1~ Neues Jahr. Neues Glück... Hoffentlich...

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Das erste Kapitel des Jahres begann, begleitet von der unaufhaltsamen Wucht der Zeit, die uns unerbittlich vorwärtstrieb. Als Senior stand ich an der Schwelle einer entscheidenden Phase: Es war an der Zeit, mich zu steigern, richtig reinzuhauen und mein Bestes zu geben. Mein Notendurchschnitt aus dem vergangenen Jahr, mit respektablen 97 Punkten, war zwar gut, doch ich strebte nach Perfektion. Mein Ziel war es, mich mit herausragenden Leistungen für ein Medizinstudium an der Harvard University zu qualifizieren.

Trotz des anspruchsvollen Schuljahres war es vor allem das Fach Mathematik, das mir Kopfzerbrechen bereitete. 90 Punkte waren mein Mindestziel, aber ich wusste, dass es dafür einiges an Einsatz brauchen würde. Harvard war für mich nicht nur ein akademisches Ziel, sondern auch ein geographischer Neuanfang. Es bedeutete eine Möglichkeit, Abstand zu gewinnen - vor allem von meinen Adoptiveltern, die in ihrer Abwesenheit oft mehr Schaden anrichteten als Gutes zu tun.

Seit dem Verlust meiner leiblichen Eltern lebte ich in einem riesigen Anwesen, erfüllt von Prunk und Reichtum, aber seltsam leer und kalt. Mein "Zuhause" fühlte sich weniger wie ein Ort der Geborgenheit an und mehr wie ein prunkvoller Käfig, in dem Einsamkeit und emotionale Kälte allgegenwärtig waren. Geschäftsreisen, glamouröse Veranstaltungen und luxuriöse Urlaube, zu denen ich nicht eingeladen war, standen auf der Tagesordnung, begleitet von beiläufigen Kommentaren, dass meine jugendliche Unbeschwertheit angeblich „Falten verursache" - eine absurde Anschuldigung in einer sowieso absurden Situation.

Ein prüfender Blick in den Spiegel offenbarte meinen Look für den Tag: ein violetter Rock, eine schlichte Bluse und weiße Schuhe. Meine roten Locken fielen ungebändigt über meine Schultern. Ich beherrschte weder die Kunst des verführerischen Stylings noch der aufwendigen Schminke - Mascara und Lippenstift mussten genügen. Doch meine Gedanken wurden abrupt durch das laute Hupen eines Autos vor der Tür unterbrochen.

Der Ablauf war Routine: Treppe runter, zur Tür hinaus, ins Auto steigen. Doch natürlich nicht, ohne vorher zweimal meinen Fuß zu stoßen, fast von einer zuschlagenden Tür der Haushälterin getroffen zu werden und mir den Kopf an meiner "Lieblingslampe" anzuhauen. Es schien, als wäre ich ein wandelnder Magnet für Missgeschicke - mein Leben gefüllt mit unsichtbaren Schildern: „Achtung! Wer sich diesem Objekt nährt droht verletzt zu werden!"

"Also, bereit?" fragte Johnny, mein bester Freund, als ich mich endlich zu ihm ins Auto setzte. Sein zerzaustes, blondes Haar und sein stets gutmütiges Lächeln mit den freundlichen blauen Augen vermochten mich in der Regel zu beruhigen, doch an diesem Morgen fühlte ich mich unruhiger als sonst. Johnny musterte mich und drückte mir ein Kuss auf die Stirn. Er ist ein blonder, verträumter Romantiker, aber für mich eben „nur" ein Freund - besonders, da er noch immer an seiner Ex, Jessica Duhlen, hing, trotz aller Enttäuschungen.

Die Fahrt war kurz, und bald darauf betraten wir den Schulhof. „Neues Jahr, neues Glück... hoffentlich", murmelte ich vor mich hin. Johnny grinste und klopfte mir auf die Schulter. „Ach Callie, das wird schon! Was soll schon schiefgehen?" Seine aufmunternden Worte erzeugten bei mir jedoch ein flaues Gefühl. „Danke, Johnny. Jetzt wird bestimmt etwas schiefgehen!" Er lachte und schüttelte den Kopf. „Du und dein Aberglaube!"

Kaum im Schulgebäude angekommen, verkündete ich, dass ich noch schnell meine Sachen in den Spind räumen müsste. Doch Johnny, der mit seinen Gedanken längst bei Jessica schien, ließ sich kaum davon ablenken. „Johnny... lass sie doch endlich los", versuchte ich, ihn erneut zu überzeugen. „Sie hat dich betrogen und das auch noch mit Mason Rodriguez. Wer auf so jemanden hereinfällt, ist einfach blind und naiv!" Johnny seufzte, sah betreten zu Boden, und ich legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. Ich war nie jemand der Dinge vorsichtig von sich gab. Alles schnell ab, wie ein Pflaster.

Kaum hatte ich dies gesagt, tauchte Mason selbst auf - begleitet von seiner üblichen Clique. Muskeln, markante Wangenknochen, braunes lockiges Haar und Tattoos zierten seine gebräunte Haut, und seine Präsenz sorgte dafür, dass einige Mädchen hinter ihm regelrecht sabbernd herumschwirrten. Doch all das tolle aussehen konnten die negativen Gefühle, die ich ihm gegenüber hegte, nicht mindern. Mason hatte Johnny tief verletzt, und Gerüchte um ihn und seine Clique kursierten - gefährliche Geschichten, die besagten, dass es nicht ratsam sei, sich mit ihnen anzulegen.

Ich öffnete meinen Spind, und prompt fiel ein Buch zu Boden. Während ich es aufheben wollte, trat Mason ohne zu zögern einfach darüber hinweg. "Sieht das aus wie eine Fußmatte?" rief ich ihm hinterher, ohne nachzudenken. Er drehte sich langsam zu mir um, sein Blick kühl und bedrohlich. „Was hast du da gerade gesagt?" Mit einer Mischung aus Wut und Trotz stemmte ich meine Hände in die Hüften. „Hörst du schlecht? Mein Buch ist weder eine Fußmatte noch ein roter Teppich, über den du einfach drüber latschen kannst!" Unsere Blicke trafen sich, ein stummer Machtkampf entbrannte.

Mason hob eine Augenbraue und fragte arrogant: „Weißt du überhaupt, wer ich bin?" Ich verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln und antwortete süffisant: „Soll ich dir vielleicht ein Keks aus der ‚Das-ist-mir-scheißegal'-Dose reichen?" Bevor er kontern konnte, hob ich abwehrend die Hand. „Mund zu, Scheiße trocknet." Mit einem letzten genervten Blick griff ich nach meinem Rucksack, hob das Buch auf und verschwand um die nächste Ecke, Johnny im Schlepptau.

„Bist du lebensmüde?!" flüsterte Johnny hektisch, kaum dass wir außer Hörweite waren. Verwirrt sah ich ihn an. „Warum? Was soll schon passieren?" Johnny wedelte hysterisch mit den Armen. „Du hast dich gerade mit Mason Rodriguez angelegt! MASON RODRIGUEZ!" Ich zuckte mit den Schultern. „Na und? Irgendjemand muss ihm doch mal die Stirn bieten und ihn von seinem hohen Ross holen. Jetzt komm, wir haben Mathe."

Johnny schüttelte den Kopf, während wir uns auf den Weg machten.

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