2~ ,,Frech, wunderschön, bitch."

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„So, Kinder. Ich bilde euch jetzt in Zweiergruppen, alphabetisch. Dann bekommt ihr die Aufgabe", erklärt unsere Lehrerin mit einem strengen Blick. Heute steht ein dreistündiger Workshop zum Thema „Teamwork und Zusammenhalt" auf dem Programm. Unsere Abschlussfahrt trägt das Motto „Gemeinsam sind wir stark". Wer sich diesen Kram ausgedacht hat, bleibt mir ein Rätsel. Jedenfalls müssen wir jetzt all diese seltsamen Übungen machen, bei denen wir uns gegenseitig Komplimente machen und alles in einem rosaroten Licht darstellen sollen. Einfach widerlich. Manche Menschen verdienen keine netten Worte, und Lügen liegt mir nicht - ich bin lieber ehrlich und sage, was ich denke. Besonders meinem Partner gegenüber.

Und natürlich meint es das Schicksal mal wieder nicht gut mit mir. Denn heute, ausgerechnet an dem Tag, an dem die Lehrerin alphabetische Paarungen vorgibt, erscheint er in der Schule - und schwänzt nicht, wie sonst. Da sein Nachname mit „R" beginnt und meiner mit „S", muss ich nun tatsächlich mit ihm zusammenarbeiten. Herrlich! Ihr habt sicher schon erraten, von wem ich rede.

„Rodriguez und Smith!" ruft Mrs. Monrow in unsere Richtung, und ich stöhne entnervt auf. „Setzt euch bitte zusammen", sagt sie und deutet auf eine Bank. Wieso sollte ich aufstehen? Der kann schön selbst herkommen. Anscheinend denkt er dasselbe, also beschließe ich, das Spiel anders zu spielen. Ich hebe die Hand. „Mrs. Monrow, mein Partner scheint nicht allzu viel Interesse daran zu haben, sich zu mir zu setzen." Sie funkelt ihn streng an. „Rodriguez, auf geht's!"

Punkt für mich. Grummelnd schlendert er zu mir herüber. „Also, Kinder, eure Aufgabe ist es, fünf Minuten über euer Leben zu erzählen und am Ende drei nette Dinge übereinander zu sagen." Ich schnaube innerlich. Musste sie das Wort „nett" wirklich betonen? Nettes über ihn sagen? Das Netteste, was mir zu ihm einfällt, wäre „Arschloch".

Während die Klasse sich in Gespräche vertieft, starren wir uns einfach nur an. Und die Mädchen, die uns abwechselnd Blicke zuwerfen, nerven mich gewaltig. „Ist dir klar, dass dich die Mädels die ganze Zeit anstarren?" frage ich spitz. „Jap", antwortet er gleichgültig. „Und das stört dich nicht?" - „Nö. Ich genieße es, zu wissen, dass ich gut aussehe." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Unfassbar. Wie kann jemand nur so selbstverliebt sein?

Genervt werfe ich den Mädchen einen scharfen Blick zu. „Macht doch einfach ein Foto von ihm! Dann könnt ihr ihn euch ansehen, wann ihr wollt, und müsst uns nicht nerven!" Kaum ausgesprochen, zücken einige tatsächlich ihre Handys. Ich könnte explodieren. Rodriguez dagegen scheint das alles nur zu amüsieren. Innerlich verspreche ich mir, dass er gleich weniger zu lachen haben wird.

Nach ein paar Minuten klatscht Mrs. Monrow in die Hände, und die Klasse wird still. „Kommen wir nun zum zweiten Teil der Aufgabe", kündigt sie an. Ich verdrehe die Augen. „Alter vor Schönheit, Rodriguez", sage ich spöttisch. Er überlegt kurz und beginnt dann, mit einem leicht verschmitzten Grinsen. „Frech, wunderschön, ... Bitch." Ich starre ihn an, meine Augen werden schmal. Er hat mich gerade ernsthaft eine Bitch genannt?!

„Na gut", antworte ich scharf, „arrogant, heiß, Stricher." Für einen kurzen Moment verfinstert sich sein Blick, dann bricht er plötzlich in ein Lächeln aus, und seine strahlend weißen Zähne blitzen auf. „Du findest mich heiß." Ich zucke mit den Schultern. „Und du findest mich wunderschön."

Mrs. Monrow unterbricht uns und verteilt Zettel. „So, jeder holt sich bitte ein Blatt und füllt die Fragen mit eurem Partner aus." Ohne zu zögern stehe ich auf, froh über diese kurze Pause von Rodriguez. „Mrs. Monrow", beginne ich, „was bringen uns diese Fragen? Unser Thema ist doch ‚Gemeinsam sind wir stark'." Sie lächelt geduldig. „Das ist dazu da, dass ihr euch besser kennenlernt. Für den Zusammenhalt." Ich seufze innerlich. Zusammenhalt? Das klingt nach einer Herausforderung, die ich lieber vermeiden würde. Widerwillig nehme ich einen Zettel und setze mich wieder zu meinem Partner.

Ich beginne, den Zettel auszufüllen, und schiebe ihn ihm mit dem Stift rüber. Er überfliegt meine Angaben und blickt auf. „Calliope?" - „Ja?" - „Schöner Name." Ich rolle innerlich mit den Augen. „Danke. Jetzt füll ihn bitte aus." Was sollte das jetzt? Will er mich ernsthaft beeindrucken, oder testet er nur meine Geduld? Schließlich gibt er mir den Zettel zurück und grinst. „So, fertig. Aber ich hätte da noch ein paar Fragen, Prinzessin." Ich verenge die Augen. „Es tut mir leid, ich habe dein Gehirn nirgendwo gesehen. Ich sage Bescheid, falls ich es finde. Und nenn mich nicht Prinzessin!"

In diesem Moment klingelt es zur Pause - Rettung! Draußen wartet Johnny schon auf mich. „Na, war dein Teamwork-Unterricht bisher auch so super?" frage ich sarkastisch. Er nickt begeistert. Offensichtlich entgeht ihm mein ironischer Tonfall. „Ja! Ich musste vorhin mit Jessica arbeiten. Die hat sich wirklich verändert ... Aber ich bin über sie hinweg. Und bei dir? Wer war dein Partner?" Ich seufze tief. „Rate mal. Das Universum hat es mal wieder gut mit mir gemeint und mich mit Rodriguez gepaart. So ein Arschloch!"

Johnny mustert mich neugierig. „Du findest ihn heiß", stellt er sachlich fest. Ich rolle die Augen. „Natürlich finde ich ihn heiß. Wer würde das nicht? Das habe ich ihm vorhin auch gesagt. Aber sein Charakter lässt zu wünschen übrig." Johnny starrt mich mit großen Augen an, als hätte ich etwas Unglaubliches gesagt. „Wir mussten drei nette Dinge übereinander sagen. Ich meinte, er wäre arrogant, heiß und ein Stricher. Und er? Er meinte, ich sei frech, wunderschön und eine Bitch! Außerdem hat er mich Prinzessin genannt. Was denkt er, wer er ist?!"

Johnny bleibt stehen und schüttelt den Kopf. Er versucht mir einzureden, dass es vielleicht besser sei, nicht auf Rodriguez einzugehen. Aber irgendjemand muss diesem Typen mal zeigen, dass er nicht unwiderstehlich ist. Während wir weiterreden, dämmert mir, dass der Tag noch lange nicht vorbei ist. Meine Eltern fahren heute in den Urlaub, und zur Feier des Tages wollen sie mich zum Essen ausführen.

Das bedeutet drei Stunden kritischer Kommentare, unzählige Verbesserungsvorschläge und die unvermeidliche Frage, warum ich noch keinen Freund habe. „Es wird langsam Zeit, dass du Erfahrungen sammelst", höre ich sie schon sagen. Und jedes Mal, wenn ich daran denke, wird mir klarer, wie dringend ich auf eigenen Beinen stehen möchte. Ein paar Monate noch - dann bin ich endlich achtzehn.

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