Kapitel 80

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»Guten Morgen, mein Name ist Lucy Richter. Ich würde gerne zu Frau Dr. Schulte. Herr Dr. Mertens hat mir Sie empfohlen. Ich bin inzwischen in der achten Schwangerschaftswoche und bräuchte einen Kontrolltermin. Wenn möglich gerne früh morgens, damit mein Freund mich begleiten kann« Die Sprechstundenhilfe auf der anderen Seite der Leitung ist sehr freundlich und erklärt mir, dass jemand abgesprungen sei und direkt in einer Stunde ein Termin frei geworden wäre, den ich nun nehmen kann. Wie praktisch! Ich bedanke mich bei ihr und beende das Telefonat. Ohne groß zu zögern, wähle ich direkt Leos Nummer.

»Hi Babe!«, flötet er nach nur wenigen Sekunden in mein Ohr und ein Grinsen stiehlt sich direkt auf meine Lippen. Er ist es einfach. Es war immer er.
»Hi. Sag mal kannst du in 45 Minuten bei mir sein? Ich hab bei Frau Dr. Schulte einen spontanen Termin bekommen«, erkundige ich mich und hoffe er hat dafür Zeit.
»Klar, ich sage in der Praxis Bescheid und dann hole ich dich ab. Ich muss um 10 Uhr zurück sein, aber das sollten wir ja schaffen. Bis gleich!«

Nachdem Leo aufgelegt hat, entschwinde ich schnell ins Bad, um mich fertig zu machen. Ein hübsches Make-Up hat noch niemandem geschadet. Ich binde mein Haar zu einem hohen Pferdeschwanz und ziehe meine bequeme Jeans an. Dazu entscheide ich mich für ein gestreiftes Longsleeve und meine schwarzen Ballerina. Etwas nervös streiche ich über meinen Bauch. Ich kann mein Glück, dass mich Leo begleitet, gar nicht fassen. Als ich die Nachricht erhalten habe, dachte ich noch, ich müsste alles alleine durchstehen. Zu wissen, dass nun Leo da ist und auch mitkommen will, macht mich unglaublich glücklich. In der Küche löffle ich schnell noch ein Müsli, ehe es auch schon klingelt.

Ich betätige den Summer und öffne Leo die Tür, der die Treppen direkt hochgesprintet kommt. Und wie wäre es anders zu erwarten: Er sieht mal wieder hinreißend aus! Er trägt bereits ein dunkelblaues Poloshirt, welches er vermutlich, dann in der Praxis tragen wird. Dazu eine dunkle Jeans und helle Sneakers. Seine braunen Locken stehen etwas ungebändigt vom Kopf ab, aber das sieht unglaublich heiß aus.

»Guten Morgen, meine Liebe. Habt ihr gut geschlafen?«, grinst er mich an und platziert einen Kuss auf meiner Stirn.

»Wir?« Erschrocken reiße ich die Augen auf. Oh Gott, weiß er von Zec? Schlagartig schnellt mein Puls in die Höhe.

»Na du und mein Baby«, grinst er und scheint meine Angst nicht bemerkt zu haben.
»Ach«, lache ich gekünzelt. »Ja, sehr gut. Gut.« Ich muss es ihm nachher unbedingt beichten. Es warne nur zwei Küsse. Harmlose Küsse. Er muss das einfach verstehen.

Nach einer rasanten Fahrt in Leo's Ferrari erreichen wir die Frauenarztpraxis. Natürlich musste er ausgerechnet heute mit der Karre fahren... Grinsend verdrehe ich die Augen als wir aussteigen.

»Was denn?«, strahlt er mich an.
»Der Rover hätte es heute auch getan, du Angeber!«
Leo bricht in schallendes Gelächter aus. »Solange der kleine Bub noch nicht da ist, werde ich jede Sekunde mit meinem Baby ausnutzen.«

»Diese Diskussion ist zwecklos. Lass uns rein gehen!«, stelle ich fest und reiße ergebend die Hände hoch. Leo nimmt meine Hand und wir betreten die Praxis. Die Sprechstundenhilfe bittet uns im Wartezimmer Platz zu nehmen und meint, es könne noch ein paar Minuten dauern. Nervös knete ich meine Hände die in meinem Schoß liegen. Irgendwie ist das alles trotzdem noch Angst einflößend. Ich hoffe, dem Baby geht es gut. Was mich aber viel mehr beunruhigt sind meine Narben. Ich habe keine Lust, jedem diese Geschichte zu erzählen.

»Was ist denn?«, flüstert mir Leo ins Ohr, der meine wachsende Nervosität bemerkt hat.
»Ach... die Narben«, murmle ich leise, sodass nur Leo es hören kann. Sein Finger gleitet unter mein Kinn, sodass ich ihn ansehen muss. Dann küsst er mich ganz zart. »Mach dir keinen Kopf. Das gehört zu dir und du musst nicht darüber reden.«
Ich nicke nur kurz. Irgendwie fühle ich mich automatisch etwas beruhigt. Ich versuche mich gerade daran zu erinnern, wie lange meine letzte Panikattacke her ist, als wir aufgerufen werden.

Im Sprechzimmer bittet mich die Sprechstundenhilfe schon mal auf der Liege platz zu nehmen. Leo setzt sich neben mich auf den Hocker und grinst mich an.

»Die Rolle steht dir«, grinse ich ihn an.

»Die als fürsorglicher Vater?«, schmunzelt er.
Jetzt muss ich lachen und meine Nervosität ist für diesen Moment fast wie weggeblasen. »Haha... nein. Die eines Arztes, der seine Patienten mit dem Hocker umkreist«

»Sehr witzig.«

In diesem Moment kommt Frau Dr. Schulte rein und lächelt uns an.
»Guten Morgen Frau Richter. Ich bin Frau Dr. Schulte und schaue mir heute mal den aktuellen Stand an. Möchten Sie mir verraten, wer Sie begleitet?« Die Ärztin reicht mir freudestrahlend die Hand und ich schüttle sie ebenso freundlich. Leo erhebt sich direkt und ergreift ebenfalls ihre Hand. »Prof. Dr. Heine, schönen guten Tag«
Oh man, war ja klar. Ich muss grinsen.
»Ah, ein Kollege. Wie schön. Lassen Sie mich raten: Chirurgie?«
Leo schmunzelt. »Ja, genau. Was hat mich verraten?«
»Die Metzger-Hände«, spotte ich und die Ärztin fällt in mein Lachen ein.

Sie bittet mich den Bauch frei zu machen und will mit der Untersuchung beginnen. Urplötzlich habe ich wieder Angst meine Narben zu zeigen und blicke verunsichert Leo an. Der nickt mir aufmunternd zu. Ich ziehe mein Shirt langsam hoch und murmle: »Meine Kindheit war nicht ganz so einfach«
Die Ärztin ist jedoch so professionell, dass sie darauf gar nicht groß eingeht und stattdessen mit der Untersuchung beginnt. Als sie uns auf dem Ultraschallgerät das Baby zeigt, drückt Leo meine Hand so stark, dass ich befürchte diese würde gleich brechen. Dabei strahlt er über das ganze Gesicht und das wiederum lässt mich strahlen.


Als Leo mich zu Hause absetzt grinst er mich an.
»Danke, dass ich mitkommen durfte. Das war einfach der Wahnsinn. Darf ich in zwei Wochen wieder mit?«, erkundigt er sich.
»Danke, dass du mich begleitet hast. Ja klar. Sag mal, hast du heute Abend schon was vor?«
»Nein«, er grinst mich schelmisch an.
»Bei dir um 20 Uhr? Ich kann was vom Chinesen mitbringen?«
»Klingt super. Ich muss jetzt in die Praxis, wenn was ist, melde dich!«

Dann drückt er mir einen sanften Kuss auf, ehe ich aussteige und er mit grölendem Motor davon braust.

Faces - Enough for love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt