Lesenacht 3/3
PoV Ronald
Das Ganze geschah wie in Zeitlupe. Ich sah, wie Leon zu Boden ging, Mia in Gestalt eines Vogels verschwand.
Erik rannte auf seinen Bruder zu und zog ihn an sich, während er einen herzzerreißenden Schrei aufstieß.
Ich konnte mich nicht bewegen. Nicht atmen. Nichts tun.
Aber dann bahnte sich durch all das Nichts in meinem Kopf ein Wort.
"Dämonenblut." flüsterte ich und Erik sah auf. Seine Augen waren knallrot, da er angefangen hatte zu weinen.
"Er hat Dämonenblut im Körper."
Mein Dämonenblut. Jetzt war ich grenzenlos erleichtert, dass Leon gestern von mir getrunken hatte, sonst wäre er jetzt endgültig tot.
So hatte er noch eine Chance als Dämon zurückzukommen. Eine fünfzig fünfzig Chance.
Erik schien zu begreifen und atmete erleichtert auf, während Crispin sich über das Gesicht strich.
"Wir müssen gehen." brachte ich hervor und war überrascht, dass meine Stimme kratzte.
Langsam ging ich zu Leon und hob ihn vorsichtig hoch.
Es war ein komisches Gefühl, weder spürte ich seinen Puls, noch hörte ich seine Atmung.
Ich presste die Lippen zusammen und versuchte den Gedanken zu verdrängen, was passieren könnte, sollte Leons Körper die Verwandlung nicht annehmen.
Er würde innerhalb der nächsten zwölf Stunden sterben.
Der Gedanke schnürte mir die Luft ab.
Die Fahrt nach Hause bekam ich nicht mit.
Eigentlich wusste ich nicht mal, wie ich ins Auto gekommen war. Ich wusste nur, dass ich Leon verletzt hatte. Natürlich hatte ich seinen Blick bemerkt, als Erik und Crispin so vertraut miteinander umgingen, aber ich hatte mich einfach nicht überwinden können seine Hand zu nehmen.
Ich dachte, ich hätte noch Zeit.
Also wir bei mir ankamen, mussten Leonie und Alex erstmal schlucken und sahen mich erschrocken an.
"Er ist nicht tot. Noch nicht." Am Ende versagte meine Stimme und das erste Mal seit Jahrhunderten traten Tränen in meine Augen, die ich kaum zurückhalten konnte, weswegen ich schnell nach unten ging und Leon in unser Bett legte.
Ich packte Leon in eine Decke, damit sein Körper nicht zu sehr abkühlte.
Dann setzte ich mich in meinen Sessel und beobachtete sein Gesicht. Seinen Körper.
Jede kleinste Bewegung war wichtig. Ob der Körper die Wandlung annahm, zeigte sich in den ersten zwölf Stunden. Selbst das zucken eines Fingers wäre ein Zeichen dafür.
Sollte sich allerdings in dieser Zeit nichts tun, würde sich auch nicht mehr tun.
Und ich wollte es nicht verpassen.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber ich hörte, wie die Türe geöffnet wurde.
Ich sah nicht hin. Ich musste Leon im Auge behalten.
"Ronald." Er war Leonie. Ihre Stimme klang mitfühlend, aber ich regte mich nicht.
Ich konnte es nicht. Etwas ließ mich wie erstarrt hier sitzen.
"Ron." versuchte Leonie es wieder, diesmal eindringlicher und sie kniete sich neben den Sessel. Aber ich sah sie immer noch nicht an. Plötzlich packte sie meine Hand und schüttelte daran.
"Papa, bitte! Sag was!"
Ich wusste nicht woran es lag, aber plötzlich fielen die Ketten, die mich fest gehalten hatten. Und sie bestanden einzig und allein aus meinen verdrängten Gefühlen, die sich angestaut hatten.
Ohne das ich es verhindern konnte, liefen die Tränen über mein Gesicht und ich schluchzte auf. Keine Sekunde später legte Leonie die Arme um mich und strich mir beruhigend über den Rücken.PoV Erik
Normalerweise war ich kein Fan von Ronalds Laden. Allerdings kam mir der Alkoholvorat gerade gelegen.
"Er wird die Wandlung schaffen. Da bin ich sicher." versuchte Crispin mich zu beruhigen. Aber selbst er klang nicht überzeugt.
Leon war gestresst gewesen die letzte Zeit und sehr emotional.
Das waren beides Faktoren, die die Wandlung behinderten.
Ich strich mir über die Stirn und wollte einen Schluck von dem Alkohl nehmen, aber Crispin hielt mein Handgelenk fest.
"Das wird dir nicht helfen. Vampire brauchen einiges an Alkohl, schon vergessen? Außerdem ist es kein Problemlöser." Ich nickte nur und stellte die Flasche wieder weg. Crispin stand auf und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
Er versuchte stark zu sein, aber ich wusste, dass es ihn auch belastete. Mehr als er zugeben würde.
"Ich hol dir einen Tee."
Und schon war Crispin nach unten verschwunden. Gerade als ich meinen Kopf in den Nacken fallen ließ, klopfte es an der Türe. Erstaunt hob ich die Augenbrauen und sah mich unsicher um.
Allerdings konnte der Tag nicht noch schlimmer werden, also stand ich auf und öffnete die Türe.
Als ich die durchnässte und dreckige Person vor mir erkannte, stolpterte ich einen Schritt zurück und musste mich an der Türe festhalten.
"Oh mein Gott." flüsterte ich und die Person schnaufte.
"Kannst dir ja vorstellen, wie ich reagiert habe."Was glaubt ihr, wer die Person ist? Schreibt es gerne in die Kommentare 😁
Wünsche eine gute Nacht🙂
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Der Bruder des Sehers
FantasiaTEIL 3 Leon ist erwachsen und wie sein älterer Bruder Erik, hat auch er übermenschliche Fähigkeiten. Schon als kleines Kind konnte Leon die Zukunft sehen, als Erwachsener sind seinen Fähigkeiten kaum noch Grenzen gesetzt, selbst die alte Wahrsage...