25~ Aufnahmeritual?

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„Danke für die Hilfe, Jungs!“ ruft Mia laut durch die Tür. Wie nett, dass Ivan und Gideon sich bereit erklärt haben, unsere Koffer bis ins Zimmer zu tragen. „Ich nehme das Einzelbett!“ verkündet Gina energisch und wirft ihren Koffer entschlossen darauf. Na gut, dann teilen Mia und ich uns eben das Doppelbett.

„Perfekt“, murmle ich, während Mia und ich unsere Koffer achtlos im Zimmer abstellen und uns direkt auf das große Bett werfen. Gina hingegen ist schon eifrig dabei, ihre Sachen ordentlich in den Schrank zu räumen. Sorgfältig richtet sie alles aus, legt Kleidungsstücke zusammen und stellt auf das kleine Nachttischchen eine Lampe sowie verschiedene Medikamente.

„Du hast eine Lampe mitgenommen? Wie hast du die bitte in deinen Koffer bekommen?“ frage ich verwirrt. „Ich habe ein System. Packen ist wie Tetris.“ Sie sagt das so selbstverständlich, dass ich kurz irritiert bin. Tetris? Mein „System“ bestand darin, auf meinem Koffer herumzuspringen, um ihn zu schließen. Wenn ich ihn jetzt öffne, wird mir alles entgegenfliegen – wortwörtlich. Ich nicke nur und wechsle das Thema.

„So, Leute, was steht heute Abend an?“ fragt Mia neugierig. Beinahe so, als hätten sie es geahnt, stürmen in diesem Moment Brayen und Ivan in unser Zimmer. „Was geht, Mädels?! Heute Abend um Mitternacht treffen wir uns alle auf der Lichtung im Wald. Das ist ein Befehl von oben!“ Brayen grinst breit, aber dann bemerkt er Gina. Plötzlich wird es still, und die Jungs mustern uns skeptisch. Ich zucke nur mit den Schultern.

„Na gut, kommt mit, wir zeigen euch die Lichtung“, sagt Ivan schließlich. Wir sind keine zwei Stunden hier, und die Jungs haben schon einen Ort zum Feiern gefunden. Typisch. Mia, Ivan, Brayen und ich gehen zur Tür. Ich werfe Gina einen kurzen Blick zu. Kein schlechtes Gewissen haben. Einfach weitergehen! Doch meine innere Stimme siegt nicht. „Möchtest du vielleicht mitkommen, Gina?“ frage ich.

Alle starren mich entgeistert an: Gina schüchtern, die anderen genervt. „Ähm… wenn ich nicht störe…“ murmelt Gina zögernd. „Nein, bestimmt nicht. Sei einfach nicht so… ganz… du“, sage ich vorsichtig. Ja, das klingt gemein, aber Gina kann mit ihrer Art wirklich anstrengend sein. Zu meiner Überraschung nickt sie eifrig. Gerade, als wir weitergehen wollen, stoppt sie mich wieder.

„Willst du dir keine Schuhe anziehen?“ fragt sie und schaut auf meine nackten Füße. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Nicht so ganz ich sein, verstanden?“ sage ich trocken. Gina lächelt zufrieden, und wir machen uns auf den Weg.

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„Au, au, au!“ stöhnen Mia und ich wie im Chor, als wir durch den Wald laufen. Barfuß. Über Stock und Stein. Unsere Füße schmerzen, und ich bereue schon jetzt, keine Schuhe angezogen zu haben. Gina öffnet bereits den Mund, um uns mit einem „Ich habe es dir doch gesagt“ zu belehren, aber unser Blick lässt sie verstummen.
„Können wir helfen?“ fragen Brayen und Ivan, strecken uns ihre Arme entgegen und grinsen. Da sagen wir natürlich nicht nein.
„Dreht euch um“, ordnen wir an. Die Jungs gehorchen, und wir klettern auf ihre Rücken. Ich wähle Brayen – extra, weil Mia Ivan total süß findet. Man kann ja ein bisschen Amor spielen. Während die Jungs den Hügel hinaufstapfen, plaudern wir fröhlich vor uns hin, während Gina hinterherdackelt.

Oben angekommen, werden wir wegen unseres lauten Gelächters sofort von den anderen bemerkt. Dankbar lassen wir uns auf der Lichtung absetzen.
„Komm, Gina, wir setzen uns da hinten hin“, sage ich und deute auf eine Gruppe Jungs und Mädchen, die um ein Lagerfeuer sitzt. Auch Mason ist dabei – natürlich mit seiner neuen Flamme. Ignorier ihn einfach! Wenn er dich ignoriert, dann tu genau dasselbe, auch wenn es weh tut. Kennt ihr das Gefühl, jemanden zu mögen, der euch ignoriert, und das tut richtig weh? Aber wenn ihr so tut, als wäre es euch egal, tut es noch mehr weh? Wenn nicht, seid froh. Es ist furchtbar.

„Wartet… ich will da nicht sitzen“, murmelt Gina leise.
„Die machen schon nichts“, sagt Mia aufmunternd. „Und wenn doch, dann wird Callie für dich einstehen.“ Sie sieht mich vielsagend an, und ich seufze innerlich. Klar, warum auch nicht? Ich bin ja immer die, die Ärger abbekommt.

Wir setzen uns zu den anderen. Immer wieder schleicht mein Blick zu Mason hinüber, und manchmal erwische ich ihn dabei, wie er ebenfalls zu mir schaut. Komm schon, Callie, zeig ihm, dass du nicht leicht zu haben bist! Dieses eine Mal sind meine innere Stimme und ich uns tatsächlich einig.

Ich gehe zu Brandon, einem guten Freund. Er ist schwul und spielt bei solchen Sachen immer mit. Ich flüstere ihm meinen Plan ins Ohr und tue dabei so, als würde ich etwas Anzügliches sagen. Er grinst breit, flüstert mir irgendetwas Lustiges zurück, und wir lachen. Masons Blick liegt sofort auf mir. Tsching-Tsching! Eine Million Punkte für Callie.

„Also gut, Leute“, ruft Brayen. „Heute Nacht um Punkt zwölf Uhr treffen wir uns hier. Wer nicht kommt, ist für einen Monat raus. Außerdem steht heute das Aufnahmeritual an. Es wird nicht leicht.“
Natürlich. War ja klar. Gina sieht sich verwirrt um.
„Was für ein Ritual? Was meinen die?“ fragt sie sofort.
„Ach, ist bestimmt nur Spaß“, sage ich, obwohl ich selbst unsicher bin.
„Ich glaube, ich bleibe lieber auf meinem Zimmer“, murmelt Gina. „Wenn Mason und seine Jungs da sind, wird bestimmt was Illegales passieren.“ Ich zucke nur mit den Schultern. Soll sie machen, was sie will.

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Später sitze ich mit Mia auf dem kleinen Balkon unseres Zimmers, lasse meine Beine über die Feuerwehrleiter baumeln und schaue in die Dunkelheit.
„Was musstest du eigentlich machen?“ frage ich sie plötzlich.
„Nichts. Ich bin Masons Cousine mütterlicherseits. Ich gehöre zur Familie, und er achtet auf alle, die er liebt, wie auf seinen Augapfel.“
Das erklärt einiges. „Das hast du nie erzählt. Und er auch nicht. Aber gesehen habe ich dich letztens auf der Gala!“ fällt es mir plötzlich ein. Sie war das schöne Mädchen in dem blauen Kleid.
„Ich muss nicht immer mitkommen. Ich kenne da sowieso niemanden in meinem Alter. Aber jetzt, wo ich weiß, dass du dabei bist, werde ich öfter mitgehen. Dann bist du nicht allein.“ „Danke“, sage ich, nehme sie in den Arm, und wir lachen.

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