Kapitel 53

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Als wir die Hütte betreten, nehme ich direkt den Geruch vom offenen Kamin wahr. Es riecht unglaublich toll nach Holz. Der Raum hat sehr hohe Decken und ich kann eine Leiter entdecken, die in den oberen Teil führt. Es sieht aber nicht aus wie eine richtige Etage, sondern eher wie ein kleiner Dachboden zum Schlafen. Überall im Raum sind große Holzbalken zu sehen, die das Dach stützen. Wir stehen schon direkt im Wohnbereich, der sehr offen gestaltet ist. Die Küche ziert eine übergroße Kochinsel, die von außen mit Steinen gemauert ist. Überall leuchten Kerzen, die auch hier von Rosalie aufgestellt wurden. Eine große Ledercouch bildet den Mittelpunkt des Raumes. Davor und vor dem Kamin liegen Lammfelle auf dem Boden. Da soll jemand noch einmal behaupten, dass Leo keine romantische Ader hätte.

»Es ist wirklich toll. Was ist das für eine Hütte?«, bohre ich neugierig nach.

»Sie gehörte meinem Vater und wir haben hier früher oft Urlaub gemacht. So übers Wochenende, wenn wir einfach mal etwas Waldluft brauchten.« Er scheint im Moment gar nicht traurig, sondern viel mehr froh, sich an so eine tolle Erinnerung klammern zu können.

»Ich hoffe du hast wirklich Hunger auf Steaks?«, ergänzt er und holt mich wieder in die Gegenwart zurück.

»Äh, ja klar. Kochst du etwa?«

»Ja, wir haben draußen einen super Grill. Rosalie hat extra Steaks besorgt die wir grillen können und dazu wollte ich ein paar Pommes in den Ofen schieben. Was meinst du?«

Ein Strahlen sammelt sich in meinem Gesicht. Ohne weiter zu zögern greife ich mit meiner Hand in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir. Ich setze einen zarten Kuss auf seine Lippen und lasse von ihm ab.

»Wofür war der denn?«, fragt Leo keck nach.

»Das war ein Ansporn die Steaks nicht verkohlen zu lassen«, zwinkere ich ihm zu. Leo grinst und stellt seine Sachen ab.

»Dort oben befindet sich das Schlafzimmer und das Bad ist dort um die Ecke. Ich würde den Grill mal anschmeißen, wenn du nichts dagegen hast.«

Genau im richtigen Moment grummelt mein Bauch vor Hunger. Ich lache nur und Leo macht sich auf den Weg, um den Grill vorzuheizen.

Ich sehe mich in dem Wohnbereich um und kann kaum glauben wie schön es ist. Da mir etwas kühl ist, schnappe ich mir eine Decke und setze mich vor den Kamin. Das Feuer duftet unglaublich gut und wärmt meine Haut und mein Gesicht. Stundenlang könnte ich so dasitzen und das Feuer im Kamin beobachten. Meine Gedanken schweifen ab und ich frage mich, was Leo heute organisiert hat. Ob er die Praxis übernehmen will oder ob er sie abgeben wird. Ob er die Beerdigung organisiert hat und wie es mit uns weitergehen wird.

Mein Handy vibriert in meiner Hosentasche und stört meine entspannten Gedanken. Langsam fummle ich es aus meiner Jeans heraus und schaue auf das Display. Ben.

Hey Lucy,

sorry wegen neulich. Ich hoffe es geht dir gut? Wollen wir uns die Tage sehen?

Ben

Genervt lasse ich mein Handy auf den Boden fallen und antworte ihm nicht. Ich sollte mich von ihm fernhalten und ihm keine Hoffnungen machen. Wir können erst dann befreundet sein, wenn er seine Gefühle für mich im Griff hat.

Die Tür knatscht als Leo den Wohnbereich wieder betritt. Er bringt eine rauchige Duftwolke mit und ich freue mich sofort auf das Essen. Zufrieden grinst er mich an und beobachtet meine Liegeposition auf dem Fußboden vor dem Kamin.

»Interessante Kombination«, grinst er mich spitzbübisch an.

»Ich weiß ja nicht was du im Kopf hast, aber ich freue mich auf mein Steak.« Erneut lacht er laut los. »Wie magst du dein Fleisch?«

»Durch, bitte!«

»Was? Vergiss es? Das macht den ganzen Geschmack kaputt. Dann kann ich dir auch ne Schuhsohle aus dem Wald suchen.«

»So blutig ist eklig« Um mein Empfinden deutlich zu machen schüttle ich mich kurz vor Ekel und rümpfe die Nase.

»Ich mach es einfach fast durch. Aber nicht tot. Das serviere ich dir nicht«, stellt er klar.

Nach dem Essen lassen wir uns auf dem Boden vor dem Kamin nieder. Wir sind so vollgefressen, dass wir uns kaum bewegen können. »Es war absolut köstlich. Ich platze...«

»Ohja... Wie sieht es denn mit meinem Nachtisch aus?«, funkelt er mich an worauf ich ihn in die Seite knuffe. Er jault auf und beginnt mich zu kitzeln. Doofe Idee, denn ich bin wirklich unglaublich kitzlig. Dabei ist er besonders gemein und verlagert sein Gewicht so, dass ich mich gar nicht wehren kann.

Selbst nach dieser Zeit setzt jede noch so kleine Berührung meine Haut unter Feuer. Er beginnt nach meinem Kinn zu greifen und platziert einzelne Küsse auf meinem Hals und meiner Wange zu verteilen. Mich durchströmt sofort ein wohliges kribbeln. Erneut surrt mein Handy laut. Der Holzboden macht dieses Surr-Geräusch irgendwie noch schlimmer und es hallt fast durch das Wohnzimmer. Genervt entfernt sich Leo von mir, da das Surren nicht aufhören will. Noch halb auf mir liegend greift er nach meinem Handy. Sofort verdunkeln sich seine Züge und ich kann ahnen, wessen Name gerade auf dem Display erscheint.

Leo stößt sich neben mir ab und setzt sich langsam auf. Seine Kiefermuskeln beginnen zu mahlen. »Wieso ruft er dich an?«, knirscht er hervor.

»Ich weiß nicht. Vielleicht will er mit mir sprechen?«, antworte ich kleinlaut.

»Hattet ihr nochmal Kontakt seitdem es vorbei ist?«, fragt er weiter nach. Mir gefällt die Entwicklung in die das Gespräch verläuft irgendwie nicht.

»Äh«, stottere ich. »Ich habe ihn neulich getroffen, als du noch in London warst. So zum quatschen«

»Du hast was?«, sagt er zornig.

»Leo...«, meine Hand greift nach seinem Arm »Es war nichts. Ich will nichts von ihm.«

»Er aber anscheinend von dir. Das passt mir nicht. Er hat sich fernzuhalten«

»Erstens ist das meine Entscheidung und zweitens, wenn mir der Kontakt wichtig wäre, hättest du da wenig zu melden«, protestiere ich. Leo scheint Widerspruch nicht gewohnt zu sein, denn seine Gesichtszüge verhärten sich zunehmend.

»Lucy, das.ist.ein.Scherz.«, knirscht er. »Ich bin mir sicher, er empfindet für dich.«

»Das kann gut sein. Aber er weiß wie ich dazu stehe und er weiß auch, dass ich mit dir zusammen bin.« Diese neuen Infos scheinen ihn sichtlich zu belasten. Schnaubend fährt er sich nun mit seiner Hand durch seine Haare und reibt sich das Gesicht. Dabei spannen sich seine Unterarmmuskeln an und ich lasse mich von dem Spiel der Muskeln ablenken.

»Das heißt er bestimmt nicht gut. Ich schwöre, Lucy, wenn er dich gegen mich aufhetzt oder dich anfasst kriegen wir ein Problem. Ein richtiges. Ich werde mich nicht zurückhalten.«

Kurz denke ich an die Situation im Café zurück. Ben hat mich bereits davon überzeugen wollen, dass die Beziehung nicht gut für mich ist. Und auf eine gewisse Art und Weise hat er mich sogar angefasst. Naja nur nicht auf sexuelle Art. Das binde ich Leo aber besser nicht auf die Nase.

»Eigentlich wollte ich heute etwas wichtiges mit dir besprechen«, schnaubt er.

»Was denn? Das kannst du doch noch immer«, gebe ich ermutigend zurück.

»Ich habe entschieden Vater's Praxis zu übernehmen.«

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt