Leben, Tod und Liebe

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-06. Juli 2018-

Meine Füße tragen mich steif über den trockenen Boden. Lange war ich nicht mehr hier, zu lange. Seit Joelles Tot habe ich mich sehr verändert. Nach außen hin habe ich immer einen auf heile Welt gemacht, habe den großen Zenit als Mädchenschwarm und Mittelpunkt der Band hinter mich gebracht, habe jahrelang meinen Schmerz versteckt.

Und was hat es mir gebracht?

20 Millionen verkaufte Platten und 48 Gold und Platin Auszeichnungen.

Tzzz!

Ende der 90er bin ich dann zusammen gebrochen und habe mich in meinen Glauben geflüchtet. Natürlich ging das nicht von jetzt auf gleich. Es war ein Prozess über ca. 3 Jahre und doch, war es ein guter Prozess. Aber gut ging es mir wirklich nie.

Ende 2001 habe ich versucht mich umzubringen. Ich habe den Druck nicht mehr ausgehalten. Ich hatte mich jahrelang in die Arbeit gestürzt, bin mit knapp 18 musikalischer Leiter geworden und das nur, um den Schmerz vergessen zu können. Ohne Erfolg! Nach meinem Suizidversuch habe ich eine Therapie angefangen und mir ging es kurzzeitig auch besser, doch dann brach meine Welt erneut zusammen.

Am 05. August 2002 starb mein geliebter Vater an den Folgen einer Hirnblutung. Heiße Tränen schießen mir in die Augen.

Warum ausgerechnet der 05. August?

Warum musste er überhaupt gehen?

Nach Papas Tot habe ich genau noch
zwei Jahre durchgehalten, dann bin ich endgültig zusammen gebrochen. Ich wollte sterben und doch wollte ich leben. So viele Fragen waren in meinem Kopf und so bin ich Hals über Kopf in ein Kloster gegangen. Aber diese Geschichte kennt ja jeder.

Einige Monate nach der Beerdigung meiner Freundin habe ich übrigens erfahren, was mit dem geisteskranken Typen passiert ist, der an allem schuld ist. Bill hatte sich wohl zwei Tage nach seiner Bluttat erhängt. Ich wünsche keinem den Tot, aber ganz ehrlich? Geschieht ihm recht.


Das eiserne Tor quietscht, als ich den Friedhof betrete. Es ist still und ich schließe die Augen. Ich liebe die Stille. Langsam laufe ich durch die Grabreihen, bis ich an dem weißen Mamorstein ankomme. Plötzlich bin ich wieder 16 und all der Schmerz, den ich all die Jahre verdrängt habe, kehrt jetzt mit aller Macht zurück. Ich sinke auf die Knie und schluchze auf. Mein Herz scheint zu zerreißen und mein Körper schmerzt. Sanft lege ich den Strauß roter Rosen ab und bete zu meinen Lieben. Zu Mama, zu Papa und zu Joelle.

Ich habe ihr damals was versprochen…

‚Ich liebe dich, ich habe dich immer geliebt und werde dich immer lieben.‘

Das sagte ich ihr damals auf ihrer Beerdigung und ich habe mich auch nie wieder anderweitig verliebt. Ja, ich hatte Affären, doch dabei ging es nur um Sex. Ich habe es den Mädchen aber immer von vornherein gesagt und gut wars. Im Kloster habe ich dann in totaler Abstinenz gelebt und auch zur Zeit lege ich alles in meine Musik. Ich bin jetzt 40 und irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem ich wieder bei meiner Frau sein werde.

Ja, Frau!

Ich habe nach meinem Austritt aus dem Kloster vor Gott geschworen, dass ich Joelle die Treue halten werde.

Meine Geschwister standen und stehen immer hinter mir, auch wenn ich bei ihrem Comeback nicht dabei bin. Für sie bin ich eben noch der ‚Kleine‘.

Ich muss leicht schmunzeln.
Ich liebe sie alle, jeden einzelnen.

Und plötzlich ist sie da, jedenfalls fühlt es sich so an… Joelle!

Ich habe das Gefühl, dass sie hier bei mir ist. „Hallo Schatz. Ich hoffe, dir geht es gut. Vergiss bitte nicht… Ich liebe dich!“ flüstere ich und muss lächeln. Ein sanfter Hauch streicht durch mein Gesicht und es fühlt sich fast so an, als wären es ihre zarten Hände und ein rauschen an meinem Ohr fast wie ein gehauchtes:“ Alles gut, mein Schatz. Ich liebe dich auch.“

Und seit langem spüre ich wieder dieses Gefühl, welches ich damals durch sie empfunden habe. Tiefes Glück, unendliche Ruhe und Zufriedenheit.

I Feel Love - Gerettet in deinen Armen (Abgeschlossen) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt