Please Don't Leave Me...

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-eine Woche später-

Spanien war wunderschön und so erholsam, doch leider sind wir inzwischen wieder zurück in Köln. Bis zum Auftritt in der Westfalenhalle sind es noch knapp drei Wochen. Langsam macht sich die Anspannung breit und alle sind dementsprechend auch gereizt. Als ich jedoch heute aus der Stadt komme ist irgendwas anders. Ich gehe in die Küche und treffe dort auf Dan und John. Und auf einen fremden Mann in einem dunklen Anzug. „Hey, was ist denn hier los?“ frage ich und sehe mich unsicher um. In dem Moment kommt auch Paddy in die Küche. „Hi Süße.“ Begrüßt er mich und legt seine Hand auf meinen Arm. Dan sieht mich nun an und meint:“ Das ist Herr Mayer vom Jugendamt. Aber bitte erzählen Sie doch selbst.“ Herr Mayer nickt und beginnt in einem sehr unhöflichen Ton zu reden:“ Joelle. Du hast eine Tante in Australien. Richtig?“ Ich nicke nur und er fährt fort:“ Da deinem Vater das Sorgerecht entzogen worden ist und du hier nicht richtig leben kannst, hat das Jugendamt Köln entschieden, dass es das Beste für dich ist, wenn du zu deiner Tante ziehst.“ „Moment! Wie ich kann hier nicht leben? Nie und nimmer gehe ich hier weg!“ fahre ich den Mann an, doch er schüttelt den Kopf:“ Gehst du nicht, dann geht das Ganze vors Amtsgericht und wir werden die Kelly Family wegen Kindesentziehung anzeigen.“

Oh Gott… ich werde tatsächlich gezwungen zu gehen!

Tränen laufen über meine Wangen und ich fange haltlos an zu schluchzen.

Ich spüre wie Arme sich um mich legen, doch ich will nicht sehen von wem. Zu groß ist der Schmerz den der Jugendamtheini in mir hervorruft. „Joelle, du hast die Wahl. Entweder du gehst freiwillig oder das Ganze wird böse Konsequenzen für dich und diese Familie haben. „Sie… Sie können uns gar nichts!“ zische ich dem Typen entgegen, doch dieser lächelt nur süffisant:“ Ach nein? Auf Kindesentzug stehen bis zu acht Jahre Gefängnis. Ich glaube nicht, dass Herr Kelly das durchstehen würde.“

Das ist doch Erpressung! Er erpresst mich damit, dass Dan ins Gefängnis muss, wenn ich nicht gehe.

„Aber vor einem dreiviertel Jahr wurde uns doch das Sorgerecht zugesprochen.“ Wirft nun John ein. „Dinge ändern sich, Herr Kelly. Das Amt hat beschlossen, dass dies kein sicherer Platz für Joelle ist und da sie zum Glück noch eine lebende und nicht straffällige Angehörige hat, muss es so sein. Sollte Joelle sich weigern, wird sie in ein Heim für schwererziehbare Kinder kommen oder auf die geschlossene Psychiatrie der Uniklinik Köln.“ „Aber warum bin ich hier nicht sicher?“ frage ich schluchzend und wieder taucht dieses unmögliche Lächeln in Herrn Mayers Gesicht auf:“ Eine Musikerfamilie deren Kinder nicht zur Schule gehen und kein gefestigtes Einkommen hat. Liebes, ich bitte dich. Dazu kommt, dass du dir mit einem Jungen das Zimmer teilst. Das ist unerhört. Wir denken sogar darüber nach die jüngsten drei Kinder ebenfalls in Pflegefamilien unterzubringen.“ „Was? Meine Kinder? Niemals ging es ihnen schlecht!“ braust nun Dan auf und blickt wütend Herrn Mayer entgegen. Dieser schmunzelt bloß:“ Und einen Choleriker als Vater. Es wird immer besser… Es geht ums Prinzip, Herr Kelly. Sie haben Ihre Kinder nicht zur Schule geschickt, obwohl Schulpflicht in Deutschland herrscht. Nun wieder zu dir Joelle! In zwei Tagen, also am Samstag, geht dein Flug nach Australien. Ich werde dich um 08:00 Uhr hier abholen. Natürlich kannst du ‚deine Familie‘ gerne zum Flughafen mitnehmen und dich dann dort von ihnen verabschieden. Dein Flug wird dann um 11:00 Uhr gehen und dich in dein neues Leben bringen.“ Ich nicke ergeben und schluchze dann wieder los. „Dann also bis Samstag. Die Tür finde ich alleine, Danke!“ meint Herr Mayer noch und geht. Ich schlage die Hände vors Gesicht und fange haltlos zu weinen an. Paddy, der geschockt hinter mir stand, nimmt mich in den Arm:“ Können wir gar nichts tun?“ weint er und Dan schüttelt den Kopf:“ Ich fürchte nicht, mein Junge. Da stehen wir nicht drüber. Es tut mir so unglaublich leid, dass ich nichts tun kann.“ Sagt er und wischt sich über das Gesicht. „Ich kann nicht ohne dich, Joelle. Es geht einfach nicht!“ schluchzt Paddy jetzt und ich klammere mich an ihm fest:“ Es tut mir so leid, my love. Aber ich glaube, wir haben keine Wahl.“ Weine ich und drücke ihn fest an mich.

Am Abend weiß die ganze Familie über mein Schicksal bescheid und es herrscht trauernde Stille. Maite und Barby weinen nur noch. Kathy und Patricia starren stumm vor sich hin. Angelo ist ebenfalls nur am weinen, allerdings nicht so dezent wie Maite und Barby. Er schluchzt immer wieder heftig auf und wimmert dann vor sich hin. Jimmy, Joey und John stehen unter Schock und Dan macht sich schreckliche Vorwürfe. Paddy sitzt still weinend neben mir und klammert sich an mir fest. Wir stehen beide unter Schock. Können es nicht glauben…

„Es wird Zeit fürs Bett, meine Süßen.“ Flüstert Patricia irgendwann, doch ich schüttel den Kopf:“ Nein, dann verlieren wir nur Zeit!“ Doch Patricia redet sanft auf mich ein, dass morgen ein anstrengender Tag werden wird. Ich muss meine Sachen packen…

Ergeben stehe ich auf und Paddy folgt mir. „Nacht.“ Wimmere ich, denn gut wird an dieser Nacht nichts werden.

Im Zimmer ziehe ich mich schnell um und kuschel mich dann zu Paddy unter die Decke:“ Paddy?“ „Mhh?“ „Es tut mir so unendlich leid.“ Weine ich und Paddy nimmt mich in den Arm:“ Don’t do this! Es ist nicht deine Schuld. Der Heini vom Jugendamt ist an allem schuld. Aber versprich mir, dass wir uns schreiben. Immer und egal wie oft. Und wir telefonieren, auch wenn es teuer wird. Versprich mit, dass wir uns nicht trennen und sollten wir uns anders verlieben, dass wir ehrlich zueinander sind!“ „Ich verspreche es dir. Aber versprich mir, dass du noch mehr für euren Erfolg kämpfst und nie aufgibst. Egal was kommt. Versprich mir, dass du mich nicht vergisst. Und ich verspreche dir dafür, dass ich, sobald ich achtzehn bin, wieder zu dir zurück komme.“ Entgegne ich und Paddy küsst mich kurz:“ Ich verspreche es.“

An schlafen ist nicht zu denken. Immer wieder weinen wir unseren Kummer heraus, bis wir irgendwann erschöpft doch die Augen schließen.

I Feel Love - Gerettet in deinen Armen (Abgeschlossen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt