- Kapitel 70 -

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Ich schnappte mir noch das Buch welches ich von Naktani bekommen hatte, da ich es ihm ja nun zurückgeben konnte. Er hatte es mir schließlich nur ausgeliehen. Als ich es hektisch in meine Tasche warf fiel es knapp daneben und ein Zettel segelte zu Boden. Ich kniete mich nieder und hob den Zettel auf. Auf ihm stand etwas auf Japanisch geschrieben.

„Und genauso unendlich, wie Kumikos Liebe zu Shiro ist, ist auch die meine für dich. Genauso wie sie ihr Leben für ihn gegeben hätte, so würde ich ohne zu zögern das meine für dich geben. Genauso hingebungsvoll, wie Kumiko sich um Shiro sorgt, so sorge auch mich um dich. Und genauso, wie Kumiko Shiro ihre ewige Liebe schwor, so schwöre ich dir die meine

Auf ewig.

Yuriko."

Ich las die Zeilen immer und immer wieder. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Nun verstand ich Naktani. Das Band zwischen den beiden war so unzertrennlich wie das von Shiro und Kumiko. Deshalb wollte er, dass ich das Buch las. Die Geschichte von Shiro und Kumiko ließ sich auf jeden übertragen, sogar auf die beiden. Ich verstand nun endlich die volle Bedeutung der Geschichte, das volle Ausmaß. Behutsam legte ich den Zettel zurück ins Buch und steckte es in meine Tasche. Ich machte mich entspannt auf den Weg zu Nakatani, da ich heute mal ziemlich viel Zeit für den Weg hatte.

Mit einem Lächeln klopfte ich an die Haustür und begrüßte Yuriko, die mich erstaunt ansah. „Helia-san, du bist früh dran." Meinte sie und bat mich etwas durch den Wind hinein. „Ja ich weiß, ich hatte heute mal früher Schluss." Erklärte ich ihr und lief ins Wohnzimmer. „Ich bereite gerade das Abendessen zu, möchtest du mit uns essen?" Fragte sie mich freundlich. „Gerne, soll ich dir helfen?" Fragte ich und stellte meine Tasche ab. „Das wäre sehr lieb von dir." Sagte sie und verneigte sich. „Sehr gern, Yuriko-san." Entgegnete ich ihr lächelnd und bemerkte ihr erstauntes Gesicht. Sie beließ es dabei und lief voran. Ich half ihr beim Gemüse schneiden und unterhielt mich locker mit ihr über die Schule und das Training mit Nakatani.

„Weißt du, Nakatani ist sehr zufrieden mit dir. Er lobt dich immer in den höchsten Tönen sobald du das Haus verlässt." Meinte sie kichernd und sah sich prüfend nach Nakatani um. „Achja? Davon bemerke ich leider nichts." Antwortete ich lachend. „Ich bin mir sicher, dass er es dich spüren lässt." Meinte sie verträumt und ich nickte nur. „Sicherlich." Seufzte ich gedankenverloren und dachte an Dad. All die Sticheleien, all die Witze über meinen schlechten Kampfstil, all das war seine Art mir zu zeigen, wie stolz er eigentlich auf mich war. Mir hallten plötzlich seine Worte durch den Kopf.

„Wir haben dich wirklich gut erzogen."

Das sagte er mir kurz bevor ich nach Japan flog. Er hatte jedes einzelne Wort davon ernst gemeint, doch ich hörte ihm garnicht richtig zu.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Naktani die Küche betrat. „Helia-chan? Was machst du denn schon hier?" Fragte er mich verdutzt und lief zu Yuriko rüber. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, doch ihre Augen strahlten als wäre es die schönste Geste gewesen, die ihr je erwiesen wurde. Ich lächelte verstohlen und legte das Messer nieder. Ich lief auf Naktani zu und umarmte ihn. Yuriko, die verdutzt neben uns stand lächelte und faltete die Hände vor der Brust. Verwundert über meine Geste verkrampfte Nakatani sich zunächst, doch entspannte sich schnell wieder. Er erwiderte die Umarmung aus der ich mich nach wenigen Momenten wieder löste. „Danke." Sagte ich und lächelte dabei aufrichtig. „Wofür denn?" Zwinkerte er mir zu und boxte mir leicht gegen die Schulter. „Zwing mich nicht es auszusprechen." Schnaubte ich und grinste im nächsten Moment wieder.

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