Kapitel 2

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Als ich die Augen wieder aufschlage, weiß ich nicht genau, wie lange ich ohnmächtig gewesen war. Ich sehe den Ferrari-Fahrer mit unschuldiger Miene direkt über mir knien: »Geht es Ihnen gut? Ich habe mich gerade unverschämt benommen. Entschuldigen Sie! Der Krankenwagen ist bereits auf dem Weg!«

Auch wenn ich mich in diesem Moment für den Gedanken hasse, kann ich ihn nicht verdrängen. Die Schönheit dieses Mannes ist atemberaubend. Seine blauen Augen strahlen und einige braune Locken seiner vollkommenen Haarpracht fallen ihm ins Gesicht. Immerhin wurde ich angefahren, verteidige ich innerlich meine Gefühlsduselei. Ohne antworten zu können, nicke ich nur und bewege mich nicht. Ich spüre wie meine Kopfschmerzen zunehmen und sich meine sowieso schon vorhandene Übelkeit verschlimmert. In Gedanken spiele ich alle Szenarien durch, was die Leute wohl denken würden, wenn ich mich jetzt hier auf der Straße übergeben würde. Meine Hände sind feucht und der Schmerz in meinem Ellenbogen verstärkt sich. Ich muss hier weg und ins Krankenhaus – nein niemals! Nicht mit mir. Nicht mal bei einem Herzinfarkt! Ich fange langsam an mich aufzurichten und setze mich erstmal langsam hin. In der Hoffnung mich nicht übergeben zu müssen, verharre ich ein paar Minuten in dieser Position. Der Ferrari-Fahrer scheint dies zu bemerken und widmet mir seine Aufmerksamkeit: »Hören Sie, Sie können nicht aufstehen und wegfahren! Warten Sie auf den Krankenwagen, er wird gleich hier sein«

»Nein, ich kann in kein Krankenhaus!«, entgegne ich mit einer Panik in der Stimme, die ich nicht unterdrücken kann. »Bitten zwingen Sie mich nicht dazu. Ich... ich muss hier weg. Sofort!«, sage ich den Tränen schon fast nahe.

»Ok, ok! Schon gut. Beruhigen Sie sich wieder. Ich bringe Sie zu einem normalen Hausarzt, in Ordnung? Ist das ok für Sie? Nur Sie müssen sich untersuchen lassen«

Etwas angespannt entgegne ich: »Das müssen Sie nicht tun. Es geht sicherlich auch so.«

Daraufhin wird der gutaussehende Ferrari-Fahrer ungeduldig: »Entweder Sie steigen JETZT ein oder Sie müssen den Krankenwagen nehmen, der da vorne kommt!«.

Aus irgendeinem Grund scheint er mir helfen zu wollen und zu verstehen, dass ich kein Krankenhaus betreten will. Er streckt mir seine Hand entgegen und bittet mich aufzustehen. Ich ergreife sie ohne groß zu zögern und lasse mich langsam von ihm aufstellen. Er schiebt mich direkt in Richtung Auto, öffnet die Tür, lässt mich hineingleiten und schließt die Tür hinter mir. Ich kann sehen, wie er kurz mit dem Mann spricht, der mich angefahren hat. Dieser nickt nur und steigt wie der Fahrer des Ferraris in seinen Wagen.

Was denke ich mir nur dabei verletzt mit einem Sportwagen von der Unfallstelle zu flüchten? Das klingt eher nach einem schlechten Actionfilm als nach mir. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Da mein Fahrrad kaputt ist, bleibt mir keine andere Fluchtmöglichkeit mehr.

»Alles in Ordnung bei dir?«, fragt der Ferrari-Fahrer und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Ich bemerke natürlich sofort, dass der Fahrer meines persönlichen Rettungswagens auf einmal vom Sie zum Du gewechselt hat. Aufgrund meiner pochenden Kopfschmerzen verzichte ich jedoch auf eine ordentliche Standpauke. In der Regel finde ich dieses Verhalten nämlich eher unverschämt. Also nicke ich nur und versuche mich anzuschnallen. »Ich bin übrigens Leo!«, entgegnet der Ferrari-Fahrer keck.
Da mein Ellenbogen so stark schmerzt, schaffe ich es nicht mich anzuschnallen. Leo bemerkt dies sofort und greift kurzerhand zu meinem Gurt, um das zu übernehmen. Ich weiß nicht, ob mir einfach nur heiß wird, weil ich gerade in einen Unfall verwickelt und wohlmöglich einen Schock erlitten habe oder weil mir Leo plötzlich so nah ist.

Leo lässt den Motor an und beginnt seinenSportwagen in Bewegung zu setzen. Meine erste Fahrt in einem Ferrari hatte ichmir irgendwie anders vorgestellt.     

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt