Kapitel 78

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Nachdem ich mich nur schwer von Leo trennen konnte, habe ich ihm erklärt, dass ich den Sonntag gerne für mich hätte, um über uns nachzudenken. Selbstverständlich war Leo nicht sofort damit einverstanden und hat mich nur nach weiteren Überredungskünsten nach Hause gefahren. Seitdem genieße ich die Stille in meiner kleinen Wohnung und denke nach. Kurzzeitig habe ich sogar überlegt eine Pro und Contra-Liste anzufertigen, konnte mich dann gerade so noch beherrschen. Schließlich wäre ein Blatt Papier für die Grundlage einer Beziehung eher fragwürdig, oder?

Leo lag mir den ganzen Morgen über mit dem Termin bei der Frauenärztin in den Ohren und wollte unbedingt am Montagmorgen mit mir dorthin. Was ich schließlich bejahte, nur damit ich hier in meiner Wohnung für ein paar Stunden Ruhe finden kann. Er ist echt hartnäckig im Moment. Aber andererseits ist es ja eigentlich genau das, was ich wollte.

Dr. Mertens hat mir eine Frauenärztin empfohlen, bei der ich mich direkt am Montag melden werde. Ich hoffe, dass sie mich so kurzfristig dazwischen schieben kann, aber ich werde mein Glück mal versuchen. Schließlich habe ich mich nach dem Krankenhausaufenthalt noch gar nicht um eine richtige Ärztin gekümmert.

Das Klingeln der Haustür durchbricht meine Gedanken. »Wenn das schon wieder Leo ist, bringe ich ihn um...«, murmle ich vor mich hin, als ich mich genervt vom Sofa erhebe und zur Tür schlendere. Gerade als ich den Türöffner betätigen will, klopft es bereits an der Tür. Da hat es aber wer eilig. Ich öffne die Tür und Zec steht davor. Na prima, so viel zum entspannten Sonntag!

»Lucy, wir müssen reden!«, poltert er direkt los und schiebt sich an mir vorbei ins Wohnzimmer.
»Äh...Hallo, Zec. Komm doch rein?«, spotte ich. Schnell schließe ich die Tür und folge Zec ins Wohnzimmer. Zu blöd, dass ich in dem ganzen Stress total vergessen habe Leo von unserem Kuss zu erzählen. Irgendwie war mein Hirn in der Lage dies komplett zu verdrängen. Jetzt wo Zec jedoch vor mir steht, fällt mir das deutlich schwerer. Ich stecke echt in der Klemme.

»Kann ich dir vielleicht was zu trinken anbieten?«, frage ich höflich nach. Zec schüttelt den Kopf und fährt sich durch seine dunkelblonden Haare. Ich spüre wie angespannt er ist und das macht mir etwas Angst.
»Wir müssen reden«, murmelt er und lässt sich auf das kleine Sofa fallen. Da mir die Nähe zu Zec gerade nicht passend vorkommt setze ich mich kurzerhand auf ein riesiges Kissen, welches auf dem Boden liegt.

»Worüber denn?«, erkundige ich mich neugierig.
»Über uns. Über den Kuss und über deinen Plan zu Leo zurückzukehren«
»Äh... Ich wüsste nicht wieso wir beide über Leo sprechen sollten«
Zec's Miene verändert sich von beunruhigt zu grimmig.
»Ich aber. Lucy, bitte. Er ist nicht der Richtige für dich. Das wird niemals zwischen euch klappen. Hast du ihm von dem Kuss erzählt?«

Es gefällt mir überhaupt nicht, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelt. »Nein, ich habe ihm noch nichts davon erzählt. Schließlich bin ich noch nicht mal 24 Stunden wieder zu Hause. Und wie kannst du einfach behaupten, dass er nicht der Richtige ist? Das weißt du doch gar nicht«
»Aber ich weiß, was ich bei unserem Kuss gefühlt habe. Lucy, du hast das auch gefühlt. Das war kein Versehen oder ein normaler Kuss. Der hat mich ganz tief berührt und dich auch«
Wütend wirble ich meine Hände durch die Luft und erhebe meinen Tonfall.
»Zec, wieso machst du es mir so schwer? Der Kuss hat mich nicht berührt. Dich vielleicht. Aber mich nicht. Ich liebe Leo.«

Im Grunde weiß ich ganz genau, dass das nicht stimmt. Der Kuss hat mich berührt. Er hat etwas ganz tief in mir berührt. Aber das darf ich Zec niemals gestehen. Denn dann biete ich ihm noch mehr Angriffsfläche. Ich liebe Leo... aber vielleicht bin ich ein klitzekleines bisschen in Zec verliebt? Verdammte kacke... Wieso kann er nicht einfach wieder gehen. Sich in Luft auflösen. Anstatt hier alles noch komplizierter zu machen.

»Das glaube ich nicht! Niemals. Rede dir das ruhig ein, aber du weißt ebenso gut wie ich, dass das nicht die Wahrheit ist. Dann kannst du mir ja ohne Probleme einen weiteren bedeutungslosen Kuss geben«, fordert er und grinst mich verschmitzt an.

»Könnte ich, aber es wird keinen weiteren Kuss geben, solange ich nicht weiß, was zwischen mir und Leo ist.«

»Ach, also bist du dir doch nicht so sicher. Lucy, komm schon. Ein bedeutungsloser Kuss. Es passiert ja deiner Meinung nach eh nichts...« Herausfordernd klopft er neben sich aufs Sofa und deutet mir mich zu ihm zu setzen. Ich muss ihm beweisen, dass da nicht mehr ist. Verdammte kacke. Wie ferngesteuert setze ich mich neben ihn und starre ihn an. Mein Herz klopft stärker und ich frage mich, was ich eigentlich tue und wem ich was beweisen will. Nur damit er aufgibt – wiederhole ich immer wieder mein Mantra.

Zec nähert sich und legt seine Hand auf meine Wange. Jetzt ganz unbekümmert gucken, Lucy. Die Augen schön offen lassen. Sein Finger fährt über meine Unterlippe und ich beginne leicht zu zittern. Warum ist mein Körper nur so verräterisch? Zec merkt das natürlich sofort und schmunzelt, ehe er sich meinen Lippen weiter nähert. Ich spüre seinen heißen Atem und weiß, dass er mich jede Sekunde küssen wird. Und er tut es... Er greift in meinen Nacken und zieht mich fordernd aber sanft auf seine Lippen. Eine Gänsehaut durchfährt mich und es ist genauso wie beim ersten Mal. Der Kuss geht tiefer und wärmt mein Herz. Ich stecke echt in der Scheiße...

Zec wird noch fordernder und zieht mich schließlich auf seinen Schoß. Seine Hände bahnen sich den Weg unter mein T-Shirt und meine Gänsehaut wird stärker. Ich kann gar nicht so schnell reagieren, wie Zec seine Zunge in meinen Mund schiebt. Ganz zärtlich und dennoch fordernd. Mein Herz droht gleich aus dem Hals zu springen, so schnell schlägt es gerade.

Wie durch ein Geistesblitz platziere ich meine Hände auf seiner Brust und stoße mich von ihm ab. Gleichzeitig brülle ich ein »Spinnst du?« aus meiner zittrigen Kehle. Binnen Sekunden schnelle ich von seinem Schoß und stehe wütend funkelnd vor ihm.

Natürlich weiß ich ganz genau, dass er dafür nicht alleine verantwortlich war, aber das muss ich ihm ja nicht sagen.

Siegessicher grinst Zec mich an. »War das Beweis genug?«

»Der Beweis für was? Dafür das du übergeschnappt bist?«, knurre ich ihn an. Ich ärgere mich über mich selbst. Darüber das ich so blöd war mich darauf einzulassen und darüber, dass ich die Kontrolle verloren habe.

»Nein. Der Beweis dafür, dass du in mich verliebt bist.«

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt