Kapitel 59

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Der dunkle Range Rover von Leo hält wenige Minuten später am Krankenhaus. Nur widerwillig habe ich mich von ihm ins Auto zerren lassen. Er musste mir versprechen die ganzen Untersuchungen an meiner Seite zu sein und mich unbedingt wieder mit nach Hause zu nehmen. Leider bin ich so erschöpft, das ich mich bis jetzt nicht wirklich wehren konnte. Und im Grunde will ich ja wieder gesund werden, was bedeutet, dass ich untersucht werden muss.

»Alles in Ordnung?«, erkundigt sich Leo sanft und legt dabei seine Hand auf mein Knie.

»Nee«, murmle ich genervt.

Leo stellt den Motor ab und eilt um das Auto herum um mir heraus zu helfen.

»Lucy es ist das Beste. Schau dich doch an. Du bist völlig dehydriert«, sagt er als er meine Tür öffnet und mich aus dem Wagen hebt.

Langsam gehen wir auf den Eingang des Krankenhauses zu. Ich weiß wirklich nicht, wo mir der Kopf steht und was ich schlimmer finde. Dass ich so unglaublich kaputt bin und mich einfach nur übers Klo hängen will, oder dass ich ein Krankenhaus betreten muss.

»Wir schaffen das. Ich bin an deiner Seite«, ermutigt mich Leo.

Die Notaufnahme des Krankenhauses platzt aus allen Nähten und allein der Geruch, treibt mich schon fast wieder auf die Toilette. Krankenhäuser riechen einfach nach ekligem Essen und Tod. Ekelhaft!

»Bleib sitzen, ich melde dich an«

Aber immer doch, ganz wie der Herr will. Spotte ich vor mich hin. Ich bin wütend, dass er mich dazu überredet hat herzukommen. Ich bin ja nicht todkrank ich habe nur einen Magen-Darm-Virus und muss dringend ins Bett.

Nach wenigen Minuten kehrt Leo zurück und setzt sich neben mich.

»Sie meinte, es kann ein wenig dauern. Es wären noch einige Notfälle vor dir...«

»Was? Man ich will hier nicht so lange sitzen«

»Beruhige dich. Es ist nur das Wartezimmer. Stell dir vor du wärst beim Arbeitsamt?«

»Haha...«, sage ich genervt. Das ist einfach nicht lustig. Meine Eltern sind im Krankenhaus gestorben. Das.. Das ruft immer wieder alles hervor.

Bloß nicht daran denken... Ich spüre wie meine Handflächen feucht werden und sich alles zu drehen beginnt.

»Schnell, lenk mich ab, Leo«, flüstere ich ihm zu. Er versteht zum Glück sofort und fängt an mir von der Neugestaltung der Praxis zu erzählen. Die Wand im Eingangsbereich würde er in einem hellblau streichen und die Sprechzimmer würden ebenfalls einen frischeren Farbton bekommen. Die Kleidung der Angestellten würde er auch erneuern.

Ungefähr zwei Stunden später, ruft eine Dame endlich meinen Namen auf und wir folgen ihr zur Blutabnahme. Wenigstens etwas, womit ich kein Problem habe. Nadeln. Die können mich pieken und stechen wie sie wollen, da bin ich wirklich schmerzfrei.

»Nehmen Sie doch Platz, ich nehme ihnen dann mal etwas Blut ab.«

Ich nicke nur und kremple instinktiv meinen Pullover nach oben, damit sie an meinen schönen Venen kommen. Mein Kinderarzt hat mir immer gesagt ich hätte schöne Venen zum Pieken und als Kind fand ich das immer lustig...

»Das war's schon! Sie könne hier warten, der Arzt kommt so schnell wie er kann«, sagt die Dame und verlässt dann das sterile Zimmer.

Nervös schlucke ich mehrmals. Mein Hals ist ganz trocken und die gewohnte Übelkeit macht sich auf einmal wieder bemerkbar.

»Ist dir wieder übel?«, erkundigt sich Leo sofort.

»Mhm. Etwas...«, murmle ich, um nicht zu viel reden zu müssen.

»Ich werde dem Arzt auf jeden Fall auf die Finger schauen! Versprochen...«, grinst er, vermutlich um mich etwas abzulenken.

Ein junger gut aussehender Arzt betritt den Raum und begrüßt mich.

»Guten Tag...«, sagt er und schaut in die Akte, die er in der Hand hält. »Frau Richter. Wie kann ich helfen?« Erst nachdem er seinen Satz beendet hat, entdeckt er Leo und beginnt zu strahlen.

»Ich fass es nicht. Prof. Dr. Heine!! Wie geht es dir, Leo?«, erkundigt er sich und beachtet mich gar nicht weiter. Na super. Die kennen sich jetzt auch noch oder was?

Auch Leo springt freudig vom Stuhl auf und nimmt ihn direkt in den Arm. »Dr. Gerhards... Das ich diese Ehre nochmal habe«, scherzt er.

»Wie geht es dir?«, fragt Dr. Gerhards interessiert.

»Ich übernehme nächste Woche die Praxis von Dad. Und bei dir?«

»Schön... Schön! Ich mache meinen Facharzt hier in der Klinik...«, sagt er und schaut mich auf einmal wieder an. »Wie kann ich Euch helfen?«

»Nun Lucy leidet seit Tagen an Emesis und behält nichts bei sich. Zudem dehydriert sie zunehmen. Der Hausarzt hat mögliche Infekte sowie eine Schwangerschaft ausgeschlossen«, erklärt Leo für mich und ich fühle mich nur ganz leicht wie ein Versuchsobjekt.

»Nun, nur wenn der Hausarzt das ausschließt, heißt es ja nicht automatisch, dass wir nichts finden. Lucy, leg dich bitte mal auf die Liege, ich schaue mir den Bauch mal an. Es ist sicher ok, dass Leo hier bleibt, oder?«, fragt er woraufhin ich kurz nicke.

Er tastet meinen Bauch ab und drückt herum, sodass meine Übelkeit etwas zunimmt.

»Tut davon etwas weh?«

»Nee, mir wird nur etwas übler davon.«

»Gut, dann machen wir noch einen Ultraschall, um Magengeschwüre oder ähnliches auszuschließen«, erklärt er weiter und zieht das Ultraschallgerät zur Liege. Leo positioniert sich direkt hinter ihm, um wie versprochen ihm auf die Finger zu schauen.

»Florian? Mach das ordentlich! Sie ist mein Herz!«, sagt Leo und betont vor allem den letzten Teil des Satzes. Ich habe mich schon gefragt, wie lange es dauert bis er sein Revier markiert. Aber ich finde es wirklich süß...

»Aber immer doch!«, scherzt er und greift zum Gel, welches er direkt auf meinem Bauch verteilt. »So ich leg los. Mal schauen, was wir finden.«

Mit einer Fernbedienung dunkelt er den Raum etwas ab, sodass er auf dem Gerät alles erkennen kann. Er nimmt den Ultraschallkopf und beginnt bei meinem Magen.

»Nichts auffälliges«, platzt Leo dazwischen.

»Ich werde dich ignorieren, Leo! Das ist gerade mein Job«, stellt Florian klar, woraufhin Leo nur ein leises Grummeln von sich gibt. Florian geht mit dem Ultraschallkopf etwas tiefer über meinen Bauchnabel hinweg hinzu meinem Unterleib.

Auf einmal zuckt Leo zusammen. Ich kann in seinen Augen sehen, dass ihm die brutale Panik im Gesicht steht. Das darf nicht wahr sein. Was sieht er? Was zur Hölle ist hier los?

Ich kann nicht nachfragen, ich habe viel zu sehr Angst vor dem was da kommt.

Leo wendet sich blitzschnell ab und verlässt einfach ohne ein Wort zu sagen den Raum.

Er hatte mir doch versprochen bei mir zu bleiben?

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt