Kapitel 74

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Mein Magen rumort nervös als ich von meinem Frühstücksbrötchen abbeiße. Leo holt mich in knapp drei Stunden ab und dann hat er eine Überraschung für mich. Wie ich Überraschungen liebe... Nicht! Hannah und Thomas habe ich direkt heute Morgen informiert, dass ich erstmal wieder abreisen werde und die Sache mit Leo versuche zu klären. Seitdem Zec gestern abgehauen ist, habe ich nichts mehr von ihm gehört. Thomas meinte vorhin er hätte mit ihm gesprochen und Zec wäre kurzfristig wieder zum nächsten Rennen angereist. Er braucht wohl Abstand, was ich ihm gar nicht verübeln kann.

Hannah hat direkt heute früh gemerkt, dass ich wahnsinnig angespannt bin und hat mir die Neuigkeiten direkt aus der Nase gezogen. Vor lauter Aufregung kriege ich echt kein Bissen runter. Es geht um unsere Zukunft und um die unseres Babys. Langsam bekomme ich echt Angst, dass es mit uns nicht mehr klappen könnte. Wir haben uns kaum gesehen und wirklich bemüht hat er sich auch nicht. Lediglich ein Anruf und dieses Telefonat ist wirklich eher schlecht verlaufen. Er muss lernen, dass er mir keine Vorschriften machen kann. Das funktioniert einfach nicht und so würde unsere Beziehung auch auf Dauer nicht funktionieren.

»Iss doch mal was. Du starrst die ganze Zeit dein Brötchen an«, unterbricht Hannah meine Gedanken.

»Sorry. Ich lege mir gerade einen Plan zurecht«

»Was für einen Plan? Einen Fluchtplan?« Hannah grinst schelmisch in ihren Kaffee und versucht ihr Grinsen hinter der Tasse zu verstecken.

»Haha...Nein, ehrlich. Ich versuche mir zu überlegen was seine Überraschung sein könnte und was passieren würde, wenn wir nicht mehr zusammenfinden. Dann wäre ich am Arsch und müsste sehen wo ich mit dem Kind bleiben kann...« Verwirrt starrt Hannah mich an. Den Kaffee hat sie inzwischen abgestellt.

»Erstens: Wieso denkst so viel nach? Lass es doch mal auf dich zukommen. Vielleicht hat er sich ja etwas ganz tolles ausgedacht? Und zweitens: Kannst du mir bitte mal erklären wie du auf den Trichter kommst, dass das mit euch nichts mehr wird? Ich sehe doch wir ihr euch anschaut und wie ihr miteinander kommuniziert. Also ich meine auch ohne Worte... Du warst für ihn da als sein Vater gestorben ist. Hast ihm daraus geholfen und einen legalen Weg gezeigt. Das verbindet doch. Gib ihm eine Chance der Vater für dein Kind zu sein den du brauchst.«

»Das ich das mal von dir zu hören bekomme...Aber ja. Vielleicht hast du Recht. Ich frage mich nur, ob ich nicht einen Fehler begehe. Nicht für mich... ich kann mit einer Enttäuschung leben. Aber kann ein Kind mit so einer Enttäuschung leben? Brauch ein Kind nicht eher so einen Vater wie... mhm...Zec?«

»Ein Kind braucht seinen leiblichen Vater. Und du brauchst jemanden, den du liebst. Warum denkst du nicht mal an dich?«

»Weil ich egoistisch war. Ich habe an mich gedacht. Und dabei das Kind fast verloren«, stelle ich klar und starre wütend auf den Frühstückstisch. Warum versteht das denn keiner.

»Du hattest viel Stress. Das wusstest du doch nicht, dass das Auswirkungen auf dein Kind hat. Mach dir keine Vorwürfe deswegen... Lucy, bitte!« Hannah schaut mich mit flehendem Blick an.

»So einfach ist das nicht...«

»Versprich mir nur, dass du mal darüber nachdenkst, ok?«

»Ok... Ich gehe jetzt mal meine Sachen packen...«

Um mich nicht länger mit diesem komplizierten Thema zu beschäftigen, springe ich kurzerhand vom Tisch auf und gehe in mein Zimmer, um meine Sachen für Leo zu packen. Dabei verspüre ich nicht nur eine große Aufregung, sondern auch ein mulmiges Gefühl. Hier auf dem Hof habe ich mich echt wohl gefühlt und bin seit langem Mal wieder zur Ruhe gekommen. Ein Gefühl, dass ich der Stadt selten habe. Oder vielleicht nur dann habe, wenn ich bei Leo bin.

Um kurz vor Zwölf höre ich schließlich ein Auto auf dem Kies vor dem Haus halten. Die ganze Zeit über war ich extra aufmerksam, um Leo's Ankunft nicht zu verpassen. Um nicht ganz so peinlich aus dem Fenster zu starren, habe ich mich dazu entschlossen einfach auf und ab zu laufen. Hannah hat sich schon heute Vormittag verabschiedet. Sie ist mit Thomas zu einem Rennen ganz in der Nähe gefahren und wollte sich alles vor Ort mal ansehen. Als es schließlich klingelt, eile ich zur Tür und öffne ihm. Davor steht wiedererwarten Leo und im nu rutscht mein Herz wieder in die Hose. Als würden wir uns das erste Mal sehen.

»Ähh..Hi«, stammelt er sichtlich nervös. Eine Art die ich von ihm so gar nicht kenne.

»Hi«, antworte ich ebenfalls etwas nervös.

»Hast du deine Sachen schon zusammen?«, erkundigt er sich. Dabei lässt er den Blick über meinen Körper wandern und verharrt etwas länger als gewohnt auf meinem Bauch. Sicher will er sehen, ob sich etwas verändert hat. Irgendwie freut mich das und löst ein kleines Glücksgefühl in meiner Magengegend aus.

»Ja...Gleich hinten im Flur. Ich hole sie schnell«

»Nein, lass nur. Setz dich einfach ins Auto... ich mach das schon«

»Okay...«

Ich greife nach meiner Jacke und gehe auf das Auto zu. Dabei spüre ich Leo's Blick in meinem Nacken.

»Ich habe dich vermisst«, murmelt er leise. Jedoch so laut, das ich es verstehen kann. Ich wende mich ihm zu und will ihm ein zartes Grinsen schenken, doch er holt bereits die Taschen. Unser Verhältnis ist merkwürdig. Irgendwie distanziert und vorsichtig. Sehr ungewohnt und ich frage mich, ob die Leidenschaft die uns immer verbunden hat, vielleicht für immer weg sein wird.

Im Auto schnalle ich mich an und warte darauf, dass Leo mit dem Gepäck zurück kommt und wir den Hof verlassen.

Ein Knallen deutet an, dass er soeben die Taschen im Kofferraum verstaut hat. Er setzt sich auf den Fahrersitz, schnallt sich ebenfalls an und startet den Motor.

»Bereit?«, erkundigt er sich mit einem Lächeln auf den Lippen.

»Bereit!«, sage ich und kann dabei ein riesiges Grinsen nicht unterdrücken.

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt