hochzugehen und dort womöglich Jaz anzutreffen. Sein Blick glitt von Emila zur Treppe und zurück.

„Er ist nicht da", sagte sie ruhig.

Falrey verfluchte seine viel zu durchschaubaren Gedanken, brachte aber ein halbes Lächeln zustande und nickte zaghaft, während er näher an den Tisch trat.

Emila schöpfte ihm eine Schüssel voller Eintopf. Er spürte ihren Blick auf sich, während er ass, fühlte, wie sie mit sich rang und mehrmals Luft holte, um etwas zu sagen, und es dann doch nicht aussprach. „Es tut mir leid", sagte sie schliesslich leise.

Er hob den Kopf und erwiderte ihren Blick, der auf seiner geschwollenen Augenbraue lag. „Es ist nicht deine Schuld", antwortete er ruhig, nachdem er den Bissen heruntergeschluckt hatte.

Sie erwiderte nichts darauf, sah ihn nur weiter an, unglücklich, schuldbewusst, um Verzeihung bittend. Nicht für sich selbst, wurde ihm klar. „Er... er ist eigentlich nicht so", versuchte sie zu erklären. „Er... er hat nur eine Menge durchgemacht."

„Ich weiss", antwortete Falrey. Er konnte Jaz fast verstehen. Aber das machte es nicht besser. Es änderte nichts an der Tatsache, dass er Angst hatte. Dass er nicht riskieren konnte, dass Jaz ihn im Delirium umbrachte, weil er nicht mehr wusste, wer er war.

Er ass seinen Teller leer, stand auf und spülte ihn, dann wandte er sich zum Flur, um die Bücher zu holen.

„Falrey?"

Emilas Stimme zitterte. Er wandte sich um und begriff, dass sie fast weinte. „Ich weiss nicht mehr, was ich tun soll", sagte sie verzweifelt. „Er ist seit Tagen nur noch betrunken. Ich... ich komm einfach nicht zu ihm durch. Er sieht mich nicht einmal."

Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, ihre Schultern zitterten. Alles, was sie sonst so penibel aufrecht hielt, schien zerbrochen und sie tat Falrey furchtbar leid, auch wenn er wusste, dass er nichts tun konnte. Er erinnerte sich an Jaz Angst davor, Emila könnte ihn vergessen. Und nun vergass er sie.

Vorsichtig kehrte er zurück an den Tisch. Jeden anderen hätte er in den Arm genommen in einer solchen Situation, aber bei Emila war er sich nicht sicher. Da steckte doch eine Menge von Jaz in ihr und Jaz hätte ihn vermutlich für den blossen Versuch massakriert. Also stand er nur daneben und versuchte mitfühlend zu wirken.

Sie fuhr sich übers Gesicht, versuchte die Tränen wegzuwischen. „Ich will ihm doch nur helfen", sagte sie erstickt. „Ich dachte, er schafft es irgendwann. Aber einen von ihnen wiederzusehen... und dann ausgerechnet Rosh... Ich weiss nicht mal, wo er jetzt ist!" Sie brach ab und biss sich auf die Lippen, um nicht zu schluchzen.

Falrey musterte sie. „Wer... wer war dieser Rosh?", fragte er vorsichtig.

Sie atmete tief durch und es schien sie einige Mühe zu kosten zu antworten. „Das... das kann ich dir nicht erzählen. Nicht genau." Sie blickte auf. „Nicht, weil ich es nicht wollte. Es... es wäre nicht fair Jaz gegenüber, verstehst du?"

Niramun II - Mörder und BastardWo Geschichten leben. Entdecke jetzt