„Wieso schaust du mich so an?“, frage ich leise, unsicher, und warte auf eine Antwort. Doch alles, was zurückkommt, ist ein flüsterndes: „Ich weiß nicht.“
Zwei Tage sind seit diesem seltsamen Gespräch vergangen. Zwei Tage, in denen ich nichts von Mason oder Johnny gehört habe. Es fühlt sich an, als wäre ich in einem luftleeren Raum gefangen, in dem nichts richtig Sinn ergibt. Johnny, mein bester Freund, ignoriert mich plötzlich, als hätte ich ihn auf irgendeine Weise verletzt, die ich nicht nachvollziehen kann. Und Mason? Mason ist ein Rätsel für sich. Erst sagt er so etwas, das mich völlig durcheinanderbringt, und jetzt ist er wieder kalt und unnahbar, versteckt hinter seinen undurchdringlichen Mauern.
Langsam beginne ich zu begreifen, was die Leute meinen, wenn sie sagen, ich könne keine Gefühle zulassen. Es tut weh, das zuzugeben, aber vielleicht haben sie recht. Vielleicht bin ich genauso verschlossen wie Mason. Vielleicht ist das der Grund, warum es immer wieder scheitert. Ich weiß, ich sollte an mir arbeiten – wirklich. Aber wie soll ich das machen? Gefühle zeigen und dieser ganze sentimentale Kram… das ist einfach nicht meins. Es liegt mir nicht, und vielleicht wird es das auch nie.
Jetzt sitze ich hier in meinem Zimmer und starre auf die Packliste für die bevorstehende Klassenfahrt. Unsere Klassenlehrerin hat es tatsächlich erst heute geschafft, uns den Zettel zu geben – eine Woche vor der Fahrt. Das ist typisch für sie. Ich verstehe nicht, warum sie noch nicht in Rente ist. Diese Frau ist doch locker 100 Jahre alt!
„Taschenlampe? Warme Kleidung? Sind wir in der Grundschule?“, murmele ich vor mich hin und lasse meinen Kopf kopfüber vom Bett hängen. Die Liste ist ein schlechter Witz. Plötzlich reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken: „Von der Größe her könnte das bei dir passen.“
Ich zucke so heftig zusammen, dass ich vom Bett falle und unsanft auf dem Boden lande. „Autsch! Musst du mich so erschrecken?!“ Ich schaue hoch und sehe Johnny, wie er lässig an meinem geöffneten Fenster lehnt und mich mit diesem selbstgefälligen Grinsen anstarrt.
„Was willst du hier?“, frage ich scharf und rappele mich auf. Ich sollte wirklich daran denken, mein Fenster in Zukunft geschlossen zu halten.
„Ich wollte nur mal sehen, was meine Lieblings-32erin so treibt.“ Sein Tonfall ist locker, fast amüsiert, aber seine Worte lassen mich innerlich aufhorchen.
„Seit wann redest du überhaupt wieder mit mir? Ich hatte mich langsam daran gewöhnt, von dir wie Luft behandelt zu werden“, erwidere ich und mustere ihn misstrauisch.Er zuckt mit den Schultern, tritt gemächlich in mein Zimmer und lässt sich auf meinen Stuhl sinken. „Weiß nicht. Und? Was läuft bei deiner Gang?“
Seine Frage lässt mich stutzen. „Dich hat doch sonst nie interessiert, was wir machen. Warum auf einmal?“, frage ich mit hochgezogener Augenbraue. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.
Er ignoriert meine Frage, dreht sich stattdessen auf meinem Stuhl herum und lässt seinen Blick durch mein Zimmer schweifen. Als er sich zurücklehnt, fällt mir etwas auf. Ein Tattoo. Es ragt unter dem Kragen seiner Jacke hervor – eine Feuerkugel. Mein Herz setzt einen Schlag aus.
„Nein…“, flüstere ich, während ich näher trete und den Kragen seiner Jacke weiter herunterziehe. „Du bist in einer Gang? Und dann auch noch bei den Fireballs?!“
Johnny erhebt sich langsam, seine Haltung bedrohlich, und sieht mich mit einer eisigen Kälte an, die mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. „Ja. Und? Problem damit?“
Seine Worte treffen mich wie ein Schlag ins Gesicht. Wo ist der Johnny, den ich kenne? Der Johnny, der freundlich, zuvorkommend und liebevoll war? Dieser Johnny vor mir ist mir völlig fremd. „Das bist nicht du!“, sage ich, meine Stimme zittert vor Wut und Verzweiflung. „Du bist nett, höflich, loyal… nicht skrupellos, eiskalt und gemein! Was ist mit dir passiert?!“
Er lacht hämisch, ein bitteres, böses Lachen, das ich nie von ihm gehört habe. „Falsch, Süße. Das war ich. Aber das hier bin ich jetzt.“
Er tritt näher, so nah, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurückweiche. Sein Blick ist hart, voller Hass, und ich frage mich, wie er so werden konnte. „Wo ist Johnny? Mein Johnny?“, frage ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Weg“, sagt er kalt. „Und jetzt will ich alles über die 32er wissen. Wenn du nicht redest, wird es wehtun.“
Mein Herz rast, doch ich reiße mich zusammen. „Ich werde dir gar nichts sagen“, erwidere ich mit fester Stimme.
Seine Augen funkeln vor Zorn. „Hast du nicht gehört? Ich werde dir weh tun!“
Ich hebe mein Kinn trotzig. „Na los. Schlag mich, verletz mich. Mehr als jetzt kannst du mich sowieso nicht verletzen.“ Meine Worte klingen dramatisch, aber sie sind wahr. Sein Verhalten, seine Ablehnung – das tut mehr weh, als jeder Schlag es könnte.
Für einen Moment steht er da, sieht mich an, und ich weiß, dass er es nicht tun wird. Egal, wie sehr er sich verändert hat, er wird mich nicht verletzen. Schließlich wendet er sich ab, springt über den Balkon und verschwindet in die Dunkelheit.
Ich sinke auf mein Bett und starre auf die offene Balkontür. Wieso ist er so geworden? Was ist passiert?
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Am nächsten Tag laufe ich mit einem breiten Grinsen durch die Flure der Schule in Richtung Cafeteria. Mein Herz fühlt sich etwas leichter an, nachdem ich endlich die Mathearbeit zurückbekommen habe. „85%!“, denke ich triumphierend. Es hat sich wirklich ausgezahlt, zu lernen.
Schnurstracks steuere ich auf Mia zu, die an einem der Tische sitzt. „Hey, Callie! Was ist los?“, fragt sie, als sie mein freudestrahlendes Gesicht sieht.
Ich halte ihr den Zettel hin, noch zu atemlos, um etwas zu sagen. „85%! Das Lernen hat wohl wirklich was gebracht“, sagt sie mit einem breiten Grinsen. „Oder war es doch der Lehrer?“ Sie zwinkert mir zu, und ich lache.
Doch mein Lächeln verblasst, als ich an Johnny denke. Normalerweise wäre er der Erste, dem ich von so etwas erzählt hätte. Aber jetzt? Jetzt geht das nicht mehr.
„Ich verstehe ihn einfach nicht“, sage ich leise. „Soll ich mit ihm reden?“, fragt Mia vorsichtig. Ich schüttele den Kopf. „Nein. Wir wissen beide, dass du sowieso kein Wort herausbekommen würdest.“
Mia stimmt zu, und wir unterhalten uns noch ein wenig. Sie erzählt mir von ihrer neuesten Lieblingsband, während ich versuche, meinen Blick von Mason und seiner neuen Freundin abzuwenden, die nur wenige Tische weiter sitzen. Jedes Mal hat er eine Neue.
Bin ich eifersüchtig? Natürlich nicht. Oder doch? Vielleicht ein kleines bisschen. Es ist schwer, nicht eifersüchtig zu sein, wenn er diesen unverschämten Charme versprüht, der jede in seiner Nähe in den Bann zieht.
Plötzlich steht Xavi neben mir. Er ist ein braunhaariger, unglaublich süßer Junge aus meinem Mathekurs. „Hey Callie, kann ich mich setzen?“, fragt er mit einem schüchternen Lächeln.
„Klar“, antworte ich, und er setzt sich. Mia schaut mich an und hebt vielsagend eine Augenbraue. „Und, wie lief’s bei dir in Mathe?“, frage ich ihn.
Er zieht seine Arbeit hervor und schiebt sie mir rüber. „98%“, sagt er beiläufig.
„Wow! Das ist beeindruckend“, sage ich ehrlich, und er grinst verlegen.
Xavi gehört zu den Dragons, einer Gang, mit der wir bisher keine großen Probleme hatten. Er ist das genaue Gegenteil von Mason. Keine Tattoos, kein Bad-Boy-Image, stattdessen ruhig, freundlich und ein bisschen nerdig. Ein Junge, mit dem man reden kann, ohne ständig auf der Hut zu sein.
„Und bei dir?“, fragt er. Ich nicke eifrig und erzähle ihm von meiner Note. Es tut gut, mit jemandem zu reden, der nicht ständig eine Fassade aufrechterhält.
Doch bevor wir weitersprechen können, gibt es einen lauten Knall, der durch die Cafeteria hallt. Alle drehen sich erschrocken um, und mein Herz bleibt stehen, als ich das wütende Gesicht sehe, das sich durch die Menge kämpft.
,,Callie, wir müssen reden." sagt Johnny wütend. Sie sieht zu Mia, die nur mit den Schultern zuckt und mir besorgt hinterher sieht als ich mich von der Bank erhoben habe und ihm folgte.
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✓Amor de la mafia✓
RomanceCallie: „Du bist wirklich ein wandelndes Klischee, weißt du das? Der große, gefährliche Bad Boy mit der geheimnisvollen, philosophischen Ader." Mason: „Und du bist die reiche, hübsche Prinzessin, die vom ausbruch aus ihrem goldenen Käfig träumt mit...