Es tut mir wirklich Leid, dass das neue Kapitel solange auf sich hat warten lassen. Danke für Eure Geduld. Ich habe derzeit Urlaub und war trotzdem total im Weihnachts- und Klausuren-Stress! Die nächsten Kapitel kommen wieder häufiger - versprochen! Dieses Kapitel wird auch etwas weihnachtlich, passend zum Anlass! Viel Spaß :)
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Niedergeschlagen starre ich die Tür meines Zimmers an, die Hannah gerade von außen geschlossen hat. Mein Kopf brummt von dem ganzen Stress und meinem Gedankenchaos. Hoffentlich gibt der Arzt heute sein Ok zur Entlassung. Ich wünsche mir nämlich nichts sehnlicher, als mich endlich in meinem eigenen Bett verkriechen zu können.
Völlig in Gedanken versunken, erinnere ich mich an die Zeit bei meinem Onkel, vermutlich weil ich jetzt selbst Verantwortung für ein Kind übernehmen muss. Ich möchte niemals so werden wie er es war. Niemals...
Rückblick:
»Lucy, komm! Das Essen ist fertig und ich warte nicht ewig«, brüllt Stuart die Treppe hinauf.
Wütend über seinen Ton lasse ich mir bewusst noch etwas mehr Zeit und betrachte meine Frisur im Spiegel. Das zweite Weihnachten ohne meine Eltern und ich finde es furchtbar. Am liebsten würde ich die Feiertage überspringen. Mit meinen Finger zwirble ich eine Strähne durch meine Hände und denke gedankenverloren an die Festtage zurück, die ich noch mit meinen Eltern verbracht habe. Der Weihnachtsbaum erstrahlte und wurde immer mit roten Kerzen geschmückt. Meine Mutter konnte Lichterketten nicht ausstehen. Ein Grinsen kommt mir über die Lippen, ehe mich mein Onkel erneut aus meinen schönen Tagträumen reißt:
»LUCY! Ein letztes Mal!«
Inzwischen ist sein Ton so verdammt wütend und energisch, dass ich beschließe lieber schnell ins Wohnzimmer zu gehen. Traurig trotte ich die Treppe hinunter, mein Onkel wartet bereits unten und starrt mich wütend an.»Das wird auch Zeit. Die Würstchen werden kalt«, zischt er.
»Es gibt Würstchen, juhu!«, scherze ich trocken. Ich hatte mich eigentlich auf etwas Schöneres gefreut, wie zum Beispiel einen Braten.
»Würstchen sind der Dame wohl nicht fein genug, was?«
»Ich scherze nur Stuart«, entgegne ich um seine Wut nicht noch weiter anzufachen.
»Du... Argh! Wie kann man nur so undankbar sein? Ich ziehe dich von meinem Geld mit auf, gebe dir ein Dach über dem Kopf und besorge dir sogar ein Weihnachtsgeschenk! Also sei gefälligst etwas dankbarer, du verwöhnte Göre!«
Schockiert über seine Wortwahl kann ich eine einzelne Träne nicht unterdrücken und diese kullert sogleich über meine Wange.
»Hör auf zu heulen! Du weißt ich mag das nicht. Da kriegste gleich eine geschossen...« den letzten Teil hat er nur vor sich hingemurmelt, doch ich habe es gehört. Jedes einzelne Wort.
Stuart nimmt am Tisch platz. Dieser ist nicht wirklich weihnachtlich gedeckt. Lediglich ein Teelicht steht in der Mitte. Also kein Vergleich zu der Deko, die meine Mutter damals aufgefahren hat. Mit Besinnlichkeit oder Gemütlichkeit hat dies rein gar nichts zu tun. Dies versetzt mir erneut einen Stich. Warum kann es nicht einfach so sein wie früher? Warum muss ich sowas mitmachen?
Stuart tut sich einen ordentlichen Schwung Kartoffelsalat auf den Teller und fischt sich ein paar Würstchen aus dem Topf und legt sie auf seinen Teller. Sein Blick wandert zu mir und er deutet mir, es ihm gleichzutun.»Ach. Lucy, würdest du bitte nochmal den Kartoffelschnaps holen?«
»Ja, klar.«
Resigniert, dass sich mein Onkel auch an Heilig Abend wieder volllaufen lässt, trotte ich in die Küche und greife nach der erstbesten Flasche. Im Wohnzimmer stelle ich die Flasche auf den Tisch und erkenne direkt an seiner Miene, dass es offenbar die falsche Flasche ist.
»Was kannst du eigentlich?«, zischt er. »Das ist Ouzo! Ich wollte den Kartoffelschnaps«
»Sorry, Stuart. Ich hole den anderen.«
Schnell springe ich wieder auf und suche in der Küche nach dem richtigen Schnaps. Fehlanzeige.
»Der steht hier nicht«, rufe ich aus der Küche. Ein vor Wut brennender Stuart taucht hinter mit auf und ehe ich mich versehen kann reißt er mich an den Haaren und geht mit mir im Schlepptau zum Kühlschrank. Mein Körper verkrampft sich und ich mache mich schon auf das Schlimmste gefasst. Er öffnet den Kühlschrank und brüllt: »Hier!«
Im Kühlschrank ist jedoch kein Kartoffelschnaps zu sehen, was er nun anscheinend auch bemerkt hat. »Lucy, wo ist der Schnaps?«, meckert er los.Du hast ihn vermutlich ausgesoffen, denke ich aber antworte dies natürlich nicht. Ich bin ja nicht lebensmüde...
»Ich.. ich.. weiß es nicht«, stottere ich ängstlich.
»Kinder sollen keinen Alkohol trinken!« Nun richtet er mich noch immer an den Haaren gezogen auf und blickt mir direkt in die Augen. »Hast du es wieder geschmuggelt? Zu einer deiner Freundinnen? Wolltest wohl cool sein, was?«Er redet so unglaublichen Schwachsinn. Bis dato habe ich noch nie einen Tropfen Alkohol angerührt. Er ist einfach ein zu schlechtes Vorbild.
»Äh.. ich hab den Schnaps nicht angerührt. Ich schwöre es!«
»Lüg nicht!«, wettert er und klatscht mir im selben Zug eine Ohrfeige ins Gesicht. Meine Tränen laufen und ich verschanze mich den Rest des Heiligen Abends in meinem Zimmer.
........
»Frau Richter, können Sie mich hören?«
Ich zucke zusammen und schrecke aus meinem Tagtraum. Die Maschine die meinen Puls kontrolliert piept nun deutlich schneller als noch heute Morgen. Verdammt, das kommt sicher nicht gut an.»Äh, ja! Entschuldigen Sie. Ich habe wohl geträumt«, sage ich zuckersüß. Er soll mir ja schließlich die Entlassungspapiere unterschreiben. Nachdem mich der Arzt misstrauisch gemustert und noch einmal alle Werte überprüft hat, kommt er zu dem Entschluss, dass ich nach Hause gehen kann. Gott sei Dank!
Am Eingang warte ich geduldig auf Hannah, die versprochen hat, mich nach Hause zu fahren. Mein Tagtraum hält mich immer noch auf Trapp und ich streichle gedankenverloren meinen Bauch. Niemals würde ich mein Kind so behandeln. Es soll ohne Verluste aufwachsen, ohne Gewalt und soll eine wunderschöne, behütete Kindheit haben. Dafür werde ich sorgen. Auch wenn es bedeutet, dass Leo zu dieser Zukunft nicht gehören würde...
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Faces - Enough for love?
RomanceLucy studiert PR und ist mit ihrem langweiligen Studentenleben mehr als zufrieden. Doch dieser Unfall und diese Begegnung stellen ihr ganzes Leben auf den Kopf. Sie ist eigentlich ein ganz braves Mädchen, aber plötzlich tut sie Dinge, die sie sonst...