Kapitel 22 ~ Der Club

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Lesenacht 2

PoV Leon

Ich saß im Bett und starrte die Wand an. Mein Herz war gebrochen, die Sorge um meine Familie fraß sich in meinen Verstand und die Erschöpfung forderte ebenfalls ihren Tributen. Ich war in jeglicher Hinsicht erledigt.
Aber schlafen gehen würde ich nicht. Ronald hatte mir zusätzlich zu dem Heiltrank noch etwas anderes gebracht. Als wüsste er, dass ich nicht schlafen wollen würde, hatte er mir einen Trank gebracht, der genau das verhinderte. Ich hätte nicht mal schlafen können, wenn ich es gewollt hätte.
Von oben hörte ich die Musik und das laute Lachen. Scheinbar war Ronalds Club gut besucht.
Ich beschloss nach oben zu gehen, mir war langweilig, außerdem wollte ich mich ablenken. Leise schlich ich aus dem Zimmer, vor etwa einer Stunde, nach dem Vorfall mit Mia, waren Jerom und Niclas runter gekommen und schliefen jetzt aneinandergekuschelt im Bett.
Der klapprige Fahrstuhl fuhr nach oben und in jeder Sekunde wurde die Musik lauter.
Soweit ich das gesehen hatte, hatte der Laden drei Abschnitte.
Der Teil, wo wirklich Stripper unterwegs waren, den würde ich also meiden, den Teil wo die privaten Vorstellungen waren, ebenfalls nichts für mich und der Teil, der eine ganz normale Tanzfläche hatte. Diesen steuerte ich an.
Auf der Tanzfläche war sehr viel los, man konnte kaum einzelne Personen ausmachen, es sah aus, wie ein Haufen. An der Seite waren Ledersofas um Tische aufgebaut. An einem davon erkannte ich Leonie. Auf sie ging ich auch jetzt zu.
Also Leonie mich sah, lächelte sie und schob mir ihr Glas rüber.
Es war hundertprozentig Alkohol darin, aber das interessierte mich nicht. In einem Zug leerte ich das Glas und sofort schenkte Leonie nach.
"Ich hab gehört, was passiert ist. Tut mir leid." Ich nickte nur und trank das nächste Glas. Die Flüssigkeit stellte sich als Whisky heraus. Allerdings viel stärker als gewöhnlich.
"Du wirst drüber hinweg kommen." redete Leonie weiter mit mir, aber ihr Blick galt einem anderen Geschehen.
Ich folgte Leonies Blick auf die Tanzfläche und begriff sofort, was sie da anstarrte. Oder besser wen.
Ron tanzte zusammen mit drei weiteren Personen, zwei Frauen und einem Mann. Ron und der andere Mann waren beide Oberkörperfrei und auch die beiden Frauen zeigten mehr als sie verdeckten.
"Ronald tanzt mit alles und jedem. Aber bei der Wahl seiner Bettgefährten ist er sehr zimperlich. Jeder Mann und jede Frau in diesem Club würde töten, um mit Ronald das Bett zu teilen." redete Leonie weiter, die ihre Augen genausowenig von den vier Tänzern nehmen konnte, wie ich.
Sie tanzten alle so eng beieinander, dass es aussah, als hätten sie gleich auf der Tanzfläche Sex. Aber wahrscheinlich würde das auch niemanden stören.
"Für die Leute hier ist es quasi eine Ehre. Soweit ich weiß, bist du auch der einzige Mensch hier. Also lauf lieber nicht alleine herum." Ich nickte nur und riss meinen Blick los.
Ich konnte ihn doch nicht so anstarren. Während ich mich selber zurecht wies, trank ich noch ein Glas und spürte, wie mir warm wurde. Leonie sah mich alamiert an.
"Das ist stärker, als das Zeug was du kennst. Trink lieber nicht zu viel davon." Ich zuckte nur mit den Schultern. Betrunken sein war im Moment nicht das schlimmste, was passieren könnte, also was soll's?
Mein Blick fiel wieder auf die tanzende Menge. Ron schien jetzt auch bemerkt zu haben, dass er beobachtet wurde. Sein Blick wanderte von Leonie zu mir. Er sah mich direkt an, während eine der Frauen sich mit ihrem kompletten Körper an ihn drückte. Das Ganze kam mir einfach zu Intim vor, also wandte ich den Blick wieder ab.
"Weißt du, in diesem Club hier, spielt das Geschlecht keine Rolle. Hier gibt es kein Mann und Frau. Hier gibt es nur, wen Begehre ich und wen nicht." erklärte Leonie mir und als wäre dss Ronalds Stichwort löste er sich von der Gruppe und kam auf uns zu.
"Wo ist Mia?" fragte ich und Ron verdrehte die Augen.
Sein Oberkörper war verschwitzt und verlegen drehte ich den Kopf in eine andere Richtung.
"Da reden wir besser morgen drüber. Du solltest dich jetzt noch etwas amüsieren. Der Trank hält nicht ewig." In Ronalds Augen sah ich die Herausforderung. Er glaubte nicht, dass ich mitmachen würde.
Ich wurde nie wirklich herausgefordert. Aber der Gedanke mich zu Beweisen gefiel mir.
Ich sah, wie Ron anfing zu grinsen, als ich aufstand, den Rest Whiskey leer trank und Ron dann zur Tanzfläche folgte. Der Alkohol gab mir wohl den Mut dazu, denn sonst war ich nicht so.
Oder vielleicht hatte ich bisher einfach nicht so sein können.

Der Bruder des SehersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt