Kapitel 72

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Als Zec sich nach kurzer Zeit von mir löst starre ich ihn an. Es schwirren auf einmal so viele Gedanken durch meinen Kopf und weiß gar nicht was ich zuerst sortieren soll. Mist ich habe jemanden anderes geküsst, das hätte nicht passieren dürfen, was bedeutet das für meine Zukunft? Bedeutet es überhaupt was?

»Hör auf so viel zu denken, Lucy. Ich kann schon fast sehen wie dein Hirn rotiert!«

»Zec..«, flüstere ich und raffe mich auf. Er kniet noch immer auf dem Boden und verfolgt meine Bewegungen. »Das...«, ich zeige mit den Finger zwischen uns hin und her, »hätte nicht passieren dürfen. Bitte...«

»Schon gut!«, sagt er und hebt beschwichtigend die Hände. »Wir machen da kein Drama draus und schieben es auf meine Schwangerschaftshormone.«

Ich muss lachen. »Auf deine?«

Nun steht Zec ebenfalls auf und greift nach meiner Hand. »Wirklich, es ist in Ordnung. Du warst traurig und ich wollte dich aufmuntern. Halb so wild. Sieh es als freundschaftlichen Kuss«

Zustimmend nicke ich. Ein lautes knurren entfährt meinem Magen.

»Na, Lust auf Frühstück?«

»Gerne.«

Zusammen schlendern wir langsam aus der Stallgasse Richtung Haus. Ich weiß gar nicht, wie lange ich dort gesessen habe bis Zec mich schließlich gefunden hat. Sicher sind die anderen inzwischen schon wach und suchen uns. Verdammt, das war echt ein Fehler. Ein sehr schöner Fehler, wenn ich ehrlich bin. Aber nichts was jemals von Dauer sein könnte. Mein Handy vibriert in der Tasche meines Morgenmantels und reißt mich aus meinen Gedanken. Als ich auf das Display blicke, setzt mein Herz einen Schlag aus. Leo.

Ich schaue Zec an und entferne mich einige Schritte von ihm, ehe ich das Telefonat annehme.

»Lucy? Wo steckst du?«, blafft er mir in mein Ohr.
»Was für eine nette Begrüßung. Ich bin nicht zu Hause...«
»Ach was! Sag, wo bist du?« Sein Ton wird immer genervter und mein Geduldsfaden immer kürzer. Was fällt ihm ein mich so auf den Pott zu setzen? Da hat er gar kein Recht zu. Davon mal ab...

»Du hast zwar gar kein Recht, dich so kindisch aufzuführen, aber ich auf dem Gut bei Thomas und Zec. Hannah ist auch hier«, ergänze ich damit bei ihm nicht gleich das nächste Panik-P aufleuchtet.
»Aha.«
»Was aha?«
»Wieso fährst du einfach weg und sagst mir nichts?«
»Ich wusste nicht, dass ich bei dir Rechenschaft ablegen muss...« Wütend entferne ich mich noch weiter von Zec, der noch immer auf dem Hof steht und auf mich wartet. Er soll nicht mitkriegen, dass es bei Leo und mir nicht läuft und wir uns über das Telefon hinweg ankeifen.

»Natürlich möchte ich es wissen, wenn meine Freundin mit meinem Kind die Stadt verlässt«
»Freundin? Moment mal... Sind wir hier im gleichen Film?«
»Lucy... du weißt genauso gut wie ich, dass deine Art wie du mit der Sache umgehst nur eine Phase ist...«

Bitte was? Das ist doch nicht sein ernst. Wütend lege ich auf und beende damit unser Gespräch. Sieht es so aus, wenn sich ein Mann Mühe gibt? Ich verstehe ihn nicht. Das darf nicht wahr sein, dieser Kerl macht mich wahnsinnig.
Erneut vibriert mein Handy. Es ist wieder Leo und ich hebe erneut ab.

»Jetzt hör mir mal zu, mein Freund! Ich bin nicht deine Freundin und ich weiß gerade auch nicht, ob ich wieder deine Freundin werden will geschweige denn mit dir ein Kind großziehen möchte. Also solltest du künftig genau überlegen in welchem Ton du mit mir sprichst. Und du kannst dir auch gleich notieren, dass ich nicht das geringste Interesse daran habe eine Phase zu durchleben. Ich werde nicht noch einmal zulassen, dass jemand meinem Kind Schaden zufügt. Ich werde mich schonen wie der Arzt es empfohlen hat. Und wenn du meinst mich ständig auf die Palme bringen zu müssen, dann bist du der Falsche an meiner Seite«, brülle ich in mein Handy. Die andere Seite schweigt. Ich kann ihn atmen hören, sonst könnte man fast der Meinung sein, dass er aufgelegt hat.

»Es... es tut mir leid, dass ich so forsch war. Wann sehen wir uns wieder?«
»Wenn du es verdient hast. Jetzt entschuldige mich bitte, Zec wartet auf mich. Wir wollen zusammen frühstücken«

Im gleichen Moment lege ich auf. Meine innere Königin beginnt zu tanzen und klopft mir auf die Schulter: Endlich hast du ihm mal die Meinung gesagt, Lucy. Glanzleistung.

Als ich mit Zec endlich die Küche betrete, knurrt mein Magen zum zweiten Mal. Höchste Zeit für das Frühstück. Hannah steht bereits am Herd und brät Spiegeleier und Bacon.

»Lucy, wo warst du denn? Wir haben uns schon gesorgt«, sagt sie als sie mich und Zec in der Küche entdeckt.
»Ähmm...«, stottere ich los. Jetzt nur nicht erwischen lassen. Hannah würde so viel in den Kuss hinein interpretieren, das ist einfach nicht nötig.
»Wir waren spazieren. Bei den Pferden«, rettet mich Zec.

Puh, gerade nochmal Glück gehabt.

Der Tag heute vergeht wie im Flug. Nachdem Frühstück habe ich mich schnell umgezogen, denn Zec wollte mir die Pferde zeigen und mir erklären, was sein täglicher Job ist. Denn auch wenn sich die Rennsaison dem Ende neigt, müssen die Pferde weiterhin trainiert werden.

Am Nachmittag war ich mit Hannah im nahe gelegenen Dorf und habe etwas eingekauft. Sobald wir wieder zu Hause waren, habe ich mich jedoch ins Bett gelegt, da ich schon wieder so unglaublich müde war. Naja kein Wunder, wenn man um 5 Uhr aufsteht...

Es ist bereits dunkel draußen als es an meiner Zimmertür klopft. Immerhin bin ich schon ein paar Minuten wach. Ich hasse es nämlich, wenn man aus dem Schlaf aufschreckt und der Puls dann auf 180 ist. »Moment«, sage ich und werfe mir schnell meinen Morgenmantel über, ehe ich die Tür öffne. Dort steht Zec.

»Lucy? Können wir reden?«, fragt er und sieht auf einmal ganz verunsichert aus.
»Äh.. klar, komm rein«

Wir setzen uns nebeneinander auf das Bett und Zec schaut mich immer noch so komisch an. Langsam breitet sich ein flaues Gefühl in meinem Bauch aus.

»Was ist denn?«, bohre ich nach.
»Ich.. muss dir was sagen. Lucy, ich muss einfach ehrlich zu dir sein. Meine Chancen nutzen. Wenn ich das versäume, würde ich es mir nicht verzeihen«
»Du kannst mir alles sagen«, erkläre ich und lege meine Hand auf seinen Oberschenkel. Sofort ergreift er meine Hand und streichelt sie sanft. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das was er zu sagen hat wirklich hören will.

»Du bist so ein toller Mensch. Hübsch und so intelligent. Lucy, ich kann den Kuss nicht vergessen und ich will auch nicht das er ein Fehler war. Seitdem ich dich auf Sylt getroffen habe, gehst du mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich...ich habe mich in dich verliebt«

Ach du scheiße...

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt