Nach einer halben Stunde packte auch Kenshin seine Sachen und entschuldigte sich vielmals bei Chloe, weil er sie nun auch allein lassen musste. Ich nickte ihm nur zum Abschied zu und versuchte meinen Gedankengang nicht zu verlieren, als ich Chloe frustriert seufzen hörte. „Ich werde das nie rechtzeitig drauf haben." Jammerte sie und warf sich mit dem Rücken gegen die Stuhllehne. Ich hob meinen Blick und sah sie erneut verzweifelt seufzen. Ich schüttelte meinen Kopf und ohrfeigte mich gedanklich schon selbst für das, was ich als nächstes tat.
„Bei welcher Aufgabe bist du gerade?" Fragte ich genervt. Sie sah mich verdutzt an und stammelte nervös. „Bei..bei zwölf Punkt zwei." Diese Aufgabe hatte ich bereits vor Stunden gelöst. Resigniert nahm ich mir ihre Aufzeichnungen und warf einen Blick darauf.„Du verwendest das falsche Zeichen." Sagte ich trocken. „Ja, das sagten Mitsuhide und Kenshin auch schon die ganze Zeit aber ich kann das einfach nicht auseinander halten! Wieso gibt es in dieser dämlichen Sprache auch etliche Bedeutungen für das gleiche Zeichen?!" Beschwerte sie sich und schlug sich die Hände über dem Kopf zusammen. „Das ist nichts anderes als bei uns auch. Wir benutzen auch einige Wörter mit unterschiedlichen Bedeutungen in unterschiedlichen Zusammenhängen." Erklärte ich ihr stumpf, sodass selbst sie das verstand. „Was für ein Quatsch! Unsere Sprache ist bei weitem nicht so kompliziert!" Maulte sie und rümpfte die Nase. „Ach wirklich? Dann lass mich dir ein Beispiel nennen." Meinte ich provokant und grinste schelmisch dabei. „Das Wort, das ich verwenden werde ist draufgehen. Man kann es in folgenden Sätzen anwenden und in beiden Fällen hat es eine völlig andere Bedeutung. Auf die Plattform draufgehen. Oder, bei einem Unfall draufgehen." Beendete ich meine Erklärung. Entsetzt sah sie mich an und verzog das Gesicht. „Findest du nicht, dass das ein etwas makabres Beispiel war?!" Quietschte sie aufgebracht. „Es hat doch funktioniert, oder?" Sagte ich schulterzuckend und merkte gar nicht, wie sich jemand von hinten näherte. „Also mir hat dein Beispiel gefallen, würdest du es dann bitte auch umsetzen?" Lachte Asano, der mit einem Kaffeebecher neben mir stehen blieb. Er sah belustigt von oben herab. Chloe errötete augenblicklich und sank in sich zusammen, während ich seinem Blick ausdruckslos standhielt.
„Wow, wenn deine Leistungen auch nur ansatzweise so gut wären, wie deine Sprüche dann hättest du die Oberschule vielleicht gar nicht nötig." Entgegnete ich ihm mit einem teuflischen Grinsen. „Das würde allen von uns die Zeit erleichtern, da wir dich dann endlich los wären. Also geh weiter fleißig lernen, würdest du uns den Gefallen tun?" Fügte ich noch hinzu und sah ihm amüsiert entgegen. Ein halbes Grinsen bildete sich auf seinen Lippen bevor er sich etwas zu mir runterbeugte und sich an meiner Stuhllehne abstützte. Sein Gesicht war mir nun ausgesprochen nahe, weshalb es mir möglich war in seine tief dunkelbraunen Augen zu sehen. Bei der schwachen Beleuchtung der Bibliothek wirkten sie beinahe schwarz. Seine rot gefärbten Haare hingen ihm in die Stirn und hörten gerade so über der Augenbraue auf.
„Da hat jemand ein ziemlich großes Mundwerk." Flüsterte er mir schmunzelnd zu. „Pass auf, nicht dass du dir noch auf die Zunge beißt." Ergänzte er fies grinsend. Mein Blick verdunkelte sich. „Pass auf, nicht dass du noch erlebst, was ich damit noch alles anstellen kann." Konterte ich auf japanisch, mir war bewusst wie zweideutig meine Aussage war. Solche Kerle, wie ihn, brachte man am besten zum Schweigen indem man sie aus dem Konzept brachte. Kontrolle war alles für Menschen, wie ihn. Mein Plan schien aufzugehen, da er mich für einen Moment mit offenem Mund anstarrte und sein Blick langsam zu meinen Lippen glitt. Grinsend beobachtete ich ihn, wie er sich verwirrt wieder aufrichtete. Schließlich sah er mich mit einem provokanten Lächeln an und lief an seinen Platz.„Helia..was hast du denn zu ihm gesagt?!" Fragte Chloe mich verunsichert und sah sich nach Asano um, der mittlerweile wieder Platz genommen hatte und noch einen Blick zu mir rüber warf. „Nichts Besonderes" Winkte ich ab und wies sie an, sich wieder auf ihre Aufgaben zu konzentrieren.
Trotz meines harschen Tons und meiner ernsthaften Versuche ihr Japanisch näher zu bringen machte Chloe nur langsam Fortschritte bis sie schließlich aufgab. „Mir reicht's für heute! Ich kann nicht mehr Helia." Murmelte sie erschlagen. Ich verdrehte die Augen und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Sachen zusammen packte. „Lass uns gehen, es ist schon spät." Sagte sie als sie bereit zum Gehen neben mir stand. „Ich bleibe noch. Ich hab eine Menge Zeit verloren durch die ungeplante Nachhilfestunde." Sagte ich vorwurfsvoll, weshalb Chloe nur verlegen zur Seite sah. „Na schön..dann sehen wir uns später aber bleib nicht mehr all zu lange." Versuchte sie mich zu beschwichtigen. Ich nickte nur ohne von meinen Aufschrieben auf zu sehen und hörte, wie sich ihre Schritte langsam entfernten.
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This Time Next Year
RomanceHelia war zufrieden mit ihrem Leben so wie es war. Es interessierte sie nicht sonderlich, was andere von ihr hielten. Freundschaften waren unnötige Zeitverschwendung, weshalb sie lediglich Zweck Gemeinschaften bildete. Sie verstand sich gut mit ihre...