Kapitel 7 ~ Das Treffen

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PoV Leon

Ich wusste, dass es kein normaler Traum gewesen war, dass hätte ich bemerkt. Ronald wollte sich also mit mir treffen? Was könnte er wollen?
Sollte ich es jemanden sagen? Hingehen? Oder vielleicht doch besser Crispin schicken?
Allerdings hatte Ronald mir den Traum geschickt und nicht ihm, also wollte er Crispin wahrscheinlich auch nicht sehen.
Letztendlich hatte ich mich entschlossen hinzugehen und so kam es, dass ich jetzt vor dem Restaurant stand und mich unschlüssig umsah.
Sollte ich vielleicht einen Blick in meine Zukunft wagen? Nur um zu sehen, ob ich das überlebte?
Andererseits sah ich vielleicht etwas, was ich nicht sehen wollte.
Ich seufzte und betrat das Restaurant. Eigentlich war es nichts besonderes, ein netter, kleiner Laden.
Allerdings ging ich stark davon aus, dass mit diesem Laden etwas ganz und gar nicht stimmte. Ich hatte so ein komisches Gefühl im Magen.
"Bist du Leon?" riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken und ich sah eie Frau an, die vor mir stand.
"Ich bin Leonie, Ronalds rechte Hand, wenn du so willst." Ich runzelte die Stirn und unterzog sie einer Musterung. Sie war keine ein Meter sechzig groß und sah aus, als wäre sie gerade sechzehn geworden. Allerdings konnte das äußere Täuschen.
Eine Dämonin war sie nicht.
Alle Dämonen hatten diese seltsame Wirkung auf Menschen, wodurch sich der Mensch zu dem Dämon hingezogen fühlte. Das war hier nicht der Fall.
"Er wartet auf dich. Komm mit." Kurz zögerte ich, dann folgte ich Leonie und sie führte mich an einen Tisch, in einer Ecke des Restaurants.
Ich erkannte ihn sofort, immerhin hatte er sich nicht verändert. Zumindest nicht sehr.
Am auffälligsten war die Brandnarbe in seinem Gesicht, die sich fast über die komplette linke Gesichtshälfte zog.
Ich setzte mich Ronald gegenüber und sah in seine Augen.
Auch wenn Ronald keine Kräfte hatte, zeigte mir der Ausdruck in seinen Augen, dass man ihn nicht unterschätzten sollte.
"Ich dachte nicht, dass du wirklich kommst."
Ich lehnte mich im Stuhl zurück und starrte ihn nur an.
Was durfte ich ihm sagen? Wie viel durfte ich ihn sagen? Vielleicht hätte ich doch mit Erik und Crispin reden sollen.
"Du zweifelst. Das sieht man dir sofort an." Ich versuchte möglichst gleichgültig zu schauen.
"Warum bin ich hier? Was willst du Ronald?" Jetzt zierte ein leichtes Grinsen Ronalds Gesicht.
"Ich schätze, wir leiden unter dem selben Problem. Auch wenn es sich euch noch nicht so deutlich gezeigt hat." Redete er von der Leiche? War er auch bedroht wurden?
Gerade als ich eine dieser Fragen stellen wollte, kam eine Kellnerin und stellte uns beiden ein Glas Wasser hin.
Ronald warf ihr einen vernichtenden Blick zu und sie verschwand schnell wieder.
"Trink das nicht." fuhr Ronald mich an und griff nach dem Glas. Ich runzelte die Stirn und beobachtete, wie Ronald an dem Wasser roch.
"Was tust du?" Ronald stellte das Glas wieder vor mich und verschränkte die Arme.
"Dieses Restaurant ist eine Spielwiese für Dämonen. Sieh hin." Er deutete mit dem Kinn auf eine Stelle hinter mir. Ich drehte den Kopf und sah eine Familie an einem der Tische sitzen. Eine Frau, ein Mann und ein kleines Mädchen. Der Mann hustete kurz und lächelte dann seiner Tochter zu.
"Das Wasser wird hier kostenfrei an alle Gäste ausgeteilt. Und teilweise ist es vergiftet." hörte ich Ronald sagen und sofort drehte ich mich erschrocken zu ihm um.
"Wie bitte?" Ronald zuckte nur mit den Schultern.
"Dämonen liegen den Kick. Adrenalin und den Scheiß. Das hier ist wie russisches Roulette. Manche leben. Manche sterben." Fassungslos sah ich Ronald an.
Wie kalt er das sagte. Es war ihm total egal.
Ich beugte mich ein Stück vor.
"Dieser Mann ist vielleicht dreißig Jahre alt. Seine Tochter keine fünf. Du lässt zu, dass ihr Leben zerstört wird." Jetzt beugte sich auch Ronald vor, sodass unsere Gesichter keine zwanzig Zentimeter voneinander entfernt waren.
"Ist mir egal. Ist nicht mein Leben." Einen Moment war ich wirklich zu geschockt, um etwas zu sagen.
"Dein Wasser ist übrigens sauber." Ich schnaufte und lehnte mich wieder zurück.
"Ich vertraue dir nicht." Ronald zuckte mit den Schultern.
"Ist mir auch egal." Wir sahen uns in die Augen, es war ein stummes Blickduell.
"Reden wir darüber, warum du hier bist." unterbrach Ronald die Stille und lustlos nickte ich.

Der Bruder des SehersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt