Kapitel 36

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LEO

Verdammt, warum ist sie nur so stur? Das darf nicht wahr sein, denke ich als ich Lucy in den Armen halte und sanft ihre Wange streichle. Sie kommt wieder zu sich und sieht mich verträumt an.

»Lucy? Kannst du mich hören?«, frage ich. Sie nickt nur. »Das wird eine heftige Beule geben, Süße!«

»Mhm...«, höre ich sie grummeln.

»Ich hole dir ein Handtuch.«

Schnell springe ich auf und hole ein großes Handtuch aus dem Schrank und bedecke sie damit, da sie noch immer nackt auf dem Boden liegt. Langsam versucht sie sich aufzurichten.

»Was sollte das?«, flüstert sie zart.

Was sollte was? Will sie ernsthaft wissen warum ich in der Dusche nicht anders kann als sie zu berühren? Ja, ich hätte sie nicht so bedrängen dürfen, dabei wollte ich sie nur von meinen Qualitäten überzeugen.

»Sorry...«, murre ich. »Ich konnte einfach nicht anders.«

»Leo, ich kann nicht. Nicht wenn Lynn weiter dein Leben tyrannisiert.«

»Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich... meinen Vater kann ich nicht auch noch verlieren.«

»Auch noch? Was ist mit deiner Mutter?«, fragt sie zögernd.

»Sie hat uns verlassen. Für einen jüngeren als ich noch klein war«, gebe ich kurzangebunden preis.

»Mhm... wolltest du dich deshalb nie auf eine Frau einlassen?«, schlussfolgert sie geschickt.

»Mhm...«, grummle ich zurück. Ich habe keine Lust über meine verkorkste Kindheit zu reden. Son Bullshit...

»Das Frühstück ist fertig«, sage ich kühl, stehe auf und gehe in die Küche. Ich reibe meine Hände über mein Gesicht während ich darauf warte, dass die Kaffeemaschine meine Tasse füllt. Das habe ich noch nie jemandem erzählt und sie... sie hat mich einfach am Arsch. Ich gebe ihr alles was ich habe und doch wird es nie genug sein. Niemals. Resigniert lasse ich die Hände in meine Hosentasche fahren. Ich höre, wie Lucy den Raum betritt. Drehe mich jedoch nicht um. Ich weiß selbst nicht genau wieso, aber ich will kein Mitleid. Meine Kindheit war kacke, ich habe deswegen dumme Verhaltensweisen und Punkt. Keine Diskussion. Ich will nichts aufarbeiten und auch sonst keine Gespräche dazu führen. Weder mit noch mit sonst wem. Ich spüre ihre Hand auf meiner Schulter und zucke zusammen.

»Was ist das mit uns?«, höre ich sie flüstern.

Ich drehe mich zu ihr um und ziehe sie an mich. Meine Hände erreichen ihre zarten Wangen und mein Mund trifft auf ihren. Stürmisch und besitzergreifend.

Ich muss mich zusammenreißen... Darf nicht die Kontrolle verlieren. Also lehne ich meine Stirn an ihre und flüstere: »Ich weiß es nicht...«

»Leo, ich muss in die Uni. Du brauchst mich nicht fahren. Ich gehe zu Fuß«

Ohne weiter zu zögern, dreht sie sich um und verlässt meine Wohnung.


Man... ich bin schon wieder in Volllauf-Stimmung. Warum muss immer nur alles so kompliziert sein? Diese dumme Lynn... Auf's Stichwort klingelt mein Handy. Lynn ist dran und bittet um ein Treffen, sie hätte Wichtiges zu besprechen. Wir verabreden uns in einem Steakhaus um die Ecke zum Mittag.

Bevor ich zum vereinbarten Treffpunkt fahre, lasse ich mich wieder im Büro blicken. Ich muss neue Immobilienangebote checken und schauen wie die Verkaufszahlen sind. Völlig in meine Arbeit versunken, vergesse ich fast das Treffen mit Lynn. Shiiit .... Schon so spät. Schnell haste ich aus dem Büro zu meinem Ferrari. Lynn warten zu lassen würde sie wohlmöglich verärgern und dies kann ich nun gar nicht gebrauchen. Ich rase durch die Innenstadt und komme fünf Minuten zu spät im Esplana, dem Steakhouse an. Lynn hat bereits einen Platz ausgesucht und winkt mir zu. »Hi, Lynn«, begrüße ich sie und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.

»Hi, Leo«, funkelt sich mich an. »Wir müssen was besprechen...«

Mir rutscht das Herz in die Hose. Man es macht mich rasend, dass diese Frau so viel Macht über mich hat. Wieso habe ich sie nur so nah an mich heran gelassen? Sonst wüsste sie nicht mal was von meinen Machenschaften.

»Was gibt's?«, entgegne ich kühl.

»Ich habe beschlossen, dich nicht länger zu erpressen, Leo. Ich denke, es ist nicht der richtige Weg.«

Habe ich mich gerade verhört? Das klingt ja hammermäßig!

»Woher der Sinneswandel?«, frage ich nach, nicht sicher ob sie ihre Meinung vielleicht nochmal ändern würde.

»Ach... es ist nicht der richtige Weg! Vielleicht sind es auch die Hormone. Lass uns was bestellen.«

Wir sitzen noch eine Weile zusammen und essen gemeinsam. Es fühlt sich fast wie früher an. Damals als wir noch gute Freunde waren. Ich denke, ich werde ihr trotz dessen die Geschichte mit Lucy nicht unter die Nase reiben und versuchen sie nicht unnötig zu provozieren. Wir verabschieden uns voneinander und ich verbringe den restlichen Tag im Büro. Als mich ein Anruf meiner Sekretärin erreicht zucke ich zusammen. »Wieso ruft Hannah hier an?«, blaffe ich in mein Telefon und motze meine Sekretärin an, die endlich mit der Sprache herausrücken soll.

»Ja, gib mir die Nummer. Ich rufe zurück!«

Unsicher was mich nun erwartet rufe ich Hannah auf ihrem Handy an. Wieso zur Hölle meldet sie sich bei mir im Büro?

»Hannah, was ist los? Alles in Ordnung?«, frage ich hektisch, als sie endlich das Gespräch entgegen nimmt.

Sie erzählt mir, dass Lucy einen Radunfall hatte und im Krankenhaus liegt. Es sieht wirklich übel aus. Ein Autofahrer hatte sie erwischt und dann Fahrerflucht begangen. Ihr Kopf sei dabei auf die Windschutzscheibe aufgeschlagen... Ich schlucke und bringe kein Wort heraus. Mein Kopf malt sich die schlimmsten Dinge aus.

»Wo ist sie?« - brülle ich etwas unbeabsichtigt in de Hörer und bekomme den Namen des Krankenhauses von Hannah. 

Ohne weiter nachzudenken mache ich mich direkt auf den Weg zu Lucy. Der Ferrari heult auf, als ich vom Parkplatz jage. Mein Herz rutscht mir in die Hose und ich hab eine scheiß Angst, Lucy zu verlieren...

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt