Faces - Enough for love?

Kapitel 8

Ich spüre den warmen, beschützenden Atem von Leo an meinem Hals. Nun legt er seinen Finger wieder unter mein Kinn und kommt mir ganz nah. Meine Augen sind noch immer geschlossen, doch ich kann spüren, dass seine Lippen kurz davor sind die meinen zu berühren. Ich habe das Gefühl, dass meine geschlossenen Augen die Sache etwas unschuldiger machen. Schließlich kann ich gar nicht wissen, was als nächstes auf mich zukommt.

Für einen kurzen Moment unterbricht er die Tortur meines Halses und ich schlage direkt die Augen auf. Grinsend sieht er mich an: »Lucy, wenn ich dich erst einmal geküsst habe, weißt du, dann kann ich vielleicht nicht mehr aufhören.«

Seine Stimme klingt so sinnlich, das jeder Widerstand zwecklos wäre. Ich weiß nicht, ob es am Gin Tonic liegt, oder ob ich komplett übergeschnappt bin, aber ohne groß nachzudenken reiße ich ihm seine Snapback-Cap vom Kopf, vergrabe meine Hände in den braunen Locken und ziehe ihn an meine Lippen. Ich küsse ihn mit aller Leidenschaft, Sehnsucht und Furcht die in mir brennt. Nach wenigen Sekunden spüre ich, wie Leo das Ruder übernimmt. Der Kuss wird fordernder und seine Zunge bahnt sich seinen Weg zu der meinen. Dieser Kuss ähnelt unserem Tanz: heiß und innig. Leo schlingt sich meine Beine um die Hüfte und hebt mich, weiterhin an den Spind gelehnt, hoch. Seine Erektion drückt sich gegen mich und der Kuss wird wilder. Plötzlich springt die Tür des Büros auf und die laute Musik dringt in den Raum. Lynn steht mit wütender Miene in der Tür: »Ach nee, was haben wir denn da!«, stellt sie mit schriller Tonlage fest. Die Verblüffung ist ihr ins Gesicht geschrieben. Sofort schrecke ich vor Leo zurück und sehe Lynn an. Ich erkenne, wie es innerlich in ihr tobt und lasse mich von Leo absetzen.

»Leo, ich habe dich gesucht. Dein Dad hat mich eben angerufen. Du sollst dich melden, es sei dringend.«
Leo sieht unsicher aus und zieht sich jedoch augenblicklich von mir zurück.

»In Ordnung, das mache ich direkt. Danke, Lynn!«.

Während Leo aus dem Büro geht um telefonieren zu können, bleibt Lynn mit wütendem Blick im Türrahmen stehen. Ich versuche an ihr vorbei zu gehen, doch sie versperrt mir mit ihrem Arm den weg.

»Mäuschen, ich will dir mal eins sagen. Du bist nicht sein Beuteschema. Du bist zu jung und zu unerfahren. Er steht auf Frauen und nicht auf kleine Mädchen. Er steht auf mich, weißt du? Wir waren eine Zeit lang ein Paar und dies wird auch wieder so werden. Also halte dich bitte aus unserem Leben raus. Sonst muss ich leider wütend werden und glaub mir Schätzchen, den Krieg willst du nicht erleben«, stellt sie entschlossen klar.

Ihre Worte treffen mich bis ins Mark. Obwohl ich mich gegen seine Annäherungen die ganze Zeit gewehrt habe, konnte ich doch trotzdem diese Spannung spüren. Diese Elektrizität – sie kann nicht nichts gewesen sein. Ohne auf ihre Worte zu reagieren, ich kann ihr diesen Triumpf einfach nicht gönnen, versuche ich stolz an ihr vorbei zu gehen. Ich blicke ihr tief in die Augen und signalisiere ihr, dass sie gewonnen hat. Sie lässt ihren Arm sinken und ich gehe zurück in den Club.

Sobald ich aus ihrem Blickfeld bin, kann ich die Tränen nicht mehr unterdrücken. Sie kullern mir über die Wangen, sodass ich kaum noch richtig sehen kann. Ich stürme aus dem Club ins Freie und versuche erstmal tief durchzuatmen. In der Hoffnung mich schnell aus dem Staub machen zu können, sehe ich Leo, der vor dem Club telefoniert. Er entdeckt mich und schaut mich besorgt an. Ohne groß nachzudenken mache ich auf der Stelle kehrt und renne. Ich mache mir keine Gedanken wohin, ich muss einfach weg von hier. Weg von dem Club, weg von Lynn und auch weg von Leo. Dieser Typ kann mir nur das Herz brechen, egal wie sehr er mich anzieht und egal was er mir verspricht, es kann keine Zukunft für uns geben. Das hat mir Lynn sehr deutlich gemacht. Ich bin nicht stark genug einen Krieg zu führen. Ich denke an Ben und daran, dass ich ihn nun offiziell betrogen habe.