Kapitel 38

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»Hey Babe, hast du Hunger?«, grinst mich Leo fröhlich an. Inzwischen sind drei Tage vergangen und Leo konnte den Arzt überzeugen, dass ich zu Hause wesentlich schneller regenerieren würde und er ein Auge auf mich hätte. Seitdem bin ich bei Leo und er kümmert sich 24 Stunden rund um die Uhr rührend um mich. Auch wenn ich mich weiterhin nicht an alles erinnern kann, geht es mir soweit gut. Mein Arm ist eingegipst und die Symptome meiner Gehirnerschütterung haben nachgelassen. Die Ärzte meinten, ich hätte einen großen Schutzengel gehabt.

»Kannst du Pfannkuchen machen?«, frage ich zuckersüß grinsend.

»Klar. Pfannkuchen á la Leo?«

»Auja...Mhm...« Ich rolle verführerisch die Augen.

»Lass das! Sonst küss ich dich!«

»Ok...ok!«

Leo hat sich die letzten Tage wirklich zurück genommen und hat mir den Abstand gegönnt, den ich brauche. Er hat freiwillig auf dem Sofa geschlafen und ist mir wirklich nicht zu nahe gekommen. Er hat mich lediglich in den Arm genommen, wenn mir danach war.

Nach dem Frühstück will er mich zur Uni fahren. Ich weiß, dass es etwas verfrüht ist, aber ich darf den ganzen Stoff nicht verpassen. Daher war Leo so lieb und hat angeboten mich zu fahren.

»Oh man, die sind super geworden! Danke. Für alles. Wirklich.«

»Das ist selbstverständlich. Ich mag es wenn du in meiner Nähe bist«, grinst er mich an. »Lass uns los, sonst kommst du zu spät zu deiner Vorlesung.«

»Alles klar, ich hole meinen Mantel.«

Inzwischen ist das Wetter wirklich herbstlich geworden. Ich kann nicht leugnen, dass ich mich die letzten Tage nicht wirklich 100%ig wohl gefühlt habe. Wieso kann es nicht immer so einfach sein?

Leo gleitet mich in den Fahrstuhl und lässt dabei seine Hand auf meinen unteren Rücken gleiten. Sofort entfacht das Feuer in mir und meine Haut kribbelt. Himmel...hört das denn niemals auf? Wir steigen in den Fahrstuhl und fahren in die Tiefgarage.

»Such du heute aus. Womit magst du gefahren werden?«

Ich muss schmunzeln. »Mhm...Nochmal mit dem Mercedes?«

»Ach wirklich? Nagut...«

Leo lässt sich vom Pförtner den Schlüssel reichen und wir gehen auf den Mercedes zu. In der Tiefgarage höre ich ein weiteres Auto das parkt. Die Tür schlägt zu und das Klackern von Absätzen hallt in der Garage wieder. Instinktiv drehe ich mich flüchtig um und erstarre sofort. Das darf nicht wahr sein... Das Auto. Die Frau. Der Unfall... Auf einmal blitzt alles vor meinem Auge auf. Es... es war Lynn. Ich kann mich genau daran erinnern. an ihren silbernen Mercedes. An ihre blonden Haare. Die Spuren die auf ihrem Auto zurück geblieben sind...

Ich kann es nicht vermeiden, mich packt die Wut und ich renne schnurstracks auf sie zu. Scheiß auf Kopfschmerzen oder Gipsarm, das wird sie büßen! Lynn wirkt sichtlich schockiert und verängstigt, doch das spielt für mich keine Rolle. Sie soll sich zum Teufel scheren, dieses Biest! Ich renne weiter auf sie zu. Kurz bevor ich sie erreiche, hole ich noch im Lauf mit meinem Gipsarm aus und trümmere ihn ihr direkt in ihr beschissenes Gesicht. Lynn geht kreischend zu Boden.
Gerade will ich sie an den Haaren wieder hochziehen, denn die Wut hat mich jetzt erst richtig gepackt, als mich Leo erreicht, mich zurückhält.

Blut tropft aus ihrem Gesicht, das aktuell zum Boden gerichtet und durch ihre Haare verdeckt wird. Fuchsteufelswild trete ich um mich und versuche Leo abzustoßen, nur um Lynn weiter büßen zu lassen. »Ich bin noch lange nicht fertig«, kreische ich.

»Shhhht... Lucy. Beruhig dich«, flüstert Leo mir energisch ins Ohr. Er zieht mich mit aller Kraft zurück. Dreht mich in seinen Arm und drückt mich so fest, dass ich vor lauter Zuwendung anfange zu schluchzen. Und zwar ungebremst. Ich kann mich kaum noch halten. Würde Leo mich nicht stützen würde ich auf dem Boden zusammensacken.

»Erklär es mir...«, verlangt Leo mit aller Deutlichkeit.

»Der Fahrer des Autos. Mein Unfall. Es war Lynn! Ich erkenne ihr Auto wieder. Mit dem roten Sylt Aufkleber. Es ist alles wieder da«, schluchze ich.

»Das darf nicht wahr sein.« Leo fährt sich mit der einen Hand durch sein Gesicht. Die andere hält mich weiter. Vermutlich aus Angst ich würde mich losreißen.
Fuck, jetzt wird Leo wütend. Er lässt mich los und wendet sich Lynn zu.

»Ist das wahr Lynn?«

Lynn entfährt ein schluchzen und sie sieht noch immer zu Boden und hält sich ihr blutverschmiertes Gesicht.

»Lynn! Rede mit mir. Oder ich rufe sofort die Bullen«

»Ja. Ich war's«, sagt sie kühl und beginnt ihren Kopf nach oben zu neigen. »Sie hat es verdient. Sie nimmt Dich mir weg!«, fährt sie hasserfüllt fort. Das Schluchzen ist ihr bereits vergangen.

»Scheiße. Du bist so krank. So krank! Das darf nicht wahr sein. Ich will dich nie wieder sehen du Miststück! Ich werde meinem Vater alles beichten. Du verlierst deinen Job und mich sowieso!«

»Du wirst es ihm nicht sagen! Leo. Dann sitze ich auf der Straße«

Leo lacht gekünzelt »Oh man. Du weißt nicht, wie fucking egal mir das ist!«

»Sollte es aber nicht... Ich habe dich noch immer in der Hand!«, stammelt Lynn.

»Ha! Das du es wagst, es wagst jetzt diese Karte zu spielen. Dann mach doch!«

»Deal: Mein Job für deine Liebe«, schlägt sie Leo vor.

Ist nicht ihr ernst. Wütend, dass sie Leo in der Hand hat und überhaupt noch verhandeln kann. Die kommt dafür in den Knast, das kranke Stück! Er wird ja wohl nicht zustimmen...
Das ist nen beschissener Scherz. Mein Herz fängt an zu rasen. Das Adrenalin oder möglicherweise auch die Angst vor Leo's Antwort.

»Deal. Du hälst dich aus unserem Leben raus! Du gehst hier arbeiten und das wars. Du sprichst weder mit mir noch mit Lucy. Und ich schwöre bei Gott, Lynn...Kommst du ihr noch einmal zu nahe, dann gnade dir Gott. Nein..«,verbessert er sich: »Nein, selbst dann wird dir Gott nicht mehr zur Hilfe kommen!«

»Das kann nicht dein Ernst sein«, presse ich wütend hervor.

»Lucy, lass uns das in Ruhe besprechen«, sagt er und berührt mich an der Schulter. Doch ich schlage seine Hand weg.

»Nein! Diese kranke Frau gehört in den Knast. Erpressung und das...das war versuchter Mord!!«, schreie ich durch die Tiefgarage. »Dir geht es doch nur um deinen Arsch! Damit mit Papi alles wieder klar geht. Aber das kannst du vergessen! Sie wird büßen!«

»Lucy...so können wir endlich... zusammen sein. So richtig.« Er zwingt sich ein freundiges Lächeln dazu ab.

»Ernsthaft? Doch nicht so. Niemals!« wütend stapfe ich aus der Tiefgarage.

»Lucy, warte!«, ruft mit Leo hinterher und packt mich an der Schulter, um mich umzudrehen.

In diesem Moment bin ich so geladen, so auf 180, dass ich ihm im drehen einen schallernde Ohrfeige gebe, die durch die ganze Tiefgarage hallt.

Leo hält sich sofort die Hand an die Wange und sein trauriger, zerstörter Blick macht alles in mir kaputt. Fuck. Das war vielleicht ein biscchen übertrieben... aber es geht nicht anders. Es geht nur nach ihm! Aber nicht mit mir. Ein unangenehmes Schweigen breitet sich aus und ich flüchte zügigen Schrittes aus der Tiefgarage. Leo folgt mir nicht.

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt