Kapitel 66 ~ das Team wächst

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PoV Leon

"Er ist wunderschön" hörte ich Ron hinter mir sagen und drehte kurz meinen Kopf zu ihm um. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er mir gefolgt war.  
Der Drache hatte schwarze Schuppen, die an den Spitzen ins blau übergingen und bildeten so einen schönen Farbverlauf, die Flügel ähnelten denen von Fledermäusen, sahen aber um einiges eleganter aus. Die Augen des Drachen sahen mich neugierig an und die Farbe erinnerte mich an meine, bevor ich zu einem Dämon wurde. Ob das nur Zufall war? 
Ohne Zweifel, er war wunderschön. Und hatte etwa die größe eines Hasen. 
"Keine Sorge, er wird noch wachsen, solange bis er sich den Kopf stößt." sagte Ron mit einem leichten lächeln im Gesicht. Ich schnaufte leise.
Wo zur Hölle sollte ich einen Drachen unterbringen? Eine ungünstige Zeit zum Schlüpfen hatte er sich ausgesucht.
"Was sollen wir jetzt mit ihm machen? Er wird zu groß werden für den Keller." gab ich zu denken und Ron legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Das wird schon. Wie willst du ihn nennen?" Ehrlich gesagt, hatte ich schon eine Weile nicht mehr an den Drachen gedacht. Mein Kopf war mit anderen Sachen gefüllt. Aber dennoch wusste ich sofort, wie ich ihn nennen wollte.
"Jerom." Ron verzog leicht das Gesicht, aber er hatte sich so schnell wieder unter Kontrolle, dass ich einen Moment dachte, ich hätte es mir eingebildet.
"Bist du dir sicher? Das könnte ungewollt Wunden aufreißen und ich bin mir sicher, ihr seid noch nicht ganz durch mit dem Thema."
Zwar war ich für Rons Besorgnis dankbar, aber für mich war es wichtig sich zu erinnern. Auch wenn es schmerzhaft war.
"Ich bin mir sicher." sagte ich leise und Ron drückte mir einen sanften Kuss auf die Schulter.
"Okay." Ich hielt dem Drachen zögerlich meine Hand hin, immerhin sahen seine Zähne auch jetzt schon aus, als könnten sie mir den Finger abbeißen, aber sobald meine Hand in Reichweite war, rieb Jerom seinen Kopf an meiner Hand, wie eine Katze.
Ron schnaufte.
"Ein Drache als Haustier. Ich glaub es nicht." nuschelte Ron und verließ daraufhin den Raum. Aber als ich meine Hand zurückziehen und ihm folgen wollte, biss Jerom leicht in meine Hand. Es gar nicht weh, so leicht war es, er wollte mich nicht verletzten, sondern, dass ich ihn weiter streichelte.
"Ich muss jetzt wieder gehen." versuchte ich ihm zu erklären, aber er krächzte eindeutig widerwillig.
Ich seufzte und setzte den Drachen vorsichtig auf meine Schulter.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er lachte kurz und schlang seinen Schwanz um meinen Hals.
"Na schön. Dann komm halt mit. Ich hoffe, du kannst kein Feuer spucken." nuschelte ich vor mich hin. Meine Haare bedeckten dem Drachen fast vollständig, wenn er jetzt Feuer spucken würde, hätte ich wieder kurze Haare. Vielleicht sollte ich mir Haargummis kaufen.
Ich ging mit Jerom im Gepäck in die Küche. Niclas saß dort und rührte abwesend in einem Glas Blut. Seltsamerweise wusste ich sofort anhand des Geruchs um welche Blutgruppe es sich handelte.
Erik las gerade in einem alt aussehenden Buch und sah auf, als er mich hörte.
"Hey. Wie geht's dir?" fragte er leicht lächelnd.
"Ganz gut. Ich gewöhne mich dran." Erik nickte zufrieden, dann fiel sein Blick auf meine Schulter und überrascht weiteten sich seine Augen.
"Er ist endlich geschlüpft?" Fasziniert beobachtete Erik den Drachen, der sich hinter meinen Haaren versteckte, als hätte er Angst vor Erik. Als ich das sah musste ich grinsen.
"Er mag dich nicht." Erik hob eine Augenbraue.
"Das wird er schon noch. Hast du was dagegen, wenn ich ihn nacher mal ansehe? Dann kann ich schauen, ob alles okay ist und zu welcher Rasse er gehört." Ich nickte nur und Erik sah zufrieden aus. Plötzlich fing er an zu grinsen.
"Wie findet Ronald es eigentlich, dass du im Moment stärker bist als er?" Überrascht sah ich auf und Erik grinste noch mehr.
"Ich wusste, er würde es dir nicht sagen. Wenn ein Dämon einen anderen erschafft, ist dieser für ein paar Tage stärker als sein Schöpfer."
Das hatte Ron nicht einmal angedeutet, aber wundern tat es mich nicht. Ron war nicht gerne unterlegen.
Aber erst jetzt wurden mir seine Worte erst richtig benutzt.
Ich war im Moment stärker als mein Schöpfer.
Stärker als Ronald.

Der Bruder des SehersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt