Eineinhalb Jahre zuvor
Wie eine Raubkatze, schlich ich durch den dichten Wald. Meine Finger umklammerten fest den Griff meines Bogens, die Knöchel traten weiß hervor. Bei jedem kleinsten Geräusch horchte ich auf. Überall könnte ein widerwärtiger Streuner lauern und ich wollte nichts Riskieren.
Am liebsten wäre ich jetzt bei Rosita und den anderen in Alexandria, doch ich musste meinen Willen wieder durchsetzen und mich auf die Jagd begeben - Alleine im Wald. Bei Daryl schien alles immer so einfach. Beinahe täglich führte er einen Alleingang in den Wald oder verlassenen Dörfern, um nach Vorräten zu schauen. Dies war beinahe seine Comfort Zone.
Wie hätte ich mir jemals vorstellen können, dass ich sowas vielleicht auch meistern könnte, ohne einen Herzinfarkt zu bekommen.
Daryl ist auch viel schlauer und geschickter mit Waffen als du, du Idiot! Nun haben wir uns hier im Wald verloren, meldete sich mein Unterbewusstsein unnötiger Weise zu Wort. Ich sah es vor meinen Augeninneren: Die Arme vor der Brust verschränkt, die Haare zerzaust, zusammen gepresste Lippen und die Augen zu Schlitzen verengt. Ich seufzte leise auf. Wie sehr meine Innere Stimme danach verlangte mich in den Wahnsinn zu treiben.
Ein Knacken riss mich aus meinen Gedanken. Reflexartig hob ich die Waffe und drehte mich um meine eigene Achsel. Ein Tier mit braunem Fell und ebenfalls braunen Knopfaugen starrte mich an. Es war ein Reh. Zögernd senkte ich den Bogen und beäugte es misstrauisch. Wie konnte es so lange überleben? Die meisten Rehe waren bereits von Streunern verspeist wurden, doch dieses nicht. Zumindest noch nicht. Bestimmt hatte es seine Eltern längst verloren, so wie ich meine. Noch immer schmerzte der Gedanke und versetzte mich in die Vergangenheit zurück.
Vorsichtig machte ich einen Schritt auf das Tier zu, welches zu meiner Verwunderung stehen geblieben war. Meine Hand streckte sich nach vorne, doch noch bevor meine Fingerspitzen das Fell berühren konnten, ertönte ein lautes Fluchen und es rannte vor Schreck davon. Verwirrt schaute ich mich um und es ertönte erneut.
Meine Muskeln spannten sich an, als ich zu realisieren begann, dass ich nicht alleine war.Schnell sprang ich auf und folgte den Flüchen, die zum größten Teil aus Beleidigungen bestanden, tiefer in den Dunklen Wald. Äste streiften meine Arme, kleine Stöcker brachen unter meinen Schuhsohlen und das Laub, das sich auf dem Boden angesammelt hatte, raschelte. Keinesfalls war ich leise und lockte wohl jeden Streuner Meterweit entfernt an, doch das kümmerte mich nicht. Nein, meine Aufmerksamkeit galt dem Mann, der nicht aufhören wollte zu schreien.
Ich rannte und rannte, bis ich ich ihn endlich vier Bäume entfernt erblickte. Der Fremde war groß, das schwarze Haar hing ihm ins Gesicht und eine Lederjacke spannte sich um seinen Oberkörper. Fest umklammert hielt er einen Drahtumwickelten Baseballschläger in der Hand und lachte laut auf, als er einen weiteren Schädel zerschlug.
Schnell suchte ich Deckung im Gebüsch und beäugte skeptisch die Szenerie. Auch wenn der Fremde sich deutlich zu amüsieren schien, keineswegs würde er all die Streuner, die ihn langsam einkesselten, alleine erledigen können.
Ich dachte über meine Optionen nach : Wegrennen oder helfen.
Würde ich die Flucht ergreifen, stünde mein Leben zwar nicht in Gefahr, doch das des Fremden wäre sicherlich bald zu Ende, aber wie hoch stünden meine Überlebenschancen wenn ich bleiben würde?Ich versuchte, mein nerviges Unterbewusstsein auszublenden, das sich erneut zu Wort meldete.
Was machst du denn? RENN WEG! Du dümmliches Ding! Denkst du wirklich, du kannst ein Dutzend dieser Dinge ausschalten?
Wieso konnte ich es nicht einfach das Maul stopfen? Doch es hatte recht. Ich war wirklich dumm. Ohne weiter nachzudenken, trat ich aus meinem Versteck, zog mein Messer aus der Gürteltasche und stürzte mich auf die Streuner.
Ihre Aufmerksamkeit galt ausschließlich dem Mann, dass ich perfekt von hinten angreifen konnte. Ich hatte vier erledigt, als die ersten mich bemerken, genauso wie der Fremde, der endlich aufgehört hatte zu Fluchen und mich stattdessen ungläubig anstarrte, als hätte er einen Geist gesehen.
»Ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen!« Stieß ich mühsam hervor und vergrub meine Klinge in einen weiteren Schädel.
»Ich weiß!« Knurrte er böse, holte mit dem Schläger aus und schlug den Streuner dicht hinter sich zu Boden. Es dauerte nicht lange, da lagen alle Toten auf den Boden.Ein erleichtertes seufzen entfloh meinen Lippen, bis ich den zwei funkelnden grünen Augen des Fremden begegnete.
»Was fällt dir ein, dich in meine Sachen einzumischen?!« Stieß er zähneknirschend hervor und stapfte auf mich zu. Ich stutzte und stemmte die Hände in die Hüfte.
»Spinnst du?! Ich habe gerade dein Leben gerettet.« Mühelos hielt ich seinen durchlöchernden Blick stand und für eine Splittersekunde konnte ich sowas wie Unsicherheit in seinen Augen erkennen. Er trat weitere Schritte auf mich zu, doch diesmal mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht.»Nein, ich habe dein Leben gerettet.« Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch nichts wollte meinen Lippen entfliehen.
Er hatte mein Leben gerettet? Mechanisch schüttelte ich den Kopf hin und her, bereit, die letzten Worte des Fremden einfach so hinzusehen und davonzugehen, als er plötzlich meinen Arm packte und grob zurückzog.
Schnell zog ich mein Messer und stieß es in seinen Oberschenkel, dass ein schmerzerfüllter Schrei seine Lippen verließ.
»Tut mir leid, doch du hast mir keine andere Wahl gelassen. Ich bin sicher, dass du eine Gruppe hast und mit dieser kleinen Verletzung wirst du es sicherlich schaffen, dorthin zu gelangen.« Ich versuchte, so unbekümmert wie nur möglich zu klingen, doch versagte kläglich, als er zu lachen begann. Dennoch ließ ich mich nicht davon beirren und ging Kopfschüttelnd davon.
Hätte ich ihn töten sollen?
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All I want is you (Negan ff)✔️
FanfictionSaraya ist ein Mitglied in Rick's Gruppe. Sie lebt gut mit ihrem Freund Daryl zusammen und sieht die Leute aus Alexandria als ihre Familie an, bis sie auf Negan trifft. Einem kalten Monster und doch spürt sie, dass er ein Herz hat. Dass es eine gute...