Kapitel 33 ~ "Ich will nicht dein Gefährte sein."

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PoV Ronald

Leon trank nicht. Ich weiß nicht, ob er es nicht wollte oder einfach nicht mehr da war. Aufjedenfall stand sein Leben gerade am Abgrund.
Ich drückte meine Hand noch fester gegen seinen Mund, in der Hoffnung so eine Reaktion zu bekommen, aber nichts. Meine Hand fing leicht an zu zittern.
"Verdammt, Leon. Ich will das doch auch nicht. Aber jetzt stell dich nicht so an. Dein Bruder wird mich umbringen." Das letzte nuschelte ich nur noch. Leon reagierte immer noch nicht und langsam bekam ich es ein wenig mit der Angst zu tun.
"Na schön, dann eben die harte Tour." Ich riss eine Schublade auf und holte eine Spritze raus. Ob das klappen würde, wusste ich nicht, aber mir gingen sowohl Optionen als auch die Zeit aus.
Ich stach mir mit der Spritze in den Arm und nahm mir mein Blut ab. Hoffentlich funktionierte das, es musste funktionieren.
Das war Leons, und meine, letzte Chance.
Ich setzte die Spritze direkt über Leons Herz an und vorsichtig spritzte ich mein Blut in Leons Herz und hoffte, er würde nicht sterben.
Mit zittriger Hand fühlte ich, nach ein paar Sekunden, am Hals nach Leons Puls und atmete erleichtert aus, als ich einen fand.
Als hätte mich alle Kraft verlassen, sank ich jetzt zu Boden und winkelte die Beine an.
Jetzt hieß es warten, bis sich mein Blut in Leons Körper verteilte und ihn heilte.
Zumindest war er erstmal außer Lebensgefahr.
Ich schloss die Augen und ließ meinen Kopf gegen die Matratze sinken. Bisher hatte ich gedacht, Leons tot würde mir nichts ausmachen, zumindest nicht so viel. Aber es hatte sich angefühlt, als wäre ich mit ihm fast gestorben.
Und jetzt waren wir verbunden.
Ich hatte noch nie einen Gefährten und wusste nicht genau, was das jetzt für mich hieß. Es von jemand anderen zu hören war immer noch anders, als es selbst zu spüren.
Und ich spürte Leons Schmerzen. Meine Hand verkrampfte sich. Wie sollte ich mit der Situation umgehen? Leon würde mein ganzes Leben bei mir sein, es wird mich einschränken.
Und trotzdem hätte ich immer wieder die selbe Entscheidung getroffen.
Als ich eine Hand an meinen Haaren spürte, zuckte ich kurz zusammen. Dann drehte ich meinen Kopf nach links. Leon hatte die Augen einen Spalt geöffnet und sah mich mit trüben Augen an. Seine Hand strich durch meine Haare, wahrscheinlich war er noch zu schwach zum Reden. Er hatte immer noch Schmerzen.
Jetzt waren wir sowieso schon verbunden, schlimmer konnte es also nicht werden.
Deswegen stand ich auf und schnitt mir erneut in die Handfläche und hielt sie Leon hin. Es sollte seine Entscheidung sein.
Sein Blick wanderte zwischen mir und meiner Hand hin und her, ich spürte sein Zögern. Aber letztendlich hob er ein Stück sein Kinn an, um zu symbolisieren, dass er nichts dagegen hatte.
Also drückte ich wieder meine Hand gegen Leons Mund, an dem noch von eben ein wenig Blut war.
Sobald Leon den ersten Tropfen von meinem Blut zu sich nahm, breitete sich ein warmes Gefühl in meinem Körper aus und ich seufzte.
Mich überkam keine unbändige Lust, immerhin war die Situation mehr als unangebracht für Sex. Aber ich fühlte mich so wohl, wie schon lange nicht mehr. Als würde man nach einer langen Reise zu Hause ankommen und sich geborgen fühlen. Eine leichte Gänsehaut überzog meinen Körper.
Mit jedem Schlucken von Leon bekam sein Gesicht eine gesündere Farbe und der Griff um mein Handgelenk verstärkte sich. Auch sein Blick wurde klarer. Letztendlich drückte er meine Hand von seinem Gesicht und drehte den Kopf zur Seite. Sah mich nicht an. Offenbar wusste er nicht, was er sagen sollte, aber er fühlte sich sichtlich unwohl. Mein Blick wanderte über Leons Oberkörper, aber das schwarze Gift war vollständig aus seinem Körper verschwunden.
"Bin ich noch in Lebensgefahr?" fragte Leon leise mit heiserer Stimme, sein Blick war immer noch abgewandt.
"Nein." Leon nickte nur und schluckte schwer. Die Stille, die sich ausbreitete war erdrückend.
Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, sah Leon mich an.
"Ich will nicht dein Gefährte sein." Ich lachte bitter auf. Zurückweisung war für mich nichts Neues.
"Und ich nicht deiner."

Der Bruder des SehersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt